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Lohnkürzung nach Arztbesuch?

17.09.2018

Ein Landgericht hatte jüngst zu klären, inwieweit ein Arbeitgeber den Lohn eines Beschäftigten kürzen kann, weil dieser während der Arbeitszeit einen Arzttermin wahrnimmt.

(verpd) Nimmt ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit einen Arzttermin wahr, weil der Arzt auf seine terminlichen Wünsche keine Rücksicht nehmen will oder kann, so darf ihm für diese Zeit sein Lohn beziehungsweise sein Gehalt nicht gekürzt werden. Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hervor (Az.: 7 Sa 256/17).

Ein Arbeitnehmer, der auf Stundenbasis als Monteur arbeitet, war von seinem Arzt zu einer Nachuntersuchung nach einer Knieoperation in die Praxis bestellt worden. Da der Arzt den Termin für einen Vormittag anberaumt hatte, musste der Arbeitnehmer für die Dauer von eineinhalb Stunden seinen Arbeitsplatz verlassen. Das nahm sein Arbeitgeber zum Anlass, ihm für diese Zeit den Lohn zu kürzen. Denn der Beschäftigte habe nach Ansicht des Arbeitgebers darauf dringen müssen, einen Termin außerhalb seiner Arbeitszeit zu erhalten.

Der Arbeitnehmer legte seinem Arbeitgeber daraufhin eine Bescheinigung seines Arztes vor, nach welcher der letzte Sprechstundentermin nur montags bis donnerstags um 15.00 Uhr und freitags um 12.00 Uhr möglich sei – lauter Zeiten, die innerhalb seiner Arbeitszeit lagen. Sein Arbeitgeber beharrte dennoch auf der Lohnkürzung. Der Monteur wehrte sich dagegen vor Gericht – und bekam recht.

Eine Frage der Umstände

In ihrer Urteilsbegründung stellten die Richter des Niedersächsischen Landesarbeitsgerichts zunächst einmal klar, dass ein Arztbesuch während der Arbeitszeit nicht bereits deswegen notwendig ist, weil einem Beschäftigten ein entsprechender Termin zugewiesen wurde. „Denn hält ein Arzt außerhalb der Arbeitszeit Sprechstunden ab und sprechen keine medizinischen Gründe für einen sofortigen Arztbesuch, so muss ein Arbeitnehmer die Möglichkeit der Sprechstunde außerhalb der Arbeitszeit wahrnehmen.“

Ein Fall eines unverschuldeten Arbeitsversäumnisses würde jedoch dann vorliegen, wenn der Arzt keine Rücksicht auf die terminlichen Wünsche seines Patienten nehmen will oder kann. So sei es nachweislich im Fall des Klägers gewesen. Er habe daher einen Anspruch auf Zahlung des ihm von seinem Arbeitgeber vorenthaltenen Lohns. Der Fall zeigt: Wenn sich ein Arbeitnehmer ungerecht behandelt fühlt, kann es durchaus sinnvoll sein, die Angelegenheit rechtlich prüfen zu lassen und notfalls gegen den Arbeitgeber zu klagen.

Allerdings geht ein Arbeitnehmer hier ein Kostenrisiko ein, denn in der ersten Instanz vor einem Arbeitsgericht muss ein Arbeitnehmer, egal ob er den Rechtsstreit gewinnt oder verliert, seine Anwaltskosten selbst tragen. Kostenschutz bietet jedoch eine Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung. Eine solche Police übernimmt nämlich im Versicherungsfall die Prozess- inklusive Anwaltskosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten für den Arbeitnehmer, wenn der Rechtsschutzversicherer vorab eine Deckungszusage erteilt hat.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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