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Wenn ein Kind versehentlich ein parkendes Auto beschädigt

13.08.2018

Inwieweit ein minderjähriges Kind oder dessen Eltern haften müssen, wenn es versehentlich ein geparktes Auto verkratzt, zeigt ein Gerichtsurteil.

(verpd) Kinder haften nicht für Beschädigungen an geparkten Fahrzeugen, wenn sie den Schaden in Folge einer altersgemäß falschen Einschätzung der Gefahren, die im Straßenverkehr bestehen, verursacht haben. Das hat das Amtsgericht München mit einem veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: 345 C 13556/17).

Ein Siebenjährigen wollte sowohl sein als auch das seiner älteren Schwester gehörende Kickboard nach Hause bringen. Die Boards an beiden Händen führend, wollte er eine Straße in einem Wohngebiet überqueren. Auf dieser war die Geschwindigkeit auf 30 Stundenkilometern begrenzt. Beim Überqueren musste der Junge einem ausparkenden Pkw ausweichen, der unmittelbar danach an dem Jungen vorbeifuhr.

Durch dieses Verkehrsgeschehen war er offenkundig überfordert. Er machte sich spontan schmal, um dem Auto auszuweichen. Dabei blieb er jedoch mit dem Lenker eines der Kickboards an einem geparkten Auto hängen. Dadurch entstand ein längerer Kratzer am Lack des Fahrzeugs. Der Halter des Pkw verklagte die Eltern des Kindes auf Zahlung von Schadenersatz. Doch damit hatte er keinen Erfolg.

Typische Überforderungssituation

In seiner Urteilsbegründung verwies das Münchener Amtsgericht den Kläger auf Paragraf 828 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Hier heißt es: „Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.“

Nach Ansicht des Gerichts habe der Gesetzgeber mit diesem Gesetz Kinder dieses Alters in denjenigen Fällen von der Haftung freistellen wollen, in denen sich eine typische Überforderung des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs realisiert hat.

Rechtskräftig

Zwar habe der Bundesgerichtshof in einem anderen Gerichtsfall (Urteil Az.: VI ZR 335/03) bejaht, dass bereits Kinder ab sieben Jahren bei der Beschädigung geparkter Fahrzeuge haften. Denn im ruhenden Verkehr verwirklichten sich gerade nicht die besonderen von Kraftfahrzeugen ausgehenden Gefahren, die ein Kind überfordern könnten. Diese Ausnahmeregelung sei jedoch auf den Fall des Siebenjährigen nicht anwendbar.

Denn zu dem Schadenereignis sei es gekommen, weil er einem anderen fahrenden Kraftfahrzeug ausgewichen sei. „Die Fähigkeit, Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich entsprechend dieser Gefahren zu verhalten, war vorliegend relevant, anders als bei einem Unfall allein im ruhenden Verkehr“, so das Gericht. Der Kläger geht daher leer aus. Nach Zurückweisung der durch den Kläger eingelegten Berufung ist das Urteil rechtskräftig.

Kostenschutz und Abwehr unberechtigter Forderungen

Übrigens, Eltern haften für Schäden, die ihr Kind zum Beispiel im Rahmen eines Verkehrsunfalles anrichtet, nur, wenn sie ihre Aufsichtsplicht verletzt haben. Eine bestehende Privathaftpflicht-Versicherung bietet für die ganze Familie einen mehrfachen Schutz. Denn zum einen sind in einer solchen Police nicht nur die Eltern, sondern auch deren minderjährige oder sich noch in der Ausbildung befindliche Kinder versichert.

Zum anderen: Richtet das Kind einen Schaden an, für den es selbst oder die Eltern haften müssen, leistet die Versicherung den entsprechenden Schadenersatz. Eine solche Police wehrt aber auch – wie im genannten Fall – ungerechtfertigte oder überhöhte Forderungen ab. Sollte dazu ein Rechtsstreit notwendig sein, trägt der Privathaftpflicht-Versicherer beispielsweise die dabei anfallenden Prozesskosten.

Kostenübernahme aus moralischen Gründen

Hat ein Kind, das nach dem Gesetz wegen seines Alters gemäß Paragraf 828 BGB als deliktunfähig gilt, einen Schaden verursacht und haben zudem auch die Eltern nicht ihre Aufsichtspflicht verletzt, geht der Geschädigte leer aus. In vielen Fällen, zum Beispiel wenn dabei ein Nachbar oder ein Bekannter geschädigt wurde, sehen sich die Eltern moralisch verpflichtet, den verursachten Schaden zu begleichen.

Daher kann man in einigen Privathaftpflichtpolicen – teils gegen Aufpreis – Schäden von deliktunfähigen Kindern bis zu einer bestimmten Höhe mitversichern. Besteht ein solcher Einschluss übernimmt die Privathaftpflichtpolice einen solchen Schaden maximal bis zur vereinbarten Höhe, auch ohne dass das Kind oder die Eltern aber rechtlich zum Schadenersatz verpflichtet wären.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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