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Der Bundes­gerichtshof und die Sau­klaue

22.05.2017

Das höchste deutsche Zivilgericht hat sich mit den Anforderungen an eine Unterschrift befasst.

Auch eine einfach strukturierte Unterschrift ist dann als solche anzuerkennen, wenn sie hinreichend individuell ausgeführt wurde. Das geht aus einem kürzlich bekannt gewordenen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29. November 2016 hervor (VI ZB 16/16).

In dem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall ging es um eine Berufungsschrift, die vom Anwalt des Klägers im Rahmen einer rechtlichen Auseinandersetzung bei Gericht per Telefax eingereicht worden war.

Keine individuellen Merkmale?

Mit der Übermittlung per Fax war zwar das Schriftformerfordernis erfüllt. Die Beklagte rügte jedoch, dass die Berufung nicht form- und somit fristgerecht eingelegt worden sei. Denn sowohl die Berufungs- als auch die Berufungsbegründungs-Schrift sei von dem Anwalt nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden.

Dieser Überzeugung war auch das Berufungsgericht. Mit der Begründung, dass der Schriftzug des Anwalts unter der Berufungsschrift keine individuellen charakteristischen Merkmale aufweise, welche die Wiedergabe eines Namens erkennen lasse, wies es die Berufung als unzulässig zurück.

Doch dem wollte der von dem Kläger angerufene Bundesgerichtshof nicht folgen. Der BGH hob den Beschluss der Vorinstanz auf und wies die Sache an die Berufungsinstanz zurück.

Erschwerte Nachahmung

Nach Ansicht der Richter setzt eine den Anforderungen der Zivilprozessordnung genügende Unterschrift zwar einen die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug voraus. Diese Voraussetzung sei jedoch erfüllt, wenn der Schriftzug individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweise, die die Nachahmung erschweren und sich als Wiedergabe eines Namens darstelle.

Der Schriftzug müsse die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lassen – und zwar selbst dann, wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet sei.

„Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug – anders als eine dem äußeren Erscheinungsbild nach bewusste und gewollte Namensabkürzung – als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt“, so das Gericht.

Erhebliche Ähnlichkeit

In Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufwiesen, sei zumindest bei einer gesicherten Urheberschaft ein großzügiger Maßstab anzulegen.

Die sich im Prozessverlauf ändernde Unterschrift des Anwalts sei zwar einfach strukturiert und einem starken Abschleifungsprozess unterlegen. Sie wurde nach Ansicht des BGH jedoch hinreichend individuell ausgeführt. Die Länge und die Grundform des Schriftzuges habe nämlich unverkennbar erhebliche Ähnlichkeiten mit jenem Schriftzug, den der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Beginn des Verfahrens verwendet habe.

Es sei daher davon auszugehen, dass die Berufung des Klägers rechtzeitig und formgerecht eingelegt wurde.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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