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Haf­tungs­fra­ge nach Crash zwi­schen Fuß­gän­ger und Bi­ker

20.06.2017

Ein Fahrradfahrer hatte einen sogenannten Fahrradschutzstreifen entgegen der zulässigen Fahrtrichtung befahren. Dabei kollidierte er mit einem Fußgänger. Anschließend stritt man sich vor Gericht um die Schuldfrage.

Befährt ein Fahrradfahrer einen sogenannten Fahrradschutzstreifen entgegen der zulässigen Fahrtrichtung und kollidiert dabei mit einem den Streifen überquerenden Fußgänger, ist er in der Regel allein für die Folgen des Unfalls verantwortlich. Das geht aus einem gestern veröffentlichten Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt/ Main vom 9. Mai 2017 hervor (4 U 233/16).

Der Beklagte war in der belebten Frankfurter Innenstadt mit seinem Fahrrad in einer Einbahnstraße auf einem sogenannten Fahrradschutzstreifen unterwegs. Dabei fuhr er entgegen der zulässigen Fahrtrichtung.

Bei dem Versuch, den Schutzstreifen als Fußgänger zu überqueren, wurde der Kläger von dem Beklagten angefahren und niedergerissen. Die Unfallbeteiligten gaben anschließend zu Protokoll, den jeweils anderen vor dem Unfall nicht wahrgenommen zu haben.

Wegen der bei seinem Sturz erlittenen Verletzungen verklagte der Kläger den Fahrradfahrer auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld. Das begründete er damit, dass er nicht damit habe rechnen müssen, dass der Beklagte den Schutzstreifen entgegen der zulässigen Fahrtrichtung befuhr. Angesichts des erhöhten Fußgängeraufkommens sei dessen Geschwindigkeit mit zehn bis zwölf km/h außerdem zu hoch gewesen.

Gesteigerte Sorgfaltspflicht

Dieser Argumentation schlossen sich sowohl das in erster Instanz mit dem Fall befasste Frankfurter Landgericht als auch das Oberlandesgericht der Stadt am Main an. Beide Gerichte gaben der Klage statt.

Nach Meinung der Richter hat der beklagte Radfahrer gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, als er den Fahrradschutzstreifen entgegen der Fahrtrichtung befuhr. Ein derartiges Verhalten löse eine gesteigerte Sorgfaltspflicht aus, was bedeute, dass der Beklagte insbesondere auf von aus seiner Sicht von links kommende Fußgänger hätte achten müssen, welche die Einbahnstraße überqueren wollten.

Denn diese hätten nicht mit verbotswidrig von rechts kommenden Radfahrern rechnen müssen. Das gelte insbesondere, weil in der Einbahnstraße von dort auch nicht mit Autofahrern zu rechnen war.

Keine Privathaftpflicht-Versicherung

Unabhängig davon sei der Beklagte in der konkreten Situation zu schnell unterwegs gewesen. Denn selbst bei einer Geschwindigkeit von nur zehn bis zwölf km/h sei eine Gefährdung insbesondere älterer Menschen nicht auszuschließen gewesen.

Den Kläger treffe jedoch trotz allem ein Mitverschulden in Höhe von zehn Prozent. Denn dieser habe die Straße nur acht Meter entfernt von einem Fußgängerüberweg überquert.

Die Richter verurteilten den Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von 5.000 Euro. Er muss dem Kläger außerdem seine zusätzlichen durch den Unfall entstandenen Aufwendungen ersetzen. Da er über keine Privathaftpflicht-Versicherung verfügt, ist er persönlich für die Unfallfolgen haftbar.

Das Urteil ist rechtskräftig. Denn der Beklagte hat seine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil nach dem Hinweisbeschluss des Frankfurter Oberlandesgerichts zurückgenommen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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