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Nicht je­der Ver­kehrs­krei­sel ist ein Kreis­ver­kehr

12.06.2017

Nicht jeder runde Platz, auf den Straßen einmünden, ist ein Kreisverkehr im Sinne der Straßenverkehrsordnung, wie ein Gerichtsurteil belegt.

(verpd) Will ein Fahrradfahrer eine in Form eines Kreises gestaltete Straßenkreuzung überqueren, auf der die Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ gilt, muss er sicherstellen, dass er die Kreuzung vor einem von rechts kommenden Fahrzeug räumen kann. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (Az.: 9 U 22/16). Diese Regelung gilt auch für alle Kfz-Fahrer.

Eine 78-jährige Frau war mit ihrem Fahrrad in Münster unterwegs, als sie im Bereich einer als Kreis gestalteten Straßenkreuzung mit einem von rechts kommenden Pkw kollidierte. Bei dem Unfall zog sie sich einen schwerwiegenden Bruch eines ihrer Schienbeinköpfe zu. Dieser musste mehrfach operativ versorgt werden. Die Radfahrerin war in den Kreisel eingefahren, ohne dabei auf den von rechts kommenden Wagen, der ebenfalls in den Kreis einfuhr, zu achten.

Die Seniorin hatte das Auto zwar wahrgenommen, glaubte aber offenkundig, Vorfahrt zu haben. Deswegen verklagte sie den Autofahrer beziehungsweise den zuständigen Kfz-Versicherer des Pkws wegen dessen angeblicher Vorfahrtverletzung auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Zu Unrecht, urteilten die Richter des Hammer Oberlandesgerichts, auch wenn sie der Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage der Fahrradfahrerin teilweise stattgaben.

Rechts vor links

Die Klage wäre nach Ansicht des Gerichts gegebenenfalls nur dann in vollem Umfang erfolgreich gewesen, wenn sich der Unfall in einem als solchen ausgewiesenen „echten“ Kreisverkehr ereignet hätte. Das aber hätte vorausgesetzt, dass der Kreisel an den Einmündungen mit dem Kreisverkehr-Zeichen 215, das ist ein rundes blaues Schild mit drei weißen Pfeilen im Kreis, die die Fahrtrichtung angeben, sowie dem Verkehrsschild „Vorfahrt gewähren“ (Zeichen 205) ausgeschildert gewesen wäre. Da das nicht der Fall war, galt in der entschiedenen Sache die Regel „rechts vor links“.

Die Klägerin, egal ob mit einem Rad oder einem Kfz unterwegs, hätte folglich nur dann vor dem Auto in den Kreisel, sprich die Kreuzung, einfahren dürfen, wenn sichergestellt gewesen wäre, dass sie den Kreis vor dem vorfahrtsberechtigten Pkw hätte räumen können. Die Klägerin sei daher überwiegend für den Unfall verantwortlich. Die Richter lasteten dem Autofahrer allerdings ebenfalls ein gravierendes Verschulden an der Entstehung des Unfalls an.

Denn beim Einfahren in den Kreis hätte dieser die dort bereits befindliche Klägerin wahrnehmen können. Der Pkw-Fahrer sei zwar bevorrechtigt gewesen. Das gebe ihm aber nicht das Recht, sein erkennbar durch die Klägerin verletztes Vorfahrtsrecht ohne Rücksicht durchzusetzen. Nach Auffassung des Gerichts ist unter Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile an der Entstehung des Unfalls eine Haftungsquote von 60 Prozent zu 40 Prozent zulasten der klagenden Radfahrerin gerechtfertigt. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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