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Wenn Kindererziehungszeiten gleichzeitig genommen werden

23.04.2019

Ob beide Elternteile, die nach der Geburt ihres Kindes gleichzeitig Erziehungsurlaub genommen haben, Anspruch darauf haben, dass jedem von ihnen die entsprechende Kindererziehungszeit von der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet wird, zeigt ein Gerichtsurteil.

(verpd) Eine doppelte Zuordnung von rentenrechtlichen Kindererziehungszeiten für denselben Zeitraum ist auch dann nicht möglich, wenn beide Elternteile gleichzeitig Erziehungsurlaub nehmen. Das hat das Thüringer Landessozialgericht in einem aktuellen Urteil entschieden (Az.: L 2 R 760/17).

Ein Vater hatte nach der Geburt seiner Tochter für denselben Zeitraum wie seine Ehefrau – die Mutter des Kindes – Erziehungsurlaub genommen. Er war während dieser Zeit an der Erziehung seines Kindes im gleichen Maße beteiligt. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) wollte diese sogenannten Kindererziehungszeit rentenrechtlich allerdings nur der Mutter zuordnen. Das empfand der Vater als ungerecht. Nach seiner Meinung stand ihm nämlich derselbe rentenrechtliche Anteil wie seiner Gattin zu.

Dem wollte sich das Thüringer Landessozialgericht nicht anschließen. Es wies die Klage des Mannes gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als unbegründet zurück. Die Richter schlossen sich der Rechtsauffassung des Trägers der Rentenversicherung an, dass es nicht mit den gesetzlichen Vorschriften vereinbar ist, Kindererziehungszeiten für denselben Zeitraum für beide Elternteile zuzuordnen.

Dispositionsbefugnis

Nach dem Willen des Gesetzgebers solle zwar durch die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Beitrag dazu geleistet werden, die Tätigkeit in der Familie und die außerhäusliche Erwerbstätigkeit gleich zu bewerten. In Paragraf 56 Absatz 2 SGV VI (Sechstes Sozialgesetzbuch) werde jedoch angeordnet, die jeweilige Erziehungszeit einem bestimmten Elternteil zuzuordnen. Eine Zuordnung zu beiden Elternteilen für denselben Zeitraum der Auszeit sehe das Gesetz hingegen ausdrücklich nicht vor.

Konkret heißt es in dem genannten Paragrafen: „… Eine Erziehungszeit ist dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat. Haben mehrere Elternteile das Kind gemeinsam erzogen, wird die Erziehungszeit einem Elternteil zugeordnet. Haben die Eltern ihr Kind gemeinsam erzogen, können sie durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil sie zuzuordnen ist. Die Zuordnung kann auf einen Teil der Erziehungszeit beschränkt werden …“

Das Gesetz räume den Eltern vielmehr eine Dispositionsbefugnis darüber ein, wem von ihnen die Erziehungszeit zugeordnet werden soll, so das Gericht weiter. Das belegt nach Überzeugung des Thüringer Landessozialgerichts den Willen des Gesetzgebers, keine vollständige Berücksichtigung der Zeit bei beiden Elternteilen vorzunehmen. Die Richter sahen keine Veranlassung, ein Rechtsmittel gegen ihre Entscheidung zuzulassen. Eine Revision zum Bundessozialgericht ist daher allenfalls auf dem Weg einer Nichtzulassungs-Beschwerde denkbar.

Die rentenrechtlichen Vorteile von Kindererziehungszeiten

In der gesetzlichen Rentenversicherung wird den Erziehenden bei Geburten vor 1992 maximal eine Kindererziehungszeit, die als Beitragszeit gilt, von 24 Monaten und bei Geburten ab 1992 von 36 Monaten je Kind ihrem Rentenkonto gutgeschrieben. Grundsätzlich können diese Kindererziehungszeiten unter anderem den Anspruch auf eine gesetzliche Rente, aber auch die Rentenhöhe beeinflussen.

Um nämlich Anspruch auf einige gesetzliche Rentenarten zu haben, ist es wichtig, dass man bestimmte vorgegebene Mindestversicherungs-Zeiten, sogenannte Wartezeiten erfüllt. Kindererziehungszeiten werden zum Beispiel mit berücksichtigt, um die fünfjährige Wartezeit zu erfüllen, die man benötigt, um Anspruch auf eine normale Altersrente (Regelaltersrente) oder auch eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente zu haben.

Für jedes Jahr Kindererziehungszeit wird einem zudem ein sogenannter Entgeltpunkt gutgeschrieben. Nach der Summe aller erreichten Entgeltpunkte berechnet sich die gesetzliche Rentenhöhe. Pro Jahr angerechnete Kindererziehungszeit, also pro gutgeschriebenen Entgeltpunkt, erhöht sich die gesetzliche Monatsrente derzeit um aktuell 32,03 Euro in West- und 30,69 Euro in Ostdeutschland. Mehr Informationen zur Kindererziehungszeit bietet die kostenlos downloadbare Broschüre „Kindererziehung: Ihr Plus für die Rente“ des DRV.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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