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Was an einer Tank­stelle zu beachten ist

07.08.2017

Ein Gerichtsurteil zeigt, inwieweit auf einem Tankstellengelände die Straßenverkehrsordnung gilt und was Fußgänger, wie beispielsweise Kfz-Fahrer, die zur Kasse gehen, beachten müssen.

(verpd) Kommt es auf dem Gelände einer Tankstelle zu einer Kollision zwischen einem anfahrenden Fahrzeug und einem Fußgänger, so ist gegebenenfalls von einer Schadenteilung auszugehen. Auf dem Gelände von Tankstellen gelten im Übrigen die Regeln der Straßenverkehrsordnung. Das hat das Oberlandesgericht Naumburg mit einem jetzt bekannt gewordenen Urteil entschieden (Az.: 1 U 99/15).

Ein Mann befand sich auf dem Gelände einer Tankstelle auf dem Weg zur Kasse, als er mit seinem linken Fuß unter den anfahrenden Pkw geriet. Dabei wurde das Unfallopfer so schwer verletzt, dass es mit einer dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigung rechnen muss.

Das Unfallopfer war der Meinung, dass ausschließlich der Fahrer des Autos, das anfuhr, den Unfall verursacht hatte, und verklagte diesen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Der Autofahrer berief sich vor Gericht jedoch darauf, dass der Vorfall für ihn nicht zu verhindern gewesen sei, denn das Unfallopfer sei aus Unachtsamkeit seitlich gegen sein Fahrzeug gelaufen.

Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung

Dem schloss sich das in erster Instanz mit dem Fall befasste Landgericht nach Anhörung eines Sachverständigen an. Mit dem Argument, dass der Unfall ausschließlich auf die Unaufmerksamkeit des Klägers zurückzuführen sei, wies es die Klage als unbegründet zurück. Denn hätte der Kläger den Fahrzeugverkehr zwischen den „Inseln“ der Tankstelle beachtet, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen.

Das in Berufung mit dem Fall befasste Naumburger Oberlandesgericht wollte dem zwar nicht widersprechen. Es gab der Klage gleichwohl teilweise statt. Das Gericht stellte zunächst einmal fest, dass auf dem Gelände einer Tankstelle die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) zu beachten sind.

Der Kläger war daher auf seinem Weg zur Kasse nicht nur zur ständigen Vorsicht angehalten. Er hätte auch die sich aus Paragraf 25 StVO ergebenden besonderen Pflichten als Fußgänger beachten müssen. Danach wäre er nämlich dazu verpflichtet gewesen, beim Überqueren der Fahrbahnen zwischen den Tankstelleninseln auf den Fahrzeugverkehr zu achten.

Hälftiges Mitverschulden

Die Richter hielten jedoch auch den beklagten Autofahrer für den Unfall mitverantwortlich. Denn wer ein Tankstellengelände befahre, müsse mit außerhalb ihrer Fahrzeuge hantierenden Personen rechnen. Das erfordere eine außergewöhnliche Vorsicht, Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme. Nach dem Bekunden eines Unfallzeugen hatten sich der Kläger und der Beklagte nahezu zeitgleich in Bewegung gesetzt. Das Gericht ging daher von einem hälftigen Verschulden des Klägers aus.

Denn es gehöre zu den grundlegendsten Anforderungen an das Verhalten im Straßenverkehr, dass sich ein Fußgänger vor dem Überqueren einer Fahrbahn Gewissheit darüber verschafft, dass sich kein Kraftfahrzeug nähert. Darauf habe auch der Beklagte vertrauen dürfen. Bei ausreichender Aufmerksamkeit hätte er den Kläger nach Überzeugung des Gerichts gleichwohl rechtzeitig wahrnehmen können. Angesichts der Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Beklagten hielten die Richter daher eine Haftungsquote von 50 Prozent zugunsten des Klägers für gerechtfertigt.

Übrigens: Wenn keiner oder einer nur teilweise für mögliche Unfallfolgen haftet, ist es für den Verunfallten gut, eine private Absicherung zum Beispiel in Form einer privaten Unfall- und oder Berufsunfähigkeits-Versicherung zu haben. Eine solche Police kann beispielsweise das Einkommen und damit den Lebensstandard sichern, wenn aufgrund der Unfallfolgen eine Erwerbstätigkeit nicht oder nur noch eingeschränkt möglich ist. Der gesetzliche Schutz durch die Sozialversicherungen reicht nämlich diesbezüglich in der Regel nicht aus.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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