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Ver­spä­te­te Krank­schrei­bung nach Kli­nik­auf­ent­halt

19.06.2017

Ob ein Arbeitnehmer, der aus dem Krankenhaus entlassen wurde und weiterhin arbeitsunfähig ist, den Krankengeldanspruch verliert, nur, weil sein Hausarzt aufgrund ungünstiger Sprechzeiten eine erforderliche Krankschreibung nicht zeitnah ausschreiben kann, zeigt ein Gerichtsurteil.

(verpd) Um im Anschluss an einen Klinikaufenthalt den Anspruch auf Zahlung von Krankengeld durch eine gesetzliche Krankenkasse nicht zu verlieren, reicht es aus, wenn zunächst ein Klinikarzt die fortlaufende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat. Das hat das Sozialgericht Leipzig entschieden (Az.: S 22 KR 75/16).

Eine Frau war nach der stationären Behandlung mehrerer schwerer Verletzungen an einem Freitag aus dem Krankenhaus entlassen worden. Der behandelnde Klinikarzt bescheinigte ihr, dass sie voraussichtlich noch für die nächsten fünf Monate arbeitsunfähig sein werde. Er entließ sie mit der Auflage, sich schnellstmöglich ihrem Hausarzt vorzustellen.

Ungünstige Sprechzeiten

Wegen der ungünstigen Sprechzeiten des Hausarztes erhielt sie dort jedoch erst am folgenden Dienstag einen Termin. Bei diesem wurde ihr rückwirkend ab dem Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus ihre fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.

Das Verlangen der Frau, ihr weiterhin Krankengeld zu zahlen, wurde von ihrer gesetzlichen Krankenkasse jedoch abgelehnt. Begründung: Der Anspruch auf Krankengeld ist in Paragraf 46 Satz 2 SGB V (Fünftes Sozialgesetzbuch) geregelt. Ein Krankengeldanspruch bestehe nur jeweils bis zu dem Tag, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt werde – und wenn diese Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolge.

Die Feststellung der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit der Betroffenen durch ihren Hausarzt sei jedoch nicht am nächsten Werktag nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, also am Montag, sondern erst am Dienstag erfolgt. Auch die rückwirkende Krankschreibung durch den Hausarzt ändere daran nichts. Wegen der verspäteten hausärztlichen Feststellung sei der Krankengeldanspruch im Übrigen auch für die noch folgenden 74 Wochen erloschen.

Keine besondere Form erforderlich

Die Frau klagte gegen die Ablehnung vor Gericht. Das Leipziger Sozialgericht schloss sich der Begründung der Krankenkasse nicht an. Es gab der Klage der gesetzlich Krankenversicherten auf eine durchgängige Zahlung des Krankengeldes statt. Nach Ansicht des Gerichts bedarf es in Fällen einer unstreitigen Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten lediglich einer ärztlichen Feststellung, ohne dass hierfür eine besondere Form erforderlich wäre.

Im Fall der Klägerin sei es daher ohne Belang, dass durch den Klinikarzt, der im Übrigen nicht über eine Kassenzulassung verfüge, keine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit in Form eines „Krankenscheins“ erfolgt sei.

Für den Anspruch auf Krankengeld sei es auch nicht entscheidend, dass sich die Klägerin wegen der Terminschwierigkeiten der Praxis ihres Hausarztes nicht, wie im Gesetz gefordert, schon am nächsten Werktag dort vorstellen konnte. Die durch den Klinikarzt getroffene Feststellung der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin wirke vielmehr fort.

Einkommenseinbußen im Krankheitsfall

Prinzipiell gilt: Arbeitnehmer, die wegen einer Krankheit oder eines Unfalles nicht arbeitsfähig sind, haben gemäß dem Entgeltfortzahlungs-Gesetz (EntgFG) einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber für sechs Wochen beziehungsweise 42 Kalendertage den Lohn weiter an sie auszahlt. Ist ein gesetzlich krankenversicherter Arbeitnehmer wegen derselben Krankheit innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank, erhält er ein Krankengeld von seiner Krankenkasse für maximal 78 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit.

Wenn die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der gleichen, nicht ausgeheilten Krankheit mehrmals auftritt, wird das Krankengeld maximal für 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gezahlt. Das Krankengeld ist niedriger als der bisherige Lohn. Gezahlt werden nämlich 70 Prozent des Bruttolohns, höchstens jedoch 90 Prozent des Nettoeinkommens. Für die Höhe des Krankengeldes wird zudem maximal das Einkommen bis zur Beitragsbemessungs-Grenze (monatlich 4.350 Euro in 2017) berücksichtigt. Das Gehalt oberhalb dieser Grenze wird bei der Krankengeldberechnung nicht miteinbezogen.

Gesetzlich Krankenversicherte müssen daher bei längeren Krankheitszeiten, also nach der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, mit Einkommensausfällen rechnen. Denn das als Lohnersatzleistung von der Krankenkasse gezahlte gesetzliche Krankengeld ist geringer als das bisherige Nettogehalt. Insbesondere, wer ein hohes Gehalt hat, muss hier mit erheblichen Einkommenseinbußen rechnen, die sich jedoch mit einer privaten Krankentagegeld-Versicherung verhindern lassen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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