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Versiche­rungs­ver­trieb geht auch ohne mensch­li­che Ex­per­ten?

08.12.2016

Eine neue Trendstudie sieht die Assekuranz aufgrund der Digitalisierung vor der Notwendigkeit einer kompletten Neuausrichtung. Das wirkt sich natürlich auch massiv auf den Vertrieb aus.

Nach einer neuen Studie des Trendforschungsinstituts 2b Ahead Thinktank wird sich die Assekuranz sehr rasch komplett neu aufstellen müssen, um den aufgrund der Digitalisierung veränderten Kundenanforderungen gerecht zu werden. Das betrifft das Geschäftsmodell ebenso wie den grundsätzlichen Denkansatz, hat aber natürlich auch Auswirkungen auf den Vertrieb.

Aufgrund der Digitalisierung werden menschliche Experten künftig generell zunehmend durch digitale Assistenzsysteme ersetzt. Dies schon deshalb, weil die „schnellere und bessere Empfehlungen geben“ könnten als Menschen. So lautet die für Vertriebsmitarbeiter höchst bedrohliche Botschaft der gestern vom Trendforschungsinstitut 2b Ahead Thinktank GmbH vorgelegten Studie „Die Zukunft der Versicherung“.

Weitaus beruhigender für Vermittler und Makler klingt dagegen eine weitere Erwartung der Trendforscher. Im Gegensatz zum Standard-Segment, in dem vor allem die Vergleichsportale dafür gesorgt haben, dass der Versicherungsverkauf schon lange nicht mehr den rechten Spaß macht, prognostizieren sie sowohl im Premium- als vor allem im Economy-Segment deutliche Zuwächse.

Dem Premium-Segment ordnen sie Kunden zu, die ihre Kaufentscheidung nicht anhand eines Preis-Leistungs-Vergleichs fällen, sondern daran ausrichten, ob sie auf diese Weise ihre Identität ausdrücken können. Hier spielten daher Faktoren wie Umweltschutz, Luxus, Intellektualität oder Bodenständigkeit die zentrale Rolle, wobei sie dies an Produkten, Marken und Personen festmachten.

Die Zukunft gehört „adaptiven“ Versicherungsprodukten

Im Economy-Segment andererseits werden nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung vor allem in den Untersegmenten der „bequemen Nichtsucher“ und „Verantwortungs-Delegierer“ hohe Zuwachsraten vorhergesagt. Beide Gruppen wählten Versicherungsprodukte zwar nach dem Preis-Leistungs-Kriterium aus, wobei jedoch die Leistungsfähigkeit des Produkts im Vordergrund stehe.

Schaubild Kundensegmentierung (Bild: 2b Ahead Thinktank)
Schaubild Kundensegmentierung (Bild: 2b Ahead Thinktank)

Letztere jedoch wird sich nach Einschätzung der Trendforscher mit zunehmender Digitalisierung in allen Lebensbereichen künftig danach bemessen, wie „adaptiv“ es ist. Also danach, wie passgenau es einerseits auf die aktuelle individuelle Risikosituation des Kunden zugeschnitten ist und sich andererseits permanent auf deren Veränderungen im Zeitablauf anpasst.

Auf die Herausforderungen, die mit solchen „adaptiven“ Produkten einhergehen, sieht die Studie die Assekuranz bislang jedoch noch kaum eingestellt. Nach Überzeugung der Trendforscher wird deren Bewältigung jedoch darüber entscheiden, welche Versicherer in zehn Jahren noch am Markt sein werden.

Die IT ist nicht das Problem

Rein aus IT-Sicht halten sie dieses Problem offensichtlich für durchaus beherrschbar, zumal die für die Entwicklung solcher Produkte erforderliche Datenbasis umso mehr zur Verfügung steht, je mehr sich das „Internet der Dinge“ verbreitet. Die größere Hürde, lässt die Studie wenig Zweifel, stellt dar, dass in der Assekuranz ein komplettes Umdenken sowie gänzlich neue Geschäftsmodelle erforderlich sind.

Das Angebot der Versicherer sollte daher künftig generell nicht mehr in erster Linie darin bestehen, im Schadenfall finanzielle Entschädigung zu leisten. Vielmehr sollten sie die Kunden beispielsweise im Rahmen eines „Freemium-Modells“ durch einen elektronischen Risikoassistenten möglichst vor dem Eintreten unerwünschter Ereignisse bewahren.

Schlechte und gute Nachrichten für den Vertrieb

Durch solch einen Service ließe sich ihnen schon vor der ersten Prämienzahlung beweisen, dass ein „adaptives“ Versicherungsprodukt für das verbleibende Restrisiko „seine Erwartungen an Passgenauigkeit und das Erkennen von risikorelevanten Situationen erfüllt“. Zudem könnten sich so positive Auswirkungen auf die Schadenentwicklung sowie die Basis der Tarifkalkulation ergeben.

Vor allem jedoch ließe sich bei Kunden, die solch ein Angebot akzeptieren, die Treffsicherheit und die Schnelligkeit gezielter Offerten deutlich steigern. Ein Vermittler sei bei solch einem „Freeminum-Modell“ allerdings „nur in seltenen Fällen nötig“, merken die Trendforscher an.

Das bestehende Vergütungs-System passt gar nicht

Andererseits käme es dem Vertrieb bei der steigenden Zahl der „Verantwortungs-Delegierer“ dann doch auch zugute, die zwar nicht auf die Vorteile der Technologie verzichten, aber die Verantwortung für ihr komplexes Risikoprofil an einen Berater abgeben wollen. Schwierig, machen die Forscher jedoch zugleich aufmerksam, werde es allerdings mit dem gängigen Provisionsmodell.

Provisionszahlungen an den Vertrieb, die allein an den Vertragsabschluss gebunden sind, lassen sich damit nämlich kaum vereinbaren. Auch in dieser Hinsicht sei daher ein Umdenken erforderlich.

Die Studie steht unter diesem Link zum Download bereit.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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