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Regulatorisches Vakuum bei den Versicherungs­beratern

12.10.2017

Wie das zuständige Ministerium zum dem Fehler im IDD-Umsetzungsgesetz steht, welche Schwierigkeiten den Betroffenen drohen und wie das Problem gelöst werden sollte, kommentiert AfW-Vorstand Frank Rottenbacher.

Wegen eines Fehlers des Gesetzgebers stehen Versicherungsberater derzeit ohne Rechtsgrundlage da. Das hat unter Umständen auch Konsequenzen für den Versicherungsschutz. Daher muss der Gesetzgeber seinen Fehler schnellstmöglich korrigieren, fordert AfW-Vorstand Frank Rottenbacher in diesem Gastkommentar.

Frank Rottenbacher (Bild: AfW)
Frank Rottenbacher
(Bild: AfW)

Da hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Versicherungsberater doch glatt einen Fehler gemacht. Bei der Komplexität der Vermittlerregulierung kann das natürlich mal passieren, ärgerlich ist es dennoch.

Was ist passiert?

Die EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie musste in nationales Recht umgesetzt werden. Das ist kurz vor der Sommerpause passiert.

Und bei den Regelungen rund um das Inkrafttreten der einzelnen Regelungen ist der Fehler passiert, den als erstes die Rechtsanwaltskanzlei GPC Law Rechtsanwalts-Gesellschaft mbH publik machte:

Der „alte“ § 34e GewO mit der bekannten Erlaubnisgrundlage für Versicherungsberater wurde mit Verkündung des Gesetzes bereits im Juli 2017 außer Kraft gesetzt.

Dummerweise tritt die Neuregelung für Versicherungsberater aber erst am 23. Februar 2018 in Kraft. Damit befinden sich Versicherungsberater zurzeit in einem regulatorischen Vakuum.

Unklarer Status

Unumstritten dürfte sein, dass zurzeit niemand eine Erlaubnis als Versicherungsberater erhalten kann – es fehlt schlicht die Rechtsgrundlage dafür.

Aus meiner Sicht kann jedoch diskutiert werden, welchen derzeitigen Status die Versicherungsberater haben, die ihre Erlaubnis noch unter dem „alten“ § 34e GewO erhalten haben? Tut man so, als ob der § 34e GewO alter Fassung einfach weiterexistiert oder arbeiten die Versicherungsberater zurzeit ohne Erlaubnis?

Diese Frage ist nicht nur für Juristen spannend. Während die Aufsicht, also die IHKn, in diesem Falle bestimmt nichts unternehmen werden, könnte aber irgendjemand auf die Idee kommen, diese Frage vor einem Gericht zu klären. Das wäre für den betroffenen Versicherungsberater sicher mit Zeit, Kosten und Risiken versehen. Wollen sich die Versicherungsberater diesem Risiko aussetzen?

Einige wollen den Fehler nicht akzeptieren

Was mich an der aktuellen Diskussion rund um diesen handwerklichen Fehler des Gesetzgebers auch auf Facebook irritiert, ist die Tatsache, wie einige Vermittler/Berater diesen Fehler schlicht nicht akzeptieren wollen. Nach dem Motto: „Was nicht sein darf, nicht sein kann.“

Da wird selbst einem Experten sowie dem Ministerium die Kompetenz zur Interpretation des eigenen Gesetzes beziehungsweise des eigenen Fehlers abgesprochen. Und noch weiter: es wird auch billigend ein Verstoß gegen die Gewerbeordnung in Kauf genommen.

Fakt ist: Der § 34e GewO alter Fassung ist außer Kraft gesetzt und die Neuregelung der Versicherungsberater in § 34d GewO neuer Fassung, siehe Bundesgesetzblatt (PDF-Datei, 152 KB), gilt noch nicht. Auch die Übergangsregelung gemäß § 156 Absatz 1 GewO neuer Fassung ist noch nicht in Kraft.

Ministerium hat fehlende Rechtsgrundlage bestätigt

Beides geht aus einem Artikel des Ministerialdirigenten a.D. Ulrich Schönleiter in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Das Gewerbearchiv“ hervor.

Dieser Fakt wurde mir zusätzlich auch persönlich aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) bestätigt. Allein der Umstand, dass sich Schönleiter als ehemaliger Ministerialdirigent des Ministeriums veranlasst sah, einen solchen Artikel zu schreiben, verdeutlicht den Ernst der Lage.

Herr Schönleiter benennt das Problem daher wie Rechtsanwalt Oliver Korn von der GPC Law. Zwar bietet Herr Schönleiter eine Lösung in Form einer komplizierten Auslegung des Gesetzes an. Doch diese ist streitbar und nicht hundertprozentig sicher.

Erloschene Erlaubnisse leben nicht automatisch wieder auf

Und nun male ich mal den Teufel an die Wand: Wenn der unbestrittene Wegfall der Rechtsgrundlage auch noch dazu geführt haben sollte, dass die bestehenden Erlaubnisse der Versicherungsberater erloschen sind, dann leben diese auch zum 23. Februar 2018 nicht wieder auf.

Denn die Übergangsvorschrift aus § 156 Absatz 1 GewO neuer Fassung, an die sich viele derzeit klammern, setzt das Bestehen der alten Erlaubnisse voraus!

Sollten diese also erloschen sein, müssten auch diese „alten“ Versicherungsberater neue Erlaubnisse beantragen. Andernfalls handeln diese im nächsten Jahr ohne Erlaubnis.

Versicherungsschutz ist nicht sicher

Und auch der Versicherungsschutz der Versicherungsberater erscheint mir nicht sicher.

So rät Torsten Rehfeldt, Geschäftsführer der John & Rehfeldt Versicherungsmakler GmbH: „Bei Versicherern, die in der Police und den Bedingungen den 34e benennen, sollte nachgefragt werden.“ Nur wenn der Bezug zu dem Paragraphen fehle, sei die Deckungsbestätigung des Versicherers entbehrlich.

Die Versicherungs-Bestätigungen für die IHKn sind nach Rehfeldts Ansicht zwar nun hinfällig und falsch, aber das allein entlasse einen Versicherer nicht aus der Leistungsverpflichtung.

Durch Gesetzeskorrektur Rechtssicherheit schaffen

Der Gesetzgeber muss aus meiner Sicht daher zu seinem Fehler stehen und ihn schnellstmöglich korrigieren.

Statt denjenigen, die diese Sachlage beschreiben, „Nebelkerzen der Provisionslobby“ vorzuwerfen, sollten sich die Interessenvertreter der Versicherungsberater lieber für eine zeitnahe Gesetzeskorrektur engagieren. So würde klare Rechtssicherheit geschaffen.

Auf eine bloße Auslegung zu bauen, entspricht dagegen dem Prinzip Hoffnung. Denn dass Gerichte Gesetze auch anders auslegen können als erwartet, ist eine bekannte Tatsache.

Frank Rottenbacher

Der Autor ist Vorstand des AfW Bundesverbands Finanzdienstleistung e.V. und der Going Public! Akademie für Finanzberatung AG.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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