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Wie ein Zeug­nis ei­nen Ar­beit­ge­ber in den Knast brin­gen kann

21.04.2017

Das Kölner Landesarbeitsgericht hatte sich mit einem besonders krassen Fall eines Arbeitszeugnisses zu befassen.

Stellt ein Arbeitgeber einem gekündigten Arbeitnehmer trotz gerichtlicher Auflage kein den Mindestanforderungen genügendes Arbeitszeugnis aus, so muss er damit rechnen, gegebenenfalls eine Haftstrafe antreten zu müssen. Das geht aus einem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Februar 2017 hervor (12 Ta 17/17).

Nachdem der Klägerin gekündigt worden war, hatte sie eine Kündigungsschutzklage eingereicht.

Zwangsvollstreckungs-Verfahren

In einem Güteverfahren einigten sich die Parteien auf eine endgültige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Der Arbeitgeber sicherte gleichzeitig zu, der Klägerin ein „wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis“ zu erteilen.

Nachdem er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen war, leitete die Klägerin mithilfe ihres Anwalts ein Zwangsvollstreckungs-Verfahren gegen ihren Ex-Arbeitgeber ein. Auch im Rahmen dieses Verfahrens zierte sich der Arbeitgeber zunächst, der Klägerin ein Zeugnis zu überlassen.

Erst nachdem ihm das Arbeitsgericht Aachen im Rahmen eines Beschlusses ein Zwangsgeld, ersatzweise eine Zwangshaft angedroht hatte, bequemte sich der Arbeitgeber, seiner Verpflichtung nachzukommen.

„Regelmäßige Schöpferpausen“

Dazu übermittelte er der Klägerin ein mit „Zeugnis“ sowie dem gerichtlichen Aktenzeichen überschriebenes Arbeitszeugnis folgenden Inhalts (Hinweis der Redaktion: Die Namen wurden aus Datenschutzgründen abgekürzt):

„Fr. N H war bei uns als Gebäudereinigungskraft, speziell im Objekt A Arkaden, eingesetzt. Geschlechter bezogen war Frau H sehr beliebt.

Ihre Aufgaben hat Frau H nach Anweisungen sehr bemüht erledigt. Die Anstrengungen Ihrer Tätigkeit hat Fr. H sehr regelmäßig mit Schöpferpausen bedacht und Ihre Arbeitszeiten nach Ihren Anforderungen ausgeführt.

Wir wünschen Fr. H für die Zukunft alles Gute.“

Nicht erfüllte Verpflichtung

Nicht nur die Klägerin, sondern auch das Arbeitsgericht empfanden die Ausführungen des Arbeitgebers nicht als Zeugnis, sondern als eine Provokation. Das Arbeitsgericht legte den Fall daher zur endgültigen Entscheidung dem Kölner Landesarbeitsgericht vor.

Das schloss sich der Meinung der Vorinstanz an und wies die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts, ein Zwangsgeld zahlen oder ersatzweise eine Zwangshaft antreten zu müssen, als unbegründet zurück.

Nach Ansicht der Richter ist der Arbeitgeber seiner Verpflichtung, der Klägerin ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis zur Verfügung zu stellen, nicht nachgekommen.

Denn ein Zeugnis, welches polemisch und in grob unsachlichem und ironischem Stil verfasst ist und bei dessen Vorlage sich der Arbeitnehmer der Lächerlichkeit preisgeben würde, erfülle nicht die Mindestanforderungen an die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.

Verletzung des Persönlichkeitsrechts

In einer Bewerbungssituation sei ein solches Zeugnis für einen Arbeitnehmer nämlich mindestens ebenso wertlos wie ein Zeugnis, das auf eine Leistungsbeurteilung verzichte.

Das einzige, was in dem Schreiben des Arbeitgebers einen Bezug zu einem Arbeitszeugnis herstelle, sei die Überschrift sowie die Benennung des Namens und einer Tätigkeitsbeschreibung der Klägerin. Das vermeintliche Zeugnis bestehe im Übrigen lediglich aus diskreditierenden Äußerungen über die Klägerin, welche ihr Persönlichkeitsrecht verletzten.

Derartige Äußerungen gehörten selbstredend ebenso wenig in ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis wie die zahlreichen Orthographiefehler.

Die Richter sahen keine Veranlassung, eine Rechtsbeschwerde gegen ihre Entscheidung zuzulassen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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