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Die verdeckte Altersarmut

25.05.2020

Eine aktuelle Studie zeigt, dass viele keine Grundsicherung im Alter – eine Sozialhilfeart für Personen im Rentenalter – in Anspruch nehmen, obwohl ihnen diese aufgrund ihrer prekären Einkommenssituation zustehen würde.

(verpd) Mehr als eine halbe Million Senioren – Tendenz steigend – erhalten seit 2014 jährlich eine Grundsicherung im Alter, weil ihr Einkommen, zu der auch die Altersrente zählt, nicht für den notwendigen Lebensunterhalt ausreicht. Allerdings hätten sogar viel mehr einen Anspruch darauf, wie eine jüngst veröffentlichte Studie der Deutschen Rentenversicherung belegt.

Ende letztes Jahr haben nach Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) knapp 562.000 Personen im Rentenalter ab 65 Jahre eine Grundsicherung im Alter erhalten, der bisher höchste Wert seit der Einführung dieser Form der Sozialhilfe im Jahr 2003. Schon seit 2014 liegt die Zahl der Grundsicherungsbezieher im Rentenalter bei über 500.000. Eine Grundsicherung im Alter gibt es nur auf Antrag und nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Ein entsprechender Antrag kann beim Sozialamt gestellt oder auch bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) eingereicht werden.

Antragsberechtigt ist, wer die Altersgrenze für die gesetzliche reguläre Altersrente erreicht hat und zudem seinen notwendigen Lebensunterhalt von Unterkunft bis Nahrungsmitteln nicht mit seinem Vermögen und Einkommen – zu der auch die gesetzliche Altersrente zählt – sicherstellen kann. Eine vom Forschungsnetzwerk Alterssicherung (FNA) der DRV erstellten Studie hat allerdings ergeben, dass weit über 60 Prozent derjenigen, denen eine Grundsicherung im Alter zustehen würde, keinen Antrag stellen.

Viele Anspruchsberechtigte verzichten auf die staatliche Leistung

Basis der Studie war eine Analyse eines Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Konkret wurden dazu von 2010 bis einschließlich 2015 regelmäßig zwischen knapp 9.500 bis über 16.100 Haushalte mit darunter mehr als 4.700 Senioren, die über der Altersgrenze liegen, befragt. Laut Destatis-Daten hat sich die Anzahl der Empfänger für eine Grundsicherung im Alter seit 2003 ständig erhöht. Allein in den Jahren 2010 bis 2015 ist die Zahl der Leistungsempfänger von rund 412.000 auf über 536.000 Personen angestiegen.

Auf Grundlage der Einkommensangaben der befragten Haushalte wurde basierend auf einem Simulationsmodell ermittelt, wie viele Haushalte – hochgerechnet auf ganz Deutschland – tatsächlich einen Anspruch auf eine Grundsicherung im Alter gehabt hätten. Dabei zeigte sich laut Studie, dass für den Berichtszeitraum 2010 bis 2015 jährlich rund 2,8 Prozent der rund zwölf Millionen Seniorenhaushalte eine Grundsicherung im Alter bezogen haben.

Allerdings haben 61,8 Prozent derjenigen, die tatsächlich einen Anspruch darauf gehabt hätten – dieser Anteil liegt nämlich bei 7,4 Prozent aller Seniorenhaushalte –, auf diese Leistung verzichtet. Allein im Jahr 2015 haben rund 3,2 Prozent der Seniorenhaushalte eine Grundsicherung im Alter erhalten, zugeständen hätte sie jedoch etwa 8,9 Prozent dieser Haushalte. Damit haben 64,2 Prozent der Anspruchsberechtigten diese Sozialhilfeleistung nicht beantragt.

Wer häufiger als andere die Grundsicherung im Alter nicht beantragt

Laut den Studienautoren haben weniger Personen, denen nur ein kleinerer Monatsbetrag aus der Grundsicherung im Alter zugestanden hätte, einen Antrag auf diese Leistung gestellt als Anspruchsberechtigte, die eine höhere Auszahlung zu erwarten hatten.

Zudem haben, so ein weiteres Studienergebnis, insbesondere Verwitwete, Senioren ab 76 Jahren, Personen mit Wohneigentum, aber auch Anspruchsberechtigte aus Westdeutschland diese Form der Sozialhilfe seltener beantragt als andere. Auch Personen ohne einen gesetzlichen Rentenanspruch verzichteten häufiger darauf als Bezieher einer gesetzlichen Rente. Im Detail beantragten 59 Prozent der Rentenbezieher, denen eine Grundsicherung im Alter zugestanden hätte, diese Leistung nicht, bei den Personen ohne einen Rentenanspruch waren es jedoch 77 Prozent.

Eine Erklärung, warum viele auf die ihnen zugestandene Grundsicherung verzichtet haben, gibt die Studie nicht. Experten gehen davon aus, dass viele diese Sozialhilfeleistung nicht kennen oder sich schämen, eine solche in Anspruch zu nehmen.

Für ein ausreichendes Einkommen

Informationen zur Grundsicherung im Alter, zum Beispiel, wer einen Anspruch darauf hat und wie diese Leistung zu beantragen ist, enthalten die Webauftritte der DRV und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Gleiches gilt für die herunterladbare DRV-Broschüre „Die Grundsicherung: Hilfe für Rentner“. Sie listet unter anderem auf, was zum Einkommen zählt, wie hoch das Vermögen sein darf, um dennoch eine Grundsicherung zu erhalten, und wie sich die Höhe dieser Sozialhilfeleistung berechnet.

Laut DRV sollte jeder, der im Rentenalter ein monatliches Gesamteinkommen von durchschnittlich unter 893 Euro hat, beim Sozialamt prüfen lassen, ob er nicht einen Anspruch auf eine Grundsicherung im Alter hat.

Wer bereits im Erwerbsleben verhindern möchte, dass er im Rentenalter auf eine Grundsicherung angewiesen ist und sicherstellen will, dass er seinen bisherigen Lebensstandard auch als Rentner erhalten kann, sollte möglichst früh eine ausreichende Altersvorsorge aufbauen. Wie hoch die voraussichtliche Rentenlücke ohne zusätzliche Vorsorge tatsächlich sein wird und welche individuell passenden Altersvorsorgeformen, teils sogar mit staatlicher Unterstützung, für den Einzelnen infrage kommen, kann beim Versicherungsvermittler erfragt werden.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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