Open Nav Beratung anfordern

Haftungs­frage nach Crash bei Park­ma­növer

19.07.2016

Ein Autofahrer hatte zum Überholen eines einparkenden Fahrzeugs die durchgezogene Linie überfahren und war beim Wiedereinscheren mit dem ausparkenden Auto kollidiert. Die Schuldfrage konnte erst vor Gericht geklärt werden.

Unabhängig von einem nicht beweisbaren Mitverschulden der Gegenseite trägt derjenige zu 100 Prozent die Verantwortung an einem Unfall, der eine durchgezogene Linie überfahren hat. Dies hat das Landgericht Heidelberg in einem Urteil vom 27. April 2016 entschieden (1 S 42/15).

Der als Zeuge auftretende Schwiegersohn des Klägers wollte aus einer Parkbucht herausfahren. Der Fahrer eines anderen Fahrzeugs wollte in die entstehende Lücke einbiegen, hielt an und blinkte rechts. Hinter diesem fuhr die Beklagte. Um das einparkende Fahrzeug zu überholen, überfahr sie die durchgezogene Linie der Fahrbahn. Beim Wiedereinscheren kollidierte sie mit dem Fahrzeug des Zeugen.

Streit um Haftungsverteilung

Grundsätzlich erkannte der Kfz-Haftpflichtsicherer der Beklagten eine Haftungsquote von zwei Dritteln an, die er auch regulierte. Um den verbleibenden Schaden entspann sich ein Rechtsstreit.

Die Beklagte brachte nämlich ein Mitverschulden des zweiten Zeugen, der in die Parkbucht hineinfahren wollte, ins Spiel.

Das Amtsgericht Heidelberg (Urteil vom 28. August 2015, 24 C 230/14) ging von einer Alleinhaftung der Beklagten aus, die sich mit dem Überfahren der durchgezogenen Linie grob verkehrswidrig verhalten habe.

Dagegen legten die Beklagte Berufung ein, hatte aber keinen Erfolg. Das Landgericht Heidelberg sah wie die Vorinstanz ein grobes Verschulden der Beklagten im Überfahren der durchgezogenen Linie. Durch das Verbot, sie zu überfahren, seien auch vom Straßenrand anfahrende Fahrzeugführer geschützt.

Grobes Verschulden

Wenn die Straße an dieser Stelle besonders eng ist, sei dies faktisch ein Überholverbot. Ein Vorausfahrender könne sich darauf verlassen, dass er an dieser Stelle nicht damit rechnen muss, überholt zu werden. Dies treffe auch auf einen Fahrzeugfahrer zu, der von Straßenrand aus in die Straße einfährt.

Ein Mitverschulden des zweiten Zeugen in der Form, dass er seine Rückschaupflicht verletzt haben könnte, sah das Gericht nicht als gegeben an. Auch die allgemeine Betriebsgefahr des Fahrzeugs, die zu Lasten des Klägers angeführt werden könne, treten hinter das erhebliche Verschulden der Beklagten zurück.

Da die Beklagte die durchgezogene Linie offensiv zum Überholen überfahren hat, muss sie nach Ansicht des Gerichts voll haften. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

zurück