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Wenn andere für einen ent­scheiden müssen

20.06.2016

Jeder kann in die Situation kommen, dass er aufgrund einer schweren Krankheit oder eines Unfalles nicht mehr fähig ist, selbst über seine persönlichen Angelegenheiten zu entscheiden. Wer möchte, dass auch dann in seinem Sinne gehandelt wird, sollte dies rechtzeitig schriftlich festlegen.

(verpd) Wer verhindern möchte, dass das Gericht einen Betreuer bestellt, der über persönliche Bereiche zum Beispiel über die Unterbringung in einem Heim oder über vermögensrechtliche Angelegenheiten für einen entscheidet, wenn man selbst dazu nicht in der Lage ist, kann vorsorgen. So kann jeder im Voraus festlegen, wer einen in einer solchen Lage als Bevollmächtigter vertritt oder wer als Betreuer einzusetzen ist, aber auch welche Entscheidungs- oder Handlungsweisen in bestimmten Situationen gewünscht werden. Möglich ist dies mit einer Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und/oder Patientenverfügung.

Kann ein Erwachsener aufgrund seines körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes seine persönlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst regeln, muss ein anderer die Entscheidungen treffen. Liegt keine entsprechende Vollmacht vor, bestimmt in der Regel das Betreuungsgericht einen Betreuer – dies kann ein Angehöriger, aber auch ein Fremder sein –, der dann die notwendigen Entscheidungen für den Geschäfts- und/oder Handlungsunfähigen trifft.

Dieser bestellte Betreuer kann entsprechend dem gerichtlich festgelegten Umfang unter anderem berechtigt sein, über die medizinische Behandlung, die Pflegeheimunterbringung und/oder die Eigentums- und Vermögensverwaltung des Betroffenen zu entscheiden. Allerdings kann jeder bereits im Voraus schriftlich festlegen, wer im Falle des Falles als Betreuer eingesetzt werden soll und/oder wie in bestimmten Bereichen zu entscheiden ist.

Wie man seine Entscheider selbst bestimmt

So lässt sich mit einer schriftlich verfassten und unterschriebenen Vorsorgevollmacht bestimmen, welche Vertrauensperson(en) als Bevollmächtigte für die Wahrnehmung einzelner oder aller Angelegenheiten im Ernstfall eingesetzt werden, aber auch, wie sie handeln sollen. Liegt für den betroffenen Bereich eine Vorsorgevollmacht vor, wird kein anderer Betreuer mehr vom Gericht bestimmt.

Der in einer Vorsorgevollmacht festgelegte Bevollmächtigte ist im Bedarfsfall sofort handlungsfähig und wird im Gegensatz zu einem gerichtlich bestellten Betreuer bei den meisten Entscheidungen nicht vom Gericht beaufsichtigt. Man kann zum Beispiel einen oder auch mehrere Bevollmächtigte für folgende Bereiche insgesamt oder im Einzelnen benennen:

  • für medizinische Belange wie ärztliche und pflegerische Maßnahmen, zum Beispiel die Einwilligung in einen operativen Eingriff,
  • für Unterbringungs-, Aufenthalts- und Wohnungs-Angelegenheiten wie eine Heimunterbringung,
  • für Behörden- und Versicherungs-Angelegenheiten,
  • für Vermögensfragen,
  • für die Verwaltung eines Immobilienbesitzes,
  • für Bereiche im Post- und Fernmeldeverkehr wie die Entgegennahme von Briefen,

und

  • für die Vertretung vor Gericht.

Wann der Gang zum Notar notwendig wird

Normalerweise genügt es wenn die Vorsorgevollmacht schriftlich verfasst und mit Angaben des Ortes, des Datums und einer vollständigen eigenhändigen Unterschrift des Vollmachtgebers versehen ist.

Soll der Bevollmächtigte für die Verwaltung eines Immobilienbesitzes oder die Aufnahme von Verbraucherdarlehen im Nahmen des Betroffenen berechtigt sein, muss die Vorsorgevollmacht jedoch notariell beglaubigt sein.

Viele Banken akzeptieren zudem eine Vorsorgevollmacht nur, wenn sie notariell beurkundet ist. Daher empfiehlt es sich, für Vermögens- und Bankangelegenheiten eine gesonderte Konto- und Depotvollmacht auszustellen, die keiner notariellen Beglaubigung bedarf. Ein entsprechender Vordruck ist in der Regel beim jeweiligen Geldinstitut erhältlich.

Mit Gerichtsbeschluss zum favorisierten Betreuer

Liegt eine Vorsorgevollmacht vor, ist der darin genannte Bevollmächtigte unter anderem sofort ab Eintritt der Geschäfts- und/oder Entscheidungs-Unfähigkeit des Vollmachtgebers berechtigt, Entscheidungen in den für ihn festgelegten Bereichen zu treffen. Wer diesen Automatismus nicht möchte, kann statt einer Vorsorgevollmacht eine Betreuungsverfügung verfassen. Die Betreuungsverfügung greift nämlich erst, wenn ein Gericht es aufgrund der gesundheitlichen Situation des Verfügenden für erforderlich hält, dass ein Betreuer bestellt werden muss.

Mit der Betreuungsverfügung kann man festlegen, wer im Bedarfsfall vom Gericht als Betreuer bestellt werden soll, aber auch, wer nicht dafür nicht infrage kommt. Zudem können Vorgaben für den Betreuer, beispielsweise ob im Pflegefall eine Betreuung zu Hause oder im Pflegeheim gewünscht wird, hinterlegt werden. Liegt eine Betreuungsverfügung vor, überwacht das Betreuungsgericht die Einhaltung der Verfügung, das heißt, es können zum Beispiel die Ausgaben, die der Betreuer auf Kosten des Verfügenden tätigt, kontrolliert werden.

Mit einer Patientenverfügung lässt sich nicht der Betreuer festlegen, sondern ausschließlich, welche medizinischen Handlungen bei konkret beschriebenen Krankheitszuständen gewünscht oder unterlassen werden sollen, falls man nicht mehr selbst darüber entscheiden kann. Die Festlegungen der Patientenverfügung sind für den zum Beispiel per Vorsorgevollmacht eingesetzten Bevollmächtigten oder den gerichtlich bestellten Betreuer verbindlich, wenn die getroffenen Vorgaben auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Betroffenen zutreffen.

Kostenlose Vordrucke und Ratgeber

Informationen zur Vorsorgevollmacht, zur Betreuungsverfügung und zur Patientenverfügung gibt es online beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV). Im Webauftritt des BMJV können neben diversen Vordrucken zum Thema, zum Beispiel eine Konto- und Depotvollmacht, auch kostenfreie Broschüren zur Patientenverfügung und zum Betreuungsrecht mit Ausführungen zur Vorsorgevollmacht und zur Betreuungsverfügung heruntergeladen werden.

Ebenfalls kostenlos ist der umfassende, 50-seitige Ratgeber „Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter“, der im Webportal des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zum Download zur Verfügung steht.

Wer sichergehen möchte, dass die Verfügungen im Ernstfall auch gefunden werden, kann diese beim Zentralen Vorsorgeregister (ZVR), einer Registrierungsstelle für private sowie notarielle Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen, gegen eine Gebühr hinterlegen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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