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Wenn eine Arm­band­uhr un­ge­wollt den Be­sit­zer wech­selt

25.10.2016

Nachdem er nach der Uhrzeit gefragt worden war, war einem Mann auf offener Straße seine wertvolle Armbanduhr gestohlen worden. Anschließend stritt er sich mit seinem Hausratversicherer um die Zahlung einer Entschädigung.

Bemerkt ein Versicherter einen geplanten Trickdiebstahl seiner Armbanduhr im letzten Augenblick und kriegt die Uhr noch zu fassen, ohne den Diebstahl letztlich verhindern zu können, kann er seinen Hausratversicherer in Anspruch nehmen. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 19. Juli 2016 entschieden (12 U 85/16).

Der Kläger war auf der Straße von einem Unbekannten nach der Uhrzeit gefragt worden. Unmittelbar darauf bemerkte er, dass der Fragesteller seine wertvolle Armbanduhr entwenden wollte. Doch obwohl er sie im letzten Augenblick noch zu fassen kriegte, wurde ihm die Uhr entrissen.

Trickdiebstahl?

Sein Hausratversicherer weigerte sich, ihm die Uhr zu ersetzen. Das begründete er damit, dass es sich bei dem Schadenereignis nicht um einen Raub, sondern letztlich um einen Trickdiebstahl gehandelt habe. Trickdiebstähle seien jedoch bedingungsgemäß nicht versichert.

Im Übrigen habe der Kläger grob fahrlässig gehandelt. Denn eine Armbanduhr im Wert von 5.100 Euro dürfe man nicht auf der Straße tragen, ohne seinen Versicherungsschutz zu gefährden.

Dieser Argumentation wollte sich der in zweiter Instanz mit dem Fall befasste 12. Zivilsenat des Karlsruher Oberlandesgerichts jedoch nicht anschließen. Das Gericht gab der Berufung des Klägers gegen ein klageabweisendes Urteil der Vorinstanz statt.

Gewalttätige Wegnahme

Nach Überzeugung der Richter erfüllt der von dem Versicherten behauptete Tathergang die Voraussetzungen eines versicherten Raubes. Denn weil der Kläger den offenbar geplanten Trickdiebstahl im letzten Augenblick vereiteln wollte und die Uhr festgehalten hat, ist der für einen bedingungsgemäß versicherten Raub erforderliche Tatbestand der gewalttätigen Wegnahme erfüllt.

„Auch wenn nicht jedes Wegreißen als Raub im versicherungs-rechtlichen Sinn ausreicht, ist doch zu beachten, dass die Formulierung ‚Reißen‘ gegenüber dem bloßen ‚Wegnehmen‘ nach allgemeinem Sprachgebrauch die Überwindung eines erhöhten Widerstands impliziert“, so das Gericht.

Nach Meinung des Oberlandesgerichts ist es auch unschädlich, dass der Kläger in der Schadenanzeige gegenüber seinem Versicherer angegeben hat, dass es keinen körperlichen Angriff gegeben habe, sondern der Täter mit List vorgegangen sei. Denn ein körperlicher Angriff sei für die Erfüllung des Raubtatbestandes im versicherungs-rechtlichen Sinn nicht erforderlich.

Nicht grob fahrlässig

Auch eine Leistungskürzung wegen grober Fahrlässigkeit kommt nach Überzeugung der Richter nicht in Betracht. Denn eine Armbanduhr zu tragen, entspreche ihrem normalen Verwendungszweck.

Daraus ergäbe sich grundsätzlich auch dann kein Sorgfaltsverstoß, wenn es sich um eine wertvolle Uhr handelt und sie innerhalb Deutschlands auf der Straße getragen wird.

„Nichts anderes gilt, wenn der Versicherungsnehmer von einem Unbekannten angesprochen wird und für den anderen sichtbar die Zeit abliest. Denn auch das entspricht dem Verwendungszweck der Uhr“, heißt es abschließend in der Urteilsbegründung.

Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision gegen seine Entscheidung zuzulassen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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