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Wenn die Kranken­kasse die Leis­tung ver­weigert

24.07.2017

Die Errungenschaften moderner Technik können unter anderem Blinden das Leben erleichtern. Mit der Frage, ob Patienten bei der Anschaffung eines neuartigen Hilfsmittels mit der Unterstützung ihrer Krankenkasse rechnen können, hatte sich kürzlich das Koblenzer Sozialgericht zu befassen.

(verpd) Blinde haben einen Anspruch darauf, dass ihre gesetzliche Krankenkasse die Kosten der Anschaffung eines elektronischen Blindenstocks sowie die für dessen Benutzung notwendigen Trainingsstunden übernimmt. Voraussetzung ist lediglich die Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Verordnung. Das hat das Sozialgericht Koblenz in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: S 11 SO 62/15).

Eine Frau war als Erwachsene infolge einer Krankheit erblindet. Nach einer Umschulung arbeitete sie als Masseurin. Im Anschluss an ein entsprechendes Training war sie mithilfe eines Blindenstocks dazu in der Lage, sich selbstständig zu versorgen und ihre Arbeitsstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Die Kosten für den Stock und die Schulung wurden von der gesetzlichen Krankenkasse der Klägerin übernommen.

Weil die Klägerin trotz des Stocks nur Hindernisse wahrnehmen konnte, die sich in unmittelbarer Bodennähe befanden, hatte sie sich jedoch schon häufiger verletzt.

Wann ist man ausreichend versorgt?

Für Abhilfe sollte ein neuartiger Laser-Langstock sorgen. Denn dieser Stock ist dazu in der Lage, mittels eins Laserstrahls auch Hindernisse zu erfassen und vor ihnen durch Vibration zu warnen, die sich im Kopf- und Brustbereich des Benutzers befinden.

So können zum Beispiel auch herabgelassene Hebebühnen von Lastkraftwagen, tief hängende Äste und Werbeschilder sowie sonstige Hindernisse oberhalb der Hüfte des Benutzers erfasst werden. Das ist mit einem herkömmlichen Blindenstock nicht möglich.

Doch obwohl ihr der Laser-Langstock von ihrem Arzt verordnet wurde, weigerte sich die Kasse der Klägerin, die Kosten für dessen Anschaffung zu übernehmen. Sie war der Meinung, dass die Versicherte mit einem einfachen Blindenstock ausreichend versorgt sei. Zu Unrecht, urteilte das Koblenzer Sozialgericht. Es gab der Klage der Frau auf Übernahme der Anschaffungskosten für den Stock sowie der Kosten für zehn Trainingsstunden statt.

Erhebliche Vorteile

Das Gericht zeigte sich davon überzeugt, dass ein Laser-Langstock erhebliche Gebrauchsvorteile gegenüber einem herkömmlichen Blindenstock hat. Denn könnte die Klägerin Hindernisse, die sich in Kopf-, Schulter- und Hüfthöhe befinden, nicht wahrnehmen, sei die Gefahr auch schwererer Verletzungen vorprogrammiert.

Ein Laser-Langstock biete daher nicht nur einen höheren Komfort, sondern einen zusätzlichen wesentlichen Gebrauchsvorteil, welcher der Klägerin nicht vorenthalten werden dürfe. Denn sie benötige das Hilfsmittel, um möglichst unfallfrei ihrer Beschäftigung nachzugehen, soziale Kontakte zu pflegen und ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Nach Überzeugung des Gerichts kann sich ihre Krankenkasse daher nicht darauf berufen, dass die Versorgung mit einem herkömmlichen Blindenstock ausreicht.

Kostenschutz vor einem Sozialgericht

Wie der Fall zeigt, kann es durchaus sinnvoll sein, sich gerichtlich gegen die Entscheidung eines Sozialversicherungs-Trägers – im geschilderten Fall war es eine gesetzliche Krankenkasse – zu wehren. Zwar sind Verfahren vor einem Sozialgericht hinsichtlich der Gerichtskosten und einschließlich der gerichtlich eingeholten Gutachten für die in der Sozialversicherung Versicherten, für die Leistungsempfänger und für behinderte Menschen kostenlos.

Jedoch muss man die Rechtsanwaltskosten, sofern man den Gerichtsprozess verloren oder einem Vergleich zugestimmt hat, in der Regel selbst übernehmen. Um auch dieses Kostenrisiko zu vermeiden, hilft eine Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung. Eine derartige Rechtsschutz-Police übernimmt im Streitfall unter anderem die Anwaltskosten bei einem Sozialgerichtsstreit, wenn Aussicht auf Erfolg besteht und vorab eine Leistungszusage durch den Rechtsschutzversicherer erteilt wurde.

Eine solche Police zahlt aber auch bei zahlreichen anderen Auseinandersetzungen wie beim Einklagen von Schadenersatz und Schmerzensgeld sowie beim Streit mit dem Arbeitgeber die anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten. Übrigens: Eine private Krankenzusatz-Police für gesetzlich Krankenversicherte übernimmt je nach Vereinbarung auch ganz oder teilweise die Mehrkosten für Medikamente, Zahnersatz, Zahnreinigung und/oder Hilfsmittel wie Brillen, welche die gesetzliche Krankenkasse nur anteilig oder gar nicht zahlt.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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