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Ich glaub mich tritt ein Pferd

18.01.2017

Ein Tierarzt war von einer Stute bei der Behandlung von deren Fohlen verletzt worden. Anschließend stritt man sich vor dem Hammer Oberlandesgericht um die Frage der Verantwortung für den Unfall.

Ein Tierarzt, der sich zur Behandlung eines Fohlens in eine sichtlich zu kleine Pferdebox begibt und dabei von dem Muttertier verletzt wird, muss für einen Teil seines dabei entstandenen Schadens selbst aufkommen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit einem am Montag veröffentlichten Urteil vom 19. Dezember 2016 entschieden (6 U 104/15).

Ein Tierarzt war von einem Hobbypferdezüchter darum gebeten worden, ein unter Durchfall leidendes drei Wochen altes Fohlen notfallmäßig zu behandeln. Beim Eintreffen des Veterinärs befand sich das Tier zusammen mit seiner Mutter in einer nur 3,18 x 3,15 Meter großen Pferdebox.

Kein Mitverschulden?

Der Pferdehalter hatte die Stute zwar mit ihrem Kopf in einer der Ecken der Box fixiert. Doch als der Tierarzt den Verschlag betrat und sich dem Fohlen näherte, um es zusammen mit dem Pferdezüchter aus der Box zu geleiten, schlug das aufgebrachte Muttertier so weit nach hinten aus, dass der Kläger schwer verletzt wurde.

In seiner anschließenden gegen den Pferdehalter eingereichten Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage machte der Tiermediziner ausschließlich diesen für den Vorfall verantwortlich. Denn er sei wegen der für Veterinäre geltenden Berufsordnung zur Behandlung des erkrankten Jungtieres verpflichtet gewesen.

Diese Verpflichtung habe auch beinhaltet, dass er dem Züchter bei dem Ausführen des Fohlens aus der Pferdebox habe helfen müssen. Anders als der Tierhaftpflicht-Versicherer des Pferdehalters meine, könne ihm daher kein Mitverschulden angerechnet werden.

Typische Tiergefahr

Doch dem wollten sich die Richter des Hammer Oberlandesgerichts nur bedingt anschließen. Sie gaben der Klage zwar überwiegend statt, das jedoch unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von einem Viertel.

Die Richter stellten zwar nicht in Abrede, dass sich in der Verletzung des Klägers eine typische Tiergefahr verwirklicht habe, für welche der Pferdezüchter aus dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung hafte.

Vor dem Betreten der Pferdebox habe der Kläger jedoch erkennen können und müssen, dass diese für beide Pferde zusammen erheblich zu klein war. Auch hätte er erfassen können und müssen, dass die fixierte und sichtlich erregte Stute jederzeit so weit ausschlagen konnte, dass eine Verletzung der beteiligten Personen möglich war.

Als Tierarzt habe der Kläger im Übrigen damit rechnen müssen, dass sich die Stute gegen das Trennen von ihrem Fohlen wehren werde. Er habe die Pferdebox daher nicht ohne Weiteres betreten dürfen, zumal zum Trennen der beiden Tiere deutlich weniger risikobehaftete Methoden zur Verfügung gestanden hätten.

Unter Abwägung der beiderseitigen Verschuldensanteile hielten die Richter eine Haftungsquote von drei Viertel zu ein Viertel zu Lasten des Pferdehalters für gerechtfertigt.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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