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250.000 Euro Schmerzens­geld nach krassem Ärzte­pfusch

22.05.2017

Das Hammer Oberlandesgericht hatte über die rechtlichen Folgen einer tragischen Nachlässigkeit von Geburtsärzten zu entscheiden.

Entschließen sich Ärzte trotz eindeutiger Warnhinweise zu spät dazu, einen Geburtsvorgang durch einen Kaiserschnitt einzuleiten, so haben sie für die Folgen eines dadurch verursachten Dauerschadens zu haften und dem Kind ein gegebenenfalls hohes Schmerzensgeld zu zahlen. Das geht aus einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. April 2017 hervor (26 U 88/16).

Der heute neun Jahre alte Kläger war im Oktober 2007 in einem ostwestfälischen Krankenhaus zur Welt gekommen. Die Geburt gestaltete sich schwierig. Nach einem mehrstündigen Aufenthalt im Kreißsaal, in welchem die Mutter und das ungeborene Kind zeitweise durch eine Kadiotocographie (CTG) überwacht wurden, entschlossen sich die Ärzte schließlich zu einem Kaiserschnitt.

Zu spät

Wie sich herausstellte, erfolgte diese Entscheidung deutlich zu spät. Denn der Kläger wurde mit einer Nabelschnur-Umschlingung geboren mit der Folge einer Hirnschädigung. Er leidet heute unter einer Epilepsie sowie an einer allgemeinen Entwicklungsstörung, die seinen Intellekt, seine Sprache und seine motorischen Fähigkeiten dauerhaft einschränkt.

Die Eltern des Klägers warfen den behandelnden Ärzten vor, auf Warnsignale nicht rechtzeitig reagiert zu haben. Wäre der Kaiserschnitt früher erfolgt, wäre es nicht zu den Geburtsschäden gekommen. Sie verklagten die Klinik daher für ihren Sohn auf Zahlung von Schadenersatz sowie eines angemessenen Schmerzensgeldes.

Mit Erfolg. Das Hammer Oberlandesgericht gab der Klage statt. Beraten durch einen medizinischen Sachverständigen gelangte das Gericht zu der Überzeugung, dass den Ärzten gleich mehrere grobe Behandlungsfehler unterlaufen waren.

250.000 Euro Schmerzensgeld

Angesichts des Zustands der Mutter und des Ungeborenen hätten sie das Geburtsgeschehen nämlich nicht nur temporär, sondern mittels eines Dauer-CTG überwachen müssen. Denn bereits das erste CTG sei als pathologisch zu bewerten gewesen und hätte für eine Geburt durch Kaiserschnitt gesprochen.

Es sei außerdem eine ständige ärztliche Präsenz mit einer halbstündlichen Kontrolle erforderlich gewesen. All das sei nicht erfolgt. Selbst in dem Augenblick, als sich die Ärzte zu einer Geburt mittels Kaiserschnitt entschlossen hätten, sei dieser nicht als „Not-Sectio“ ausgeführt worden.

Angesichts dieser groben Behandlungsfehler sprachen die Richter dem Kläger unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 250.000 Euro zu. Denn der Kläger werde in seiner Entwicklung allenfalls die Stufe eines sieben- bis achtjährigen Kindes erreichen und nie allein leben können.

Darüber hinaus wird er später voraussichtlich auch feststellen, dass er gegenüber anderen Menschen ein geistiges Defizit habe, was nach Einschätzung des Sachverständigen zu einem besonderen Leidensdruck führen wird.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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