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IG Me­tall will Um­kehr in der Ren­ten­politik

21.07.2016

Die IG Metall möchte eine weitere Absenkungen des Rentenniveaus umgehend stoppen und dieses vielmehr mittelfristig wieder erhöhen. IG-Metall-Chef Jürg Hofmann präsentierte vor der Presse in Berlin ein eigenes Reformkonzept.

Die IG Metall hat ein Rentenprogramm vorgestellt. Das gesetzliche Rentenniveau soll nicht weiter absinken, sondern mittelfristig wieder angehoben werden. Über eine Höherwertung des sogenannten Renten-Entgeltpunkts könne die Standardrente von 1.450 Euro bereits mit 43 statt 45 Entgeltpunkten erreicht werden. Zudem soll bei der Rentenversicherung eine Demografie-Reserve aufgebaut werden. IG-Metall-Chef Jürg Hofmann ließ durchaus Sympathien für die sogenannte Nahles-Rente erkennen. Deutliche Kritik an dem Konzept kam von Arbeitgebern und Versicherern.

In der Altersvorsorge drohen nach Ansicht von Jürg Hofmann, Erster Vorsitzender der Gewerkschaft IG Metall, heute schwerwiegende Versorgungsprobleme. So hätten sich die 2002 gehegten Hoffnungen, die private Altersvorsorge (Riester-Rente) könne das allmählich sinkende Rentenniveau ausgleichen, nicht erfüllt. Hinzu komme der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt mit Niedrigeinkommen und gebrochenen Erwerbsbiografien.

IG Metall mit eigenem Rentenkonzept

Deshalb sei ein Neuaufbau einer solidarischen Alterssicherung unumgänglich, erklärten Hofmann und das für Sozialpolitik zuständige Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban gestern vor der Presse in Berlin.

Hans-Jürgen Urban, Jörg Hofmann (Bild: Brüss)
Hans-Jürgen Urban, Jörg Hofmann (Bild: Brüss)

Die IG Metall hat ihre Vorschläge auf einem 22 Seiten umfassenden Positionspapier zusammengefasst, wobei im Dialog noch viele Details erarbeitet werden sollen. Über die Kosten der Reformpläne, die jetzt intensiv mit der Politik und den in der Altersvorsorge agierenden Akteuren diskutiert werden sollen, gaben Hofmann und Urban keine Schätzungen ab.

Demografie-Reserve und höhere Beiträge sollen es richten

Nach den Vorstellungen der IG Metall soll das im Rentenversicherungs-Bericht der Bundesregierung genannte Gesamt-Versorgungsniveau von 1.450 Euro brutto (Summe aus gesetzlicher Rente und Riester-Rente) als denkbarer Zielwert künftig mit 43 Entgeltpunkten erreicht werden. Heute kann der sogenannte Eckrentner mit 45 Beitragsjahren Durchschnittsverdienst mit einer Brutto-Rente von 1.370 Euro (West) rechnen. Zu Finanzierung wurde ein Maßnahmenkatalog vorgelegt.

Zur Finanzierung dieses Milliarden Euro schweren Programms sind vier Elemente geplant. Zum einen soll der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung erhöht werden, wobei der Staat insbesondere gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die Mütterente finanzieren soll. Zudem soll der Versichertenkreis möglichst auf alle Erwerbstätigen ausgeweitet werden, auch wenn es bei Beamten schwierig werden dürfte.

Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund soll eine Demografie-Reserve aufgebaut werden, um künftige Beitragssteigerungen abzufedern. Dazu müssten allerdings die gesetzlichen Regeln zur Nachhaltigkeitsrücklage bei der Rentenversicherung geändert werden.

Für Hofmann machen Mini-Rentenbeitragssenkungen keinen Sinn, zumal sie für die Beitragszahler kaum spürbar seien. Zuletzt war der Rentenbeitrag Anfang 2015 von 18,9 auf 18,7 Prozent abgesenkt worden. Schließlich sollen die Beiträge zur Rentenversicherung moderat, aber frühzeitig angehoben werden. Nach dem Konzept rechnet die IG Metall im Jahr 2030 je nach Wirkung der anderen Maßnahmen mit einer Gesamtbeitragshöhe zwischen 22 und 25 Prozent.

Dialog mit der Politik

Deutliche Sympathien zeigte Hofmann für das von Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) vorgeschlagene Sozialpartnermodell Betriebsrente, um die betriebliche Altersversorgung auch bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen und bei Geringverdienern flächendeckend zu verbreitern. Dabei müsse es aber ein Opting-out geben, sagte Hofmann.

Hofmann sieht gute Chancen, mit der Koalition von CDU/CSU und SPD ins Gespräch zu kommen, zumal diese mit der Umsetzung der Rente mit 63, der geplanten Flexi-Rente, der solidarischen Lebensleistungsrente und der Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) wichtige Eckpunkte gesetzt habe.

Eine Stabilisierung des Rentenniveaus wird auch in der Union und SPD diskutiert. Die Politik ist gefordert, den Menschen zu sagen, wie es nach 2030 weiter gehen soll. Und ein sogenanntes Sicherungsniveau vor Steuern von lediglich 43 Prozent im Jahr 2030 könnte vorher durchaus noch gekippt werden.

Arbeitgeber und Versicherer warnen vor finanzieller Überforderung der GRV

Deutliche Kritik an dem Modell der IG Metall kam von Arbeitgeberseite und der Versicherungswirtschaft. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) erklärte auf Anfrage, die Vorschläge würden leichtfertig die Finanzierbarkeit der Rentenversicherung aufs Spiel setzen. Angesichts der demografischen Herausforderungen könne die Rentenversicherung nicht noch zusätzlich milliardenschwere Belastungen verkraften.

Für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) sind die Rentenpläne der IG Metall „kurzsichtig und gefährden die nachhaltige Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung“. Stattdessen sei eine Stärkung des Drei-Säulen-Modells mit mehr Anreizen für ergänzende Altersvorsorge gerade auch für Menschen mit geringem Einkommen nötig. Beide Verbände kritisieren zudem die Generationen-Ungerechtigkeit zu Lasten der Jüngeren.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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