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Wer ent­schei­det künf­tig über Bei­trags­an­pas­sun­gen?

18.07.2017

Die Bafin wird ihre Praxis der Aufsicht bei Beitragsanpassungen nach dem Potsdamer Urteil gegen die Axa nicht ändern – zumindest vorerst nicht. Im Bafin-Journal erläutert sie die Gründe.

Die Bafin wird auch künftig nicht prüfen, welchen Umsatz ein Treuhänder mit einem bestimmten privaten Krankenversicherer tätigt. Ihre Gründe erläutert sie – in Reaktion auf ein Urteil des Amtsgerichts Potsdam – in der aktuellen Ausgabe ihrer Hauszeitschrift „Bafin-Journal“.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) wird an ihrer derzeitigen Verwaltungspraxis festhalten und bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Treuhänder in der privaten Krankenversicherung (PKV) keine Umsatzabhängigkeit wie bei einem Wirtschafts- oder Abschlussprüfer unterstellen.

Damit reagiert die Aufsicht auf ein Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 18. Oktober 2016 (29 C 122/16). Dieses hatte im Oktober 2016 die Beitragsanpassung der Axa Krankenversicherung AG auf Klage eines Kunden für unwirksam erklärt, weil der Treuhänder nicht unabhängig gewesen sei.

Denn die zentrale Aufgabe der Bafin sei es, die Belange der Gemeinschaft der Versicherten zu schützen und sicherzustellen, dass die Versicherer alle Verträge dauerhaft erfüllen können. So formulieren es Daniela Dickopf und Matthias Wendling vom Grundsatzreferat für die Krankenversicherung in der jüngsten Ausgabe 7/2017 des Bafin-Journals.

„Bequeme“ Annahme

Die Bafin-Autoren meinen, dass das Amtsgericht Potsdam sich auf „die vordergründig bequeme Annahme einer fehlenden Unabhängigkeit des Treuhänders“ gestützt habe, ohne sich inhaltlich mit der Beitragsanpassung an sich zu beschäftigen.

Das Amtsgericht urteilte auf Basis des § 319 Absatz 3 Nummer 5 HGB. Das sei aber eine „Spezialvorschrift für Wirtschaftsprüfer“, so die Referenten der Aufsicht. Das VVG kenne keinerlei konkretisierende Voraussetzungen für die Unabhängigkeit des Treuhänders, der einer Beitragsanpassung zustimmen muss.

Die HGB-Norm verbietet Wirtschaftsprüfern, die in den letzten fünf Jahren mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes mit der zu prüfenden Kapitalgesellschaft erzielt haben und dies voraussichtlich auch im laufenden Jahr erzielen werden, deren Abschluss zu prüfen. Diese Auffassung hatten die Richter auch auf den Treuhänder übertragen.

Gesetzgeber muss ran

Die Bafin sieht die Aufgabe und Stellung des Treuhänders anders. Der Treuhänder muss gemäß § 203 Absatz 2 VVG jeder Bedingungsänderung oder Beitragsanpassung bei privaten Krankenversicherungen, die nach Art der Lebensversicherung betrieben werden, zustimmen.

So habe das Gericht außen vorgelassen, dass jeder Treuhänder vor der Aufnahme seiner Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsaufsichts-Gesetzes bestellt werde. Dazu gebe es im Versicherungsaufsichts-Recht bestimmte Regeln wie etwa die, dass der Treuhänder nicht bei dem entsprechenden Unternehmen beschäftigt sein darf oder von dort aus einer Beschäftigung noch Ansprüche hat (§ 157 Absatz 1 VAG). Der Treuhänder darf auch nicht mehr als zehn Mandate wahrnehmen.

Anders als der Wirtschaftsprüfer müsse der Treuhänder sein Mandat höchstpersönlich erfüllen. Folge man nun der Rechtsauffassung des Amtsgerichts Potsdam, könnte es bei größeren Unternehmen mit vielen Tarifen unmöglich werden, die treuhänderischen Aufgaben unter Berücksichtigung des gesetzlichen Leitbildes wahrzunehmen.

Aus aufsichtsrechtlicher Sicht sei es nicht gerechtfertigt, aus der Tatsache, dass der Treuhänder einen Großteil seiner Einkünfte aus der Tätigkeit für einen privaten Krankenversicherer bezieht, „einen Generalverdacht – beziehungsweise einen bösen Schein – abzuleiten“, dass er nicht mehr unabhängig handelt, so die Autoren. Ein derartig einschneidender sowie gleichermaßen beschränkender gesetzgeberischer Wille bedürfe einer konkreten gesetzlichen Regelung.

Abwarten

Die Bafin werde ohnehin abwarten, ob die – noch nicht rechtskräftige – Entscheidung durch die Berufungsinstanz bestätigt werde. Für die von Beitragsanpassungen betroffenen PKV-Versicherten bleibt es damit spannend, wer künftig über Prämienanhebungen in letzter Konsequenz entscheidet: die Aufsicht über den Treuhänder oder Gerichte über die Anwendung einer Norm für Abschlussprüfer.

Die Bafin fürchtet auf jeden Fall, dass bei der Umgehung der Auseinandersetzung mit den Hintergründen und kalkulatorischen Inhalten einer angegriffenen Beitragsanpassung, letztlich selbige „praktisch unmöglich gemacht und damit der Beitragsanpassungs-Mechanismus konterkariert würden“. Damit könnten die Versicherer nicht mehr reagieren, wenn sich die äußeren Gegebenheiten änderten.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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