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Wenn die Am­pel auf Gelb springt

26.09.2016

Schnell noch bei Gelb in eine Kreuzung einzufahren, ist für viele Verkehrsteilnehmer das Selbstverständlichste von der Welt. Doch wie sieht es mit der Schuldfrage aus, wenn es dadurch zu einem Unfall kommt?

(verpd) Fährt ein Fahrzeugführer beim Wechsel einer Ampel von Grün auf Gelb in den Kreuzungsbereich ein, obwohl er mit einer normalen Betriebsbremsung zwar jenseits der Haltelinie, aber noch vor der Ampelanlage hätte anhalten können, so ist er für die Folgen eines dadurch entstandenen Unfalls haftbar. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit einem aktuell getroffenen Urteil entschieden (Az.: 6 U 13/16).

Ein Mann wollte mit seinem Motorroller eine Kreuzung überqueren, deren Ampel in diesem Augenblick von Rot-Gelb auf Grün umgesprungen war. Ihm begegnete ein Sattelzug, dessen Fahrer nach links abbiegen wollte und, noch während die Ampel von Grün auf Gelb umsprang, in die Kreuzung einfuhr. Bei dem Abbiegevorgang kam es zu einer Kollision mit dem Motorroller. Der Kradfahrer hatte zwar noch eine Vollbremsung eingeleitet. Er konnte trotz allem nicht verhindern, dass er in Schräglage gegen den Unterfahrschutz des Sattelaufliegers prallte.

Bei dem Unfall wurde der Motorrollerfahrer schwer verletzt. Er machte gegenüber dem Kfz-Versicherer des Sattelzuges daher nicht nur Forderungen wegen seiner materiellen Schäden, sondern auch die Zahlung eines Schmerzensgeldes geltend. Dieses bezifferte er auf 40.000 Euro.

Es war noch nicht Rot ...

In dem sich anschließenden Rechtsstreit verteidigte sich der Fahrer des Sattelzuges damit, dass ihm der Kradfahrer hätte Vorrang gewähren müssen. Denn nachweislich des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei der Sattelzugfahrer nicht wie vom Kläger behauptet bei Rot, sondern bei Gelb in die Kreuzung eingefahren. Er habe daher die Rechte eines „Kreuzungsräumers“ gehabt.

Diese Argumentation vermochte die Richter jedoch nicht zu überzeugen. Ebenso wie die Vorinstanz gab auch das von dem Versicherer in Berufung angerufene Hammer Oberlandesgericht der Klage des Motorrollerfahrers weitgehend statt.

Nach Ansicht der Richter hätte der Fahrer des Sattelzuges vor Beginn der für seine Fahrtrichtung geltenden Rotlichtphase anhalten müssen. Denn das sei nach den Feststellungen eines Sachverständigen mit einer normalen Betriebsbremsung möglich gewesen. Bei dem Vorgang hätte er zwar die Haltelinie überfahren. Das Fahrzeug wäre jedoch gleichwohl noch vor der Ampelanlage zum Stehen gekommen.

Mitverschulden

Das Gelblicht einer Ampel ordne an, das nächste Farbsignal der Ampelanlage abzuwarten. Sei das nächste Farbsignal wie in dem entschiedenen Fall Rot, so habe der Fahrer anzuhalten, soweit ihm dies mit normaler Betriebsbremsung vor der Ampelanlage möglich sei.

Andernfalls dürfe ein Fahrzeugführer weiterfahren. Dann müsse er aber den Kreuzungsbereich hinter der Lichtzeichenanlage möglichst zügig überqueren. Denn sonst gefährde er den Querverkehr in einer nicht hinnehmbaren Weise, so das Gericht.

Nach Meinung der Richter muss sich jedoch auch der Kradrahrer ein Mitverschulden in Höhe von 30 Prozent anrechnen lassen. Ihm sei nämlich vorzuwerfen, dass er in die Kreuzung eingefahren sei, ohne in ausreichender Weise auf den ihm entgegenkommenden Sattelzug geachtet zu haben. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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