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Barmenia investiert mit gutem Gewissen

04.11.2014

Die Wuppertaler haben die Richtlinien für verantwortungsbewusstes Investieren der Vereinten Nationen (UNPRI) unterzeichnet. Im Interview berichtet Vorstand Martin Risse über den Umbau der Kapitalanlagen und die Folgen für Vertrieb und Produkte.

Die Barmenia Versicherungsgruppe will künftig stärker nachhaltig investieren. Dazu haben die Wuppertaler als einer der ersten Versicherer in Deutschland die „United Nations-backed Principles for Responsible Investment“ (UNPRI) unterzeichnet. Dies sind sechs Grundsätze für eine nachhaltige Kapitalanlagepolitik. Bereits seit 2001 berät ein unabhängiger Beirat den Versicherer über verantwortungsvolle Anlageformen. Engagiert ist man schon länger in nachhaltigen Kapitalanlagen im Bereich erneuerbare Energien und über verschiedene Wertpapierfonds. Martin Risse, im Vorstand unter anderem für die Kapitalanlage verantwortlich, berichtet im Interview über die künftige Ausrichtung der Investments und die Folgen für Vertrieb und Produktgestaltung.

VersicherungsJournal: Die Barmenia Versicherungsgruppe ist der UNPRI-Initiative beigetreten und hat angekündigt, eine Nachhaltigkeitsstrategie sukzessive über alle Kapitalanlagen zu legen. Wann rechnen Sie damit, dass Ihre Kapitalanlagen komplett nachhaltig sind?

Vertragsunterzeichnung (Bild: Barmenia)
Bei der Unterzeichnung der UNPRI (v.li.n.re.):
Vorstandsvorsitzender Andreas Eurich und Martin Risse
(Bild: Barmenia)

Martin Risse: Wir gehen davon aus, dass der größte Teil unserer Kapitalanlagen bereits nachhaltig ist, die Nachhaltigkeit unserer Kapitalanlagen wollen wir schrittweise erhöhen.

Wichtig ist uns, dass wir nachhaltige Kapitalnehmer durch unsere Investitionen fördern, unsere Anlagen aber auch ausreichend diversifizieren können. Vollständige Nachhaltigkeit ist auch aufgrund der Veränderungen in der Wirtschaft und bei den Unternehmen eher als dynamischer Prozess zu sehen.

VersicherungsJournal: Wie groß ist der Anteil, der aufgrund dieser strikten Regeln neu investiert werden muss?

Risse: Unsere Nachhaltigkeits-Strategie ist langfristig ausgelegt. Es gibt keinen plötzlichen Umbruch im Portfolio unserer Kapitalanlagen. Da wir den Anteil nachhaltiger Anlagen schrittweise steigern wollen, können wir dies im Rahmen der laufenden Veränderung des Anlagenbestandes tun.

Dabei orientieren wir uns vor allem am „Best-in-class“-Prinzip. Dies ist ein relativer Ansatz und definiert zum Beispiel solche Unternehmen als nachhaltig, die ökologisch und sozial besser sind als die Mitbewerber in ihrer Branche.

VersicherungsJournal: Was sind denn Ihre schwersten „Anlage-Sünden“ im Sinne von UNPRI?

Risse: Die UNPRI sind allgemein gehaltene Prinzipien, mit denen wir uns zu verantwortungsvollem Verhalten auch in der Kapitalanlage bekennen. Sie sind keine Liste von Ge- und Verboten. Daher kann man nicht von „Sünden“ sprechen. Aber auch bisher haben wir Anlagen vermieden, die wir für inhaltlich fragwürdig halten.

VersicherungsJournal: Welche Anlagen können Sie künftig nicht mehr tätigen? Und um welche tut es Ihnen aus Renditegründen besonders Leid?

Risse: Ausschließen wollen wir Investitionen, die gesellschaftlich geächtete Produkte wie Streubomben oder Landminen finanzieren. Diese stehen bei unserer Nachhaltigkeitsstrategie aber nicht im Vordergrund, da wir auf diese Investitionen auch schon in der Vergangenheit verzichtet haben.

Auf die wenigen Investitions-Möglichkeiten, die in Zukunft zusätzlich wegfallen, können wir wahrscheinlich ohne große Schmerzen verzichten. Wir sehen nicht, dass gerade diese besonders hohe Erträge gebracht hätten.

VersicherungsJournal: Was kostet das künftig „gute Gewissen“ denn an Nettoverzinsung – besonders im Bereich Leben und Kranken?

Risse: Nachhaltige Kapitalanlagen bringen nach unseren bisherigen Erkenntnissen nicht weniger Rendite. Zwar kostet zum Beispiel Umweltschutz Geld, auf der anderen Seite vermindert eine verantwortungsvolle Unternehmensführung Haftungsrisiken für verursachte Schäden. Integration von Nachhaltigkeit in die Kapitalanlage ist somit durchaus auch ein Element des Risikomanagements.

Zahlreiche Studien haben sich mit der Frage beschäftigt, ob nachhaltige Kapitalanlagen Vor- oder Nachteile bei der Rendite bringen. Dabei zeigt sich, dass eine systematische Renditeeinbuße nicht nachzuweisen ist. Im Gegenteil – in der Tendenz sprechen die Studienergebnisse eher für eine positive Wirkung auf den Anlageerfolg.

VersicherungsJournal: Was gibt den Anstoß für die Umschichtung? Verlangt der „normale“ Barmenia-Kunde eine nachhaltige Kapitalanlage? Versprechen sich Ihre Vermittler von einer solchen Ausrichtung einen leichteren Zugang bei ihren Kunden?

Risse: Die Integration von Aspekten der Nachhaltigkeit in unsere Kapitalanlage folgt aus dem Selbstverständnis eines verantwortungsvoll handelnden Unternehmens. Unsere Unternehmenspolitik ist am Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtet und verbindet ökonomisches Handeln mit der Förderung stabiler sozialer und ökologischer Rahmenbedingungen. Tatsächlich fragen auch immer wieder Kunden, Vermittler oder Interessenten, wie wir uns dem Thema stellen. Bisher sind dies aber eher Einzelfälle.

VersicherungsJournal: Wollen Sie mit Ihrer neuen Kapitalanlagepolitik auch andere Kunden-Zielgruppen oder Vertriebswege erschließen?

Risse: Die Nachhaltigkeits-Strategie für die Kapitalanlagen ist ein Element der Unternehmenspolitik und ist unabhängig von einem Vertriebskonzept zu sehen beziehungsweise nicht auf einen zusätzlichen Vertriebserfolg ausgerichtet. Über eine positive Wahrnehmung dieser Ausrichtung würden wir uns freuen, natürlich auch darüber, wenn wir dadurch neue Kunden gewinnen.

VersicherungsJournal: Werden Sie das Thema offensiv bewerben?

Risse: Unsere Ausrichtung auf Nachhaltigkeit kommunizieren wir schon bisher nach außen und werden dies auch weiter tun. Wir können dies nun durch den Aspekt „Signatory of PRI“ (Unterzeichner der UNPRI) im Kapitalanlagenbereich erweitern. Das Thema ist aber nicht als eigenständige Werbebotschaft zu verstehen.

VersicherungsJournal: Legen Sie künftig „grüne“ Versicherungsprodukte auf?

Risse: Bereits seit 2001 gibt es im Bereich der Krankenversicherung Tarife, die Naturheilverfahren einschließen. Bei diesen Tarifen sagen wir den Kunden zu, die erforderlichen Deckungsrückstellungen nachhaltig anzulegen.

Komponenten der Nachhaltigkeit gibt es aber auch in anderen Produkten. So können Kunden zum Beispiel im Bereich der fondsgebundenen Rentenversicherung ein „Strategiedepot Ökologie“ wählen, in dem der Sparanteil nur in nachhaltigen Wertpapierfonds angelegt wird.

Oder in der Kfz-Versicherung erhalten Fahrzeuge mit geringem CO2-Ausstoß einen Beitragsnachlass. Auch bei der Entwicklung zukünftiger Produkte kann die Nachhaltigkeit eine Rolle spielen.

Die Fragen stellte

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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