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Finanztest: Haus­rat-Test mit vie­len Tücken

21.09.2016

Im aktuellen Finanztest-Heft wurden über 100 Hausratversicherungs-Policen verglichen. Der Test und die Tipps in der Verbraucherzeitschrift sind insgesamt auffällig preislastig  und werfen zum Teil große Fragen auf.

Die Zeitschrift Finanztest hat in ihrer Ausgabe 10/2016 108 Hausrat-Tarife von 52 Anbietern unter die Lupe genommen und dabei deutliche Preisunterschiede ausgemacht. Wer in einen anderen Tarif wechselt, kann 100 und mehr Euro sparen, heißt es in der Zeitschrift. Die oft teureren Top-, Premium- oder Exklusiv-Tarife bieten nach Ansicht der Tester vielfach Extraleistungen, die nicht jeder braucht. Deshalb wurde für den Vergleich ein „Standardschutz“ definiert. Die Leistungen spielen bei dem Test nur eine untergeordnete Rolle.

„Wichtiger denn je“ – so übertitelt die Stiftung Warentest ihren Vergleich von Hausratversicherungen in der aktuellen Ausgabe 10/2016 ihrer Zeitschrift Finanztest. Umfassender Schutz wird in der Verbraucherzeitschrift als immer wichtiger eingestuft, „weil Einbrüche und Starkregen zunehmen.“

Bild: Finanztest
Bild: Finanztest

Allerdings wird im weiteren Verlauf des Artikels schnell deutlich, dass es den Finanztestern nicht in erster Linie um einen wirklich umfassenden Schutz geht.

Denn der „Standardschutz“ – hierzu gehört laut Finanztest „die Absicherung der Risiken Brand, Blitzschlag, Explosion, Implosion […] sowie die Leistungen nach Einbruchdiebstahl und Vandalismus, Raub, Hagel und Sturm ab Windstärke acht sowie Leitungswasserschäden“ – wurden um lediglich drei Leistungsmerkmale erweitert.

Überspannungsschäden mussten mit mindestens zehn Prozent der Versicherungssumme abgesichert sein, der Verlust von Wertsachen mit mindestens 20 Prozent der Versicherungssumme und Fahrräder auch bei einfachem Diebstahl bis 1.000 Euro. Unter dieser Maßgabe wurden im aktuellen Heft insgesamt 108 Hausratversicherungs-Tarife von 52 Anbietern getestet.

So sah die Testmethodik aus

Berücksichtigt wurden den Angaben zufolge nur Tarife, die der Verbraucherzeitschrift von den Versicherern genannt wurden. Nicht untersucht wurden Spezialtarife für den öffentlichen Dienst. Kunden können alle Angebote ohne Vermittler direkt beim Versicherer abschließen, wie Finanztest weiter mitteilt.

Für den Vergleich hat Finanztest folgenden Modellkunden beziehungsweise -haushalt angesetzt: 45-jähriger Angestellter, 100-Quadratmeter-Eigentumswohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses der Bauartklasse I mit sechs Wohnungen, Neuvertrag mit einjähriger Laufzeit und jährlicher Zahlungsweise, Tarif mit Unterversicherungs-Verzicht (Versicherungssumme in der Regel 65.000 Euro), keine Vorschäden in den letzten fünf Jahren.

Als Modellort wurden einerseits 80804 München gewählt – „stellvertretend für einen sehr günstigen Ort mit einem geringen Einbruchsrisiko; das Haus liegt in der günstigen Zürs- und Erdbebenzone 1“, schreibt Finanztest. Andererseits fiel die Wahl auf 50999 Köln – „stellvertretend für einen teuren Ort mit einem sehr hohen Einbruchsrisiko; das Haus liegt in der teureren Zürs- und Erdbebenzone 2“, heißt es in der Zeitschrift weiter.

Preislastig

Bereits eingangs des Artikels wird deutlich, dass es den Finanztestern in erster Linie um den Preis geht. „Ihren Wohnort können Kunden nicht beeinflussen, den Preis ihrer Hausratversicherung schon“, stellen die Finanztester Artikels heraus. Dies zeige der aktuelle Test von Hausratversicherungen.

So zahle ein Kunde für dieselbe Wohnung in München 64 Euro (Tarif „Basis“ der Ammerländer Versicherung V.V.a.G.), während es im teuersten Tarif („Plus-Deckung“ der Bayerischen Hausbesitzer-Versicherungs-Gesellschaft a.G.) mit 313 Euro fast fünf Mal so viel seien.

In Köln sei der Unterschied zwischen 143 Euro (Tarif „Basis“ der GVV-Privatversicherung AG) und 544 Euro („Plus-Deckung“ der Bayerischen Hausbesitzer) ebenfalls extrem hoch – „für einen weit gehend identischen Schutz“, behaupten die Finanztester.

Top-Tarife: Unnötige Extraleistungen?

Auf die im Schadenfall eventuell existenziellen Unterschiede zwischen den abgespeckten Tarif-Varianten („Basis“ et cetera) und den leistungsstarken Varianten („Top“, „Premium“, „Exklusiv“ und so weiter) gehen die Finanztester nicht ein. Ganz im Gegenteil heißt es in dem Text: „Die oft teureren Top-, Premium- oder Exklusiv-Tarife bieten vielfach Extraleistungen, die nicht jeder braucht. Sie gehören nicht zu den Kernleistungen einer Hausratversicherung.“

Solange die Verbraucherzeitschrift hier auf die beispielhaft in der Pressemitteilung zum aktuellen Heft angeführten Extraleistungen wie den Ersatz von Schäden durch ein ausgelaufenes Wasserbett oder die Erstattung zusätzlicher Telefonkosten nach einem Einbruch abstellt, ist dieser Aussage kaum zu widersprechen.

Ganz anders sieht die Sache allerdings beim Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit aus, der von Finanztest nicht unter den „empfehlenswerten“ Leistungsbausteinen aufgeführt wird. Zwar wird in der tabellarischen Übersicht für jeden untersuchten Tarif aufgelistet, welche Regelungen die Bedingungen hier vorsehen.

Wer sich aus der tabellarischen Übersicht die Ausprägung bei der groben Fahrlässigkeit (in den fünf Abstufungen: keine Leistung; bis 7.000 Euro; 9.750 bis 20.000 Euro; 21.000 bis 35.000; ab 50.000 Euro) beim für München günstigsten Tarif „Basis“ der Ammerländer heraussucht, stellt aber fest, dass er bei grob fahrlässig herbeigeführten Schäden überhaupt keine Leistung erhält. Dies ist nur bei 15 weiteren Tarifen der Fall. Im Ernstfall kann es hier ein böses Erwachen geben, wenn der Verbraucher ohne Schutz dasteht.

Zahlreiche Extras inklusive

Allerdings weisen die Finanztester in einem Service-Kasten unter der Überschrift „So finden Sie den richtigen Tarif“ darauf hin, dass Verbraucher für sich selbst festlegen sollen, was sie genau absichern wollen. Hierzu verweisen sie auf diverse in der tabellarischen Übersicht aufgeführte „Extras“, wie etwa den Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit.

Als weitere „Extras“ sind unter anderem die in den einzelnen Tarifen enthaltenen Ausprägungen zur Außenversicherung, zu den Hotel- sowie Lager- und Transportkosten sowie zum Einbruchdiebstahl aus Kraftfahrzeugen und Schiffskabinen aufgeführt. Der Durchschnittsverbraucher dürfte sich hier allerdings auch aufgrund zahlreicher Fußnoten mit Einschränkungen ohne fachkundigen Rat eines Vermittlers nicht zurechtfinden.

Erstmals mit Elementarschutz

Dies gilt insbesondere für die ebenfalls in der Übersicht aufgeführten Annahmerichtlinien für die erweiterte Elementarschadendeckung. Diese halten die Finanztester wegen der zunehmenden Starkregenereignisse für sinnvoll – weshalb sie zum ersten Mal mitgetestet wurde.

Als besonders günstige Angebote (Standard- plus Elementarschutz) für München werden in einer gesonderten Tabelle der Verbraucherzeitschrift die Tarife „Smart“ (Docura VVaG – 60 Euro), „Basis“ (Ammerländer – 64 Euro) und „Klassik“ (Medien-Versicherung a.G. – 67 Euro) ausgewiesen. In Köln gehören die GVV Privat („Komfort“ – 123 Euro), die Docura („Smart“ – 135 Euro) sowie die WGV-Versicherung AG („Basis“ – 155 Euro) zu den günstigsten Produkten.

Ein Blick in die Gesamttabelle zeigt dann aber insgesamt zehn unterschiedliche Einschränkungen hinsichtlich der Annahmevoraussetzung (Vorschadensituation). Bei der Docura ist beispielsweise ein Vorschaden in den vergangenen fünf Jahren nicht schädlich für die Annahme, allerdings führt der Versicherer dann eine Einzelfallprüfung durch.

Bei der Ammerländer darf es laut Finanztest zwar eigentlich keine Vorschäden in den letzten zehn Jahren gegeben haben. Erlaubt ist aber der Tabelle zufolge dennoch ein Schaden wegen Rückstau und/oder Starkregen. Dies dürfte auf Verbraucherseite nicht zu mehr Klarheit führen.

Finanztest: Wechsel hilft beim Sparen

Weiter heißt es in der Verbraucherzeitschrift: „Wer teuer versichert ist, spart durch einen Wechsel der Versicherung schnell 100 Euro und mehr im Jahr.“ Noch mehr sparen könne, wer sich auf den Standardschutz beschränke. Das damit auch Einbußen im Leistungsumfang verbunden sein können, darauf weisen die Finanztester nicht hin. Allerdings könne man auch den Standardschutz mit weiteren Zusatzbausteinen kombinieren.

Als besonders günstige Tarife (Standardschutz) werden für München wiederum „Basis“ der Ammerländer (34 Euro) beziehungsweise für Köln „Basis“ der GVV-Privat (96 Euro) genannt.

Bild: Wichert

Der Test kann als PDF-Datei für 2,50 Euro von dieser Internetseite heruntergeladen werden. Das vollständige Finanztest-Heft 10/2016 kann für 4,49 Euro online erworben oder als Druckausgabe für 5,30 Euro bestellt werden.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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