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Zur (un-)zu­läs­si­gen Aus­übung des Wi­der­spruchs­rechts

27.02.2017

Weil er beim Abschluss einer Lebensversicherung nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden war, forderte ein Versicherter etliche Jahre später die Rückzahlung sämtlicher Beiträge nebst Schadenersatz. Da der Versicherer die Forderung für unbegründet hielt, landete der Fall vor Gericht.

Hat ein Versicherter einen Lebensversicherungs-Vertrag unmittelbar nach Abschluss zur Absicherung eines Kredites genutzt, so steht ihm trotz eines Fehlers des Versicherers bei Vertragsabschluss Jahre später kein rückwirkendes Widerspruchsrecht zu. Das hat das Landgericht Coburg mit einem am Freitag veröffentlichten Urteil vom 7. November 2016 entschieden (14 O 629/15).

Der Kläger hatte bei der Beklagten mit Wirkung vom 1. Januar 1998 eine Kapitallebens-Versicherung abgeschlossen. Als Vertragslaufzeit wurden 20 Jahre vereinbart. Unmittelbar nach Abschluss der Versicherung nutzte der Kläger den Vertrag zur Absicherung eines Kredites im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung.

17 Jahre später …

Nachdem dieser Kredit getilgt worden war, kündigte der Kläger im Jahr 2008 den Vertrag. Der Versicherer zahlt ihm daraufhin einen Rückkaufswert aus, der nur geringfügig über den von ihm gezahlten Beiträgen lag. Damit gab sich der Kläger zunächst zufrieden.

Mit der Begründung, bei Vertragsabschluss nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt worden zu sein, ließ der Kläger im Jahr 2015 über einen Rechtsanwalt den rückwirkenden Widerspruch des Versicherungsvertrages erklären.

Er forderte nicht nur die Rückzahlung sämtlicher von ihm gezahlten Beiträge abzüglich des bereits erhaltenen Rückkaufswerts, sondern auch die Zahlung von Schadenersatz für entgangene Rendite, Verzugszinsen und die Kosten des von ihm beauftragten Anwalts.

Unbegründete Forderung?

Der Versicherer hielt seine damalige Widerspruchsbelehrung für ausreichend. Der jetzige Widerspruch sei folglich verspätet erfolgt und somit unwirksam.

Unabhängig davon handele ein Versicherter rechtsmissbräuchlich, wenn er fast zwei Jahrzehnte nach Versicherungsbeginn kurz vor Vertragsablauf den Widerspruch erkläre, obwohl er den Vertrag über Jahre hinweg als Sicherheit für seine Kreditverbindlichkeiten genutzt habe,. Der Widerspruch sei daher auch aus diesem Grunde nichtig.

Dem schloss sich das Coburger Landgericht an. Es wies die Klage des Versicherten als unbegründet zurück.

Tatsächlich fehlerhaft, aber …

Die Richter zeigten sich zunächst einmal davon überzeugt, dass die Widerspruchsbelehrung des Versicherers tatsächlich fehlerhaft gewesen war. Denn sie habe sich nicht deutlich genug vom sonstigen Inhalt des Versicherungsscheins unterschieden. Dem Kläger habe daher auch noch im Jahr 2015 ein Widerspruchsrecht zugestanden. Dieses Recht sei auch nicht durch die zwischenzeitliche Kündigung und die Abrechnung des Vertrages erloschen.

Die Klage blieb trotz allem wegen unzulässiger Rechtsausübung erfolglos. Der Kläger habe sich nämlich widersprüchlich und somit rechtsmissbräuchlich verhalten. Denn schließlich habe er den Versicherungsvertrag über etliche Jahre hinweg zur Absicherung eines Kredites genutzt und dem Versicherer damit zu erkennen gegeben, dass er von einem wirksamen Vertrag ausging.

Das von dem Kläger in Berufung angerufene Oberlandesgericht Bamberg hat die Auffassung des Coburger Landgerichts mit einem Beschluss vom 13. Dezember 2016 (1 U 199/16) bestätigt. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

In einer Anmerkung zu dem Urteil weist das Landgericht Coburg darauf hin, dass die Entscheidung exemplarisch zeige, dass die in jüngster Vergangenheit vermehrt ausgeübten Widerspruchsrechte für schon seit längerer Zeit abgeschlossene Kapitallebens-Versicherungen nicht in jedem Fall zum gewünschten Erfolg führen. Bei der Beurteilung derartiger Fälle durch die Gerichte würde es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls ankommen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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