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Wenn ein Arbeitnehmer beim Händewaschen stürzt

12.11.2018

Ob eine Arbeitnehmer, der in den Sanitärräumen seines Arbeitgebers verunfallt und sich dabei verletzt, Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hat, wurde in einem Gerichtsurteil geklärt.

(verpd) Ein Beschäftigter, der im Bereich der Toilettenanlagen seines Arbeitgebers zu Schaden kommt, steht grundsätzlich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt auch dann, wenn sich der Unfall in dem Vorraum der Anlage ereignet hat, in welchem sich die Waschbecken befinden, so das Sozialgericht Stuttgart in einem veröffentlichten Gerichtsbescheid (Az.: S 12 U 1746/17).

Nachdem eine Arbeitnehmerin während ihrer Arbeit die Toilette ihres Arbeitgebers aufgesucht hatte, rutschte sie beim anschließenden Händewaschen auf dem frisch gereinigten, noch nassen Boden des Vorraums der Toilettenanlage aus. Bei dem Sturz zog sie sich diverse Prellungen sowie eine Distorsion (Verstauchung) der Halswirbelsäule zu. Wegen der Folgen des Unfalls wollte die Frau Leistungen vom Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, nämlich der für sie zuständigen Berufsgenossenschaft in Anspruch nehmen.

Die Berufsgenossenschaft lehnte jedoch eine Anerkennung des Zwischenfalls als versicherten Arbeitsunfall ab. Das begründete der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung damit, dass ein Aufenthalt in den Sanitärräumen eines Arbeitgebers grundsätzlich privater Natur sei und daher nicht unter den Versicherungsschutz falle. Nach erfolglosem Widerspruch zog die Klägerin vor Gericht.

Keine besondere betriebliche Gefahr

Dort trug sie vor, dass sie ausschließlich wegen des rutschigen Bodens in den Sanitärräumen verunglückt sei. Dieser Bereich sei ihrer Ansicht nach jedoch der Sphäre ihres Arbeitgebers zuzuordnen, daher habe sie einen Anspruch auf Leistungen der Berufsgenossenschaft. Doch dem wollten sich die Richter des Stuttgarter Sozialgerichts nicht anschließen. Sie wiesen die Klage als unbegründet zurück.

Die Richter stellten zwar nicht in Abrede, dass Beschäftigte auf den Wegen zu beziehungsweise von den Sanitärräumen ihres Arbeitgebers unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Sobald sie die Schwelle zu den Sanitärräumen überschritten haben, endet der Versicherungsschutz jedoch. Er setze erst wieder ein, wenn die Räume verlassen worden sind. „Der unversicherte Bereich umfasst dabei nicht nur das Verrichten der Notdurft selbst, sondern den gesamten Aufenthalt in der Toilettenanlage“, so das Gericht.

Daher sei zum Beispiel auch ein Aufsuchen der Räume, um sich lediglich die Hände zu waschen, nicht versichert. Denn dabei handele es sich um eine eigenwirtschaftliche, das heißt private Tätigkeit, die grundsätzlich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe. Mit dem Sturz der Klägerin habe sich auch keine besondere betriebliche Gefahr verwirklicht. Denn in Sanitärräumen müsse regelmäßig mit nassen und gegebenenfalls durch Seife verunreinigten Fußböden gerechnet werden.

Glückliche Beamte

Die Sache wäre vermutlich anders entschieden worden, wenn es sich bei dem Unfallopfer um einen Beamten gehandelt hätte. Denn diese sind nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungs-Gerichts aus dem Jahr 2016 auch bei Unfällen innerhalb von Toilettenräumen versichert.

Nach Ansicht des Stuttgarter Sozialgerichts spielt das für den Fall der Klägerin jedoch auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Aspekte keine Rolle. Denn der Dienstunfallschutz von Beamten richte sich nach anderen gesetzlichen Regelungen und Kriterien als der Unfallversicherungs-Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das Sozialgericht Heilbronn war im Dezember letzten Jahres in einem vergleichbaren Fall zu einer gleichen Einschätzung gelangt wie jetzt das Stuttgarter Sozialgericht.

Optimierte Absicherung

Wie der erste Fall zeigt, kann man sich als Arbeitnehmer nicht alleine auf die gesetzliche Absicherung verlassen. Der Grund: Zum einen fallen zahlreiche Tätigkeiten, auch wenn sie augenscheinlich im unmittelbaren Bereich der Berufsausübung erfolgen, nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Zum anderen, selbst wenn ein Anspruch auf Leistungen durch die gesetzliche Unfall- oder andere Sozialversicherungen besteht, reicht dies häufig nicht, um die durch eine unfallbedingte Invalidität entstandenen Kosten und Einkommenseinbußen vollständig auszugleichen.

Die private Versicherungswirtschaft bietet diesbezüglich zahlreiche Lösungen an, um sowohl einen fehlenden als auch unzureichenden gesetzlichen Versicherungsschutz abzusichern. Zu nennen sind hier eine private Unfall-, eine Erwerbs- oder Berufsunfähigkeits-Versicherung, aber auch eine Krankentagegeld-Police.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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