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Wür­den Ver­brau­cher bei Pro­vi­si­ons­of­fen­le­gung feil­schen?

24.03.2017

Der Deutsche Bundestag wird sich kommende Woche in erster Lesung mit der Umsetzung der Versicherungs-Vertriebs-Richtlinie (IDD) befassen. Umstritten bleibt die Beibehaltung des Provisionsabgabeverbots.

Die Bundesregierung will am Provisionsabgabeverbot festhalten, weil sonst ein Feilschen um die Vergütung den Blick für das Versicherungsprodukt verstellen könnte. Das sehen Verbraucherschützer ganz anders. Sie wollen das Relikt des vorigen Jahrhunderts abgeschafft wissen, weil damit faktisch ein Wettbewerb um Vertriebskosten verboten werde. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) teilt dagegen voll die Auffassung der Bundesregierung. Die Verbraucherschützer streben auch volle Transparenz bei den Provisionen mit einem Preisschild in Euro und Cent an.

Nach den bisherigen Planungen wird sich der Bundestag noch in der kommenden Sitzungswoche in erster Lesung mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb und zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes“ beschäftigen. Den Entwurf zur IDD-Umsetzung hatte das Bundeskabinett Mitte Januar beschlossen.

Nach der Osterpause wird dann der federführende Wirtschaftsausschuss den Gesetzentwurf unter die Lupe nehmen, bei dem auch die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung zu berücksichtigen sind.

Eine öffentliche Expertenanhörung ist für den 17. Mai angedacht. Die Koalition will und muss die IDD noch bis zum Sommer unter Dach und Fach bringen, da sonst nach der Bundestagswahl im Herbst wieder alles auf null gestellt würde. Die IDD muss aber bis zum 23. Februar 2018 in nationales Recht umgesetzt sein.

Verbraucherschützern ist Provisionsabgabeverbot ein Dorn im Auge

Im Grunde hat die von der Bundesregierung angestrebte Beibehaltung des Provisionsabgabeverbots mit einer 1:1-Umsetzung der europäischen IDD-Vorgaben nichts zu tun. Allerdings macht die IDD auch nur Mindestvorgaben, über die man hinausgehen kann.

Für den Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (VZBV) allerdings muss das Provisionsabgabeverbot jetzt endlich abgeschafft werden. „Dieses Verbot verbietet faktisch den Wettbewerb um Vertriebskosten und schafft damit ein künstlich hohes Niveau im Provisionsvertrieb“, meint das Team Finanzen des VZBV.

Ein Wegfall des Verbots würde es Verbrauchern hingegen erlauben, über unterschiedliche Angebote den passenden Vertriebsweg zu wählen. Verbraucher könnten so über vielfältige Informations- und Beratungsangebote die passenden Produkte wählen.

VZBV sieht bei IDD-Umsetzung weiteren Handlungsbedarf

Für die Verbraucherschützer besteht bei der IDD aber auch noch weiterer Handlungsbedarf: Die gilt etwa für Restschuld-Versicherungen, wo fehlende Beratungs- und Informationspflichten überteuerte Produkte begünstigen würden.

Unzufrieden ist der VZBV auch, bei der Provisionsdurchleitung mit einem pauschalen Abschlag von 20 Prozent zugunsten der Versicherer. „Ein pauschaler Abschlag ist nicht verbraucherfreundlich“, stellt der Verbraucherschützer fest.

Über Netto-Policen will die Bundesregierung die Honorarberatung fördern; eine Pflicht der Versicherer neben Brutto-Policen auch stets eine Netto-Police anbieten zu müssen, lehnt die Bundesregierung allerdings ab.

BVK begrüßt klaren Kurs der Bundesregierung bei der IDD

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) begrüßte insgesamt die klare Haltung der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur den Wünschen und Anregungen des Bundesrates.

Die Auffassung der Bundesregierung, dass die Aufgabe des Provisionsabgabeverbots Verbraucher dazu verleiten würde, eher auf eine Reduzierung der Provision zu achten als auf den Inhalt des Versicherungsprodukts, gehe „vollkommen mit der BVK-Ansicht überein“, erklärte BVK-Präsident Michael H. Heinz in einer Pressemitteilung.

Wenn man sich vorstellt, dass etwa bei einem Abschluss einer Lebensversicherung die Provision des Vermittlers – wie von den Verbraucherschützern gewünscht – mit einem Preisschild in Euro und Cent ausgewiesen wird, dann dürfte der Verbraucher schon nachdenklich werden.

Er könnte zu feilschen beginnen – oder was sich Verbraucherschützer erhoffen – doch einem Honorarberater zuwenden, auch wenn dieser ein Stundenhonorar von 200 Euro verlangt. Über den richtigen Weg dürfte noch viel gestritten werden.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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