Von den über 90 in Deutschland aktiven Gesellschaften hat mehr als ein Viertel auch oder ausschließlich provisionsfreie Tarife im Programm. In der Schadenversicherung ist die Auswahl kleiner. Ob beziehungsweise wie viel günstiger die Verbraucher mit diesen Policen fahren, hängt auch von der Höhe des Beratungs- oder Vermittlungshonorars ab.
Mit der Umsetzung der EU-Vertriebsrichtlinie IDD in deutsches Recht möchte der Gesetzgeber die Vermittlung gegen Honorar fördern. Bevorzugt sollen die Versicherer dafür entsprechende Tarife anbieten, die provisionsfrei kalkuliert sind.
Die tatsächlichen Kosten hängen vom Vermittler ab
Von den über 80 deutschen Lebensversichern sowie den hierzulande tätigen ausländischen Anbietern haben bereits etliche Gesellschaften auch oder ausschließlich sogenannte Nettopolicen im Programm.
Das sind Tarife, in die keine Vermittlungsprovisionen oder gar keine Vertriebskosten einkalkuliert sind. Sie werden von Vermittlern und Versicherungsberatern empfohlen, die sich ihre Dienstleistung schon heute direkt vom Kunden vergüten lassen.
Da diese Vergütung unterschiedlich hoch sein kann, lässt sich durch den Tarifvergleich allein nicht feststellen, ob überhaupt – und wenn ja – wie viel günstiger Nettotarife für den Verbraucher sind. Im Einzelfall fallen die verlangten Vermittlungskosten mit fast acht Prozent der Beitragssumme vergleichsweise hoch aus.
Kostenentlastung fällt unterschiedlich hoch aus
Wie stark Nettopolicen selbst mit Kosten belastet sind, kann deutlich auseinander liegen. Dadurch fällt die Leistungsdifferenz zwischen Brutto- und Nettopolicen bei den einzelnen Versicherern sehr unterschiedlich aus, das zeigt zum Beispiel der Map-Report Nummer 886 – „Fondspolicen-PI-Rating deutscher Lebensversicherer“.
Die dort verglichenen Effektivkostensätze waren im günstigsten Fall bei Nettopolicen um 52 Prozent niedriger. Im ungünstigsten Fall betrug die Differenz nur 23 Prozent.
Versicherer | Bruttopolice * | Nettopolice * | Differenz * |
---|---|---|---|
* In Prozent. Quelle: Map-Report 886, eigene Berechnung. | |||
Interrisk | 1,47 | 0,71 | 51,70 |
Vorsorge | 1,90 | 1,03 | 45,79 |
Neue Bayerische Beamten | 1,46 | 0,82 | 43,84 |
Canada Life | 1,86 | 1,23 | 33,87 |
Continentale | 2,12 | 1,54 | 27,36 |
Alte Leipziger | 1,78 | 1,33 | 25,28 |
LV 1871 | 2,35 | 1,77 | 24,68 |
Condor | 2,20 | 1,66 | 24,55 |
Ergo | 2,13 | 1,64 | 23,00 |
In der Praxis macht das einen Unterschied von vielen Tausend Euro in der Kapitalabfindung aus.
Auch im Map-Report Nummer 890 – „Biometrie-Rating deutscher Lebensversicherer“ sind neben den Standardtarifen die Netto-Beispiele aufgeführt, soweit diese von den Versicherern genannt wurden. Das betrifft hier die Risikolebens- und die Berufsunfähigkeits-Versicherung.
Echte und unechte Nettotarife
Dass der Vorteil der Nettotarife teilweise vergleichsweise klein ist, läge an „unechten Nettotarifen“, erklärt Wilfried E. Simon, erster stellvertretender Vorsitzender der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM):
„Nettotarife, bei denen nur die Courtagen rausgerechnet sind, sind Mogelpackungen“. Es müssten auch die internen Kosten eliminiert werden, die beim vergütungslosen Vertrieb entfielen, zum Beispiel die für Courtageabrechnungen und das Führen von Provisionskonten.
Zu den angemessenen Konditionen in der Lebensversicherung im Vergleich zu Provisionstarifen sagte Simon: „Echte Nettopolicen müssen fünf bis sieben Prozent billiger sein“.
Angebot an Nettotarifen nimmt zu
Nach Erkenntnissen des Instituts für Versicherungs-Wissenschaft an der Universität Köln und der Fachhochschule Dortmund ist der Anteil der provisionsfreien Tarifen am Neugeschäft in den letzten Jahren nicht gestiegen.
Dennoch hat sich laut der Untersuchung zum „Nettotarifangebot deutscher Versicherungs-Unternehmen“ (PDF-Datei, 432 KB) das entsprechende Angebot erhöht. Von den befragten Lebensversicherern hatten 17 angegeben, auch die provisionsfreie Nachfrage zu bedienen.
Tatsächlich sind mehr als zwei Dutzend Lebensversicherer in dem Marktsegment präsent:
- Alte Leipziger Lebensversicherung a.G.,
- Arag Lebensversicherungs-AG,
- Atlanticlux Lebensversicherung S.A.,
- Axa Lebensversicherung AG,
- Basler Lebensversicherungs-AG,
- Canada Life Assurance Europe plc (CLE),
- Cardif Lebensversicherung, Zweigniederlassungen für Deutschland der Cardif Assurance Vie S.A.,
- Condor Lebensversicherungs-AG,
- Continentale Lebensversicherung AG,
- Ergo Lebensversicherung AG,
- Europa Lebensversicherung AG,
- Ideal Lebensversicherung a.G.,
- Inter Lebensversicherung AG,
- Interrisk Lebensversicherungs-AG Vienna Insurance Group,
- Lebensversicherung von 1871 a.G.,
- Mylife Lebensversicherung AG,
- Neue Bayerische Beamten Lebensversicherung AG,
- Prismalife AG,
- Provinzial Nordwest Lebensversicherung AG,
- Saarland Lebensversicherung AG,
- Standard Life Versicherung Zweigniederlassung Deutschland der Standard Life Assurance Limited,
- Stuttgarter Lebensversicherung a.G.,
- Volkswohl Bund Lebensversicherung a.G.,
- Vorarlberger Landes-Versicherung VaG,
- Vorsorge Lebensversicherung AG und
- WGV Lebensversicherung AG.
Zugang über Pools und Dienstleister
Im Vergleich zur Leben-Sparte sind Nettotarife in der Krankenversicherung so gut wie nicht vorhanden. In der Schadenversicherung hat etwa ein Dutzend Gesellschaften provisionsfreie Policen im Programm.
Eine Liste dieser Anbieter ist im VersicherungsJournal-Dossier „Dienstleister für Honorarberater“ enthalten.
Auf den Zugang zu Nettotarifen haben sich einige Dienstleister spezialisiert, die ihr Angebot auf Honorarberater zugeschnitten haben. In dem Dossier haben unter anderem Confee AG, Honorarkonzept GmbH und VDH GmbH zumindest einen Teil ihrer Kooperationspartner in den Zweigen Leben und Schaden genannt.