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Job­kün­di­gung nach Bei­nahe-Un­fall

18.07.2016

Ein Arbeitnehmer, der beruflich mit dem Dienstfahrzeug unterwegs ist, sollte sich an die Verkehrsregeln halten, anderenfalls kann das nicht nur ein Bußgeld und den Führerschein, sondern auch den Job kosten, wie aus einem Gerichtsurteil abzuleiten ist.

(verpd) Wenn ein Arbeitnehmer mit seinem Dienstwagen so fährt, dass er eine Gefährdung des Straßenverkehrs darstellt, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Allerdings muss eine Interessenabwägung darüber vorgenommen werden, ob dies im Einzelfall angemessen ist. So lautet der Tenor eines Urteils der 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Az.: 5 Sa 176/15).

Eine Frau arbeitete als Pflegekraft bei einem Pflegedienst. Um zu den Patienten fahren zu können, bekam sie ein Dienstfahrzeug gestellt, das mit dem Slogan des Unternehmens beschriftet war.

Bereits im Jahr 2014 hatte die Frau einen Unfall verursacht und war außerdem gegen eine Mauer gefahren. Anfang 2015 berichtete ein Zeuge des Unternehmens, dass es auf dem Weg zu einer Patientin erneut zu einem „Beinahe-Unfall“ gekommen war, weil sich die Pflegekraft verkehrswidrig verhalten hatte.

Streit über Abrechnung

Als die Pflegekraft darauf angesprochen wurde, zeigte sie sich völlig uneinsichtig. Einige Tage später reichte sie ihre fristgemäße Kündigung ein und meldete sich drei Wochen arbeitsunfähig. Drei Tage nach der Kündigung kündigte der Pflegedienst das Arbeitsverhältnis seinerseits fristlos und schickte der Pflegekraft eine Gehaltsabrechnung, bei der sie noch ausstehende Zahlungen mit einem hohen Abzug für Minusstunden verrechnete.

Die fristlose Kündigung begründete das Unternehmen damit, dass es zu der Tätigkeit der Frau gehöre, sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen, um zu den Patienten fahren zu können. Ihr Fehlverhalten auf diesem Gebiet zeige eine fehlende Zuverlässigkeit und mangelnde Eignung für die Tätigkeit bei dem Unternehmen.

Fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt

Dagegen legte die Pflegekraft Klage vor dem Arbeitsgericht ein. Dieses gab ihr in vollem Umfang statt und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung, sondern durch die Eigenkündigung der Klägerin beendet worden sei. Deshalb stünden ihr auch die Bezüge in voller Höhe zu.

Straßenverkehrs-rechtliche Pflichten seien allenfalls Nebenpflichten im Rahmen der ambulanten Pflegetätigkeit gewesen. Es sei nicht Aufgabe des Arbeitgebers, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr zu verfolgen.

Der Pflegedienst legte dagegen Berufung vor dem Landesarbeitsgericht ein. Zusätzlich zu den bereits angeführten Argumenten wies die Firma darauf hin, dass sie eine Ersatzkraft einstellen müsse, falls einer Pflegekraft der Führerschein entzogen würde. Außerdem habe die Klägerin nach dem Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit ihre Arbeitskraft nicht wieder angeboten.

Auch Nebenpflichten zählen

Das Landesarbeitsgericht schloss sich dem Urteil des Arbeitsgerichts an und wies die Berufung zurück. Grundsätzlich könne eine Gefährdung des Straßenverkehrs mit dem Dienstfahrzeug des Arbeitgebers als vertragliche Nebenpflicht durchaus ein Grund zur fristlosen Kündigung sein.

Allerdings müsse dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Die fristlose Kündigung könne nur das letzte Mittel sein, um auf Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zu reagieren. Der Regelfall müsse die ordentliche Kündigung sein.

Im konkreten Fall wäre zudem zunächst eine Abmahnung angemessen gewesen. Deshalb ende das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt, der in der ordentlichen Eigenkündigung der Klägerin angegeben war. Auch die Zahlungsansprüche wurden ihr in voller Höhe zugesprochen. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.

Wenn der Chef voreilig handelt

Die Rechtsprechung zeigt, dass man sich auch mit einem Dienstwagen oder bei beruflichen Fahrten lieber an die Verkehrsregeln halten sollte, um nicht Schwierigkeiten mit seinem Arbeitgeber zu bekommen. Doch eine voreilige fristlose Kündigung des Arbeitgebers muss man nicht hinnehmen.

Da aber bei einem Arbeitsrechtsstreit in der ersten Instanz Arbeitgeber und Arbeitnehmer unabhängig vom Ergebnis die eigenen Rechtsanwaltskosten selbst zu tragen haben, ist es wichtig einen Kostenschutz zu haben, um nicht aus finanziellen Gründen auf sein Recht verzichten zu müssen.

Eine bestehende Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung hilft hier weiter. Sie übernimmt im Versicherungsfall die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, wenn der Versicherer vorab eine Leistungszusage erteilt hat.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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