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Vertrieb steht un­ter enor­men Kos­ten­druck

27.10.2016

Deutschland leidet nicht an Altersreichtum, sondern an Altersarmut, so die Botschaft führender Lebensversicherer auf der DKM. Die Megaaufgabe, das Altersvorsorgedefizit zu heben, wird die Branche grundlegend verändern.

Versicherer stehen aufgrund der Zinskrise stark unter Kostendruck. Effizientere Verwaltung über digitale interne und externe Kommunikation sowie Provisionssenkungen sollen Altersvorsorge wieder attraktiv machen. Zwar will sich die Branche nicht „neu erfinden“, doch der Wandel in den nächsten Jahren dürfte extrem sein. Gleichzeitig wollen die Versicherer ihren Kunden eine neue Balance zwischen Risiko und Chance bei der Altersvorsorge vermitteln. Das sind die wichtigsten Botschaften einer Diskussionsrunde auf der DKM.

„Die positive Botschaft ist, dass die Potenziale für die Altersvorsorge groß sind“, sagte Markus Faulhaber, Vorsitzender des Vorstands der Allianz Lebensversicherungs-AG auf einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion auf der 20. Deckungskonzeptmesse DKM.

Andreas Eurich (Bild: Schmidt-Kasparek)
Andreas Eurich (Bild: Schmidt-Kasparek)

Aktuell gebe es beim Marktführer eine sehr lebhafte Nachfrage nach Vorsorgeprodukten. „Deutschland leidet nicht an Altersreichtum, sondern an Altersarmut“, stellte gleichzeitig Karsten Eichmann, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Versicherungen fest.

Digitale Newcomer ohne durchschlagende Idee

Große digitale Player wie Google werden nach Einschätzung der Versicherungsvorstände in den nächsten Jahren nicht in den Kernbereich der Versicherer eindringen. „Einige Versuche, die Google unternommen hat, sind gescheitert“, stellte Andreas Eurich, Vorstandsvorsitzender der Barmenia Versicherungen fest.

Die neuen Insurtech-Unternehmen würden vor allem die Vertriebsschnittstelle besetzen. Eine durchschlagende innovative Idee, die das Geschäftsmodell der Assekuranzen grundlegend bedrohe, habe noch keines der neuen digitalen Unternehmen gehabt, so der Tenor der Diskutanten.

„Die Schnellen fressen die Langsamen“

Trotzdem müssten die Versicherer und Vermittler auf die Herausforderung neuer Techniken reagieren. Zwar sind alle Experten davon überzeugt, dass der persönliche Vertrieb in der Altersvorsorge auch künftig eine dominante Rolle spielen wird. „Doch der findet woanders statt, nämlich im digitalen Raum“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Axa Konzern AG, Alexander Vollert.

Karsten Eichmann (Bild: Schmidt-Kasparek)
Karsten Eichmann (Bild: Schmidt-Kasparek)

Daher dürfe niemand die starke Digitalisierungstendenz von Versicherern als Abkehr von der persönlichen Beratung verstehen. „Heute fressen nicht mehr die Großen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen“, so Eichmann. Assekuranzen müssten daher, so der Tenor auf dem Podium, mit einer sehr hohen Geschwindigkeit die Endkundenschnittstellen aktualisieren.

Die IT der Gesellschaften müssten dieses Tempo jedoch nicht mittragen, wenn sie offen gegenüber den Kundenschnittstellen sei. Grundsätzlich stehe die Branche unter enormen Kostendruck, der alle Bereiche betrifft. Eichmann: „Unsere Industrie lebt von der Zinsmarge, und weil die schmilzt, ist der Kostendruck da“.

Provisionen werden gesenkt

Einig waren sich alle Vorstände, dass neben den Verwaltungskosten auch die Vertriebskosten weiter gesenkt werden müssen. Konkrete Angaben zur Höhe der Absenkungen machte aber keiner der Unternehmensleiter. Gothaer-Chef Eichmann appellierte an die Branche, dass sie von sich aus die Vertriebsprovisionen senke, damit es nicht zu einer politisch gesteuerten Deckelung kommt.

Gemeinsam mit den Vermittlern will Allianz-Chef-Faulhaber über neue digitale Kommunikation Kosten senken. Hier sei die betriebliche Altersversorgung erheblich besser aufgestellt. Im Vergleich zur privaten Vermittlung gebe es eine Kosteneffizienz von 50 Prozent.

Vermittler müssen in digitale Welt

Markus Faulhaber (Bild: Schmidt-Kasparek)
Markus Faulhaber (Bild: Schmidt-Kasparek)

Deutlich wurde in der Diskussion vor allem, dass Vermittler, die sich nicht in die digitale Welt begeben, künftig kaum noch wettbewerbsfähig sein dürften. Das gilt aber in gleichem Maße für die Assekuranzen selbst. So gebe es eine deutliche Veränderung des Kundenverhaltens.

„Der Kunde startet heute im Netz und nicht mehr beim Berater“, so Faulhaber. Daher müssten die Versicherer hier ihre Produkte verständlich darstellen, andernfalls steige der Kunde aus. Einen Vermittler als Erklärer gebe es im Netz nicht mehr.

Nach Meinung von Faulhaber müssten Vorsorgeprodukte heute einfach, fairer und transparent sein. Ob es solche Produkte schon gibt, etwa von der Allianz selbst, ließ der Vorstand offen. Es gebe aber viele „interessante“ Produkte im Markt.

Einig sind sich die Experten zudem, dass sogar die volle Beitragsgarantie ausgedient hat. „Ich gehe davon aus, dass sich die Garantien irgendwo zwischen 60 und 90 Prozent des Beitrags einpendeln werden“, meinte Eichmann. Altersvorsorge ohne jede Sicherheit sei in Deutschland weiterhin kaum verkäuflich.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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