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Privat Renten­ver­siche­rte werden zu­nehmend dop­pelt be­steuert

24.05.2016

Die ursprünglich günstige Besteuerung der ungeförderten Leibrenten verkehrt sich gerade ins Gegenteil. Policeninhaber werden gegenüber Banksparern inzwischen immer mehr benachteiligt. Das ließe sich leicht ändern.

Die Besteuerung ungeförderter Leibrenten mit dem Ertragsanteil führt angesichts gesunkener Zinsen dazu, dass über die Erträge hinaus auch das Vertragsvermögen besteuert wird, obwohl das in der Regel bereits schon einmal versteuert worden war. Diese Benachteiligung der Policeninhaber gegenüber Banksparern sollte der Gesetzgeber abstellen.

Die Bezieher von ungeförderten Leibrenten müssen auf den steuerpflichtigen Anteil dieser Zahlungen Einkommensteuer zahlen. Wie viel Einkommensteuer auf den Ertragsanteil zu zahlen ist, hängt vom Alter des Rentenempfängers bei Rentenbeginn und von dessen persönlichem Steuersatz ab.

Claus-Peter Meyer (Bild: Harjes)
Claus-Peter Meyer (Bild: Harjes)

Das Beginn-Alter bestimmt den Ertragsanteil der Rente. Die aktuellen Sätze waren mit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes am Jahresanfang 2005 neu geregelt worden. Danach gilt zum Beispiel für 63-Jährige ein Ertragsanteil von 20 Prozent, für 65-Jährige von 18 Prozent und bei Rentenbeginn mit 67 Jahren von 17 Prozent.

Der Steuersatz richtet sich nach der Summe der steuerpflichtigen Einkünfte und beträgt maximal 45 Prozent plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag, also insgesamt 47,475 Prozent. Das bedeutet bei einem Ertragsanteil von 20 Prozent eine Steuerbelastung zwischen Null und 9,5 Prozent der Rente und bei 18 Prozent bis höchstens 8,6 Prozent, gegebenenfalls zuzüglich Kirchensteuer.

Damit war in der Vergangenheit die Belastung im Vergleich zur Besteuerung von Kapitalerträgen vergleichsweise günstig.

Vorteil verkehrt sich gerade ins Gegenteil

Doch dieser Vorteil verkehrt sich gerade ins Gegenteil, denn der vom Gesetzgeber kalkulierte Ertragsanteil entfernt sich immer mehr von der Realität.

So hat zum Beispiel ein jeweils 63-Jähriger Mann für 50.000 Euro Kapital bis Ende 2015 bei Beginn im Jahr 1996 eine teildynamische Rente von durchschnittlich monatlich noch 310 Euro erhalten. Bei Beginn 2001 sanken die Zahlungen auf 281 Euro und ab 2006 auf nur noch 247 Euro. Das zeigt der Map-Report 883.

Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2015 erhalten Sofortrentner für 50.000 Euro Einzahlung teildynamische Renten zwischen 166 Euro und 212 Euro, im Mittel also 189 Euro. Diese Beispiele sind dem Map-Report 877 entnommen.

Steuerlicher Ertragsanteil entfernt sich von der Realität

Die restliche Lebenserwartung beträgt für 63-Jährige Männer etwa 20 Jahre. Rechnet man die Zahlungen entsprechend hoch, so ergeben sich nach der Formel „(Monatsrente mal zwölf Monate mal 20 Jahre) minus 50.000 Euro Kapital im Verhältnis zum Kapital“ diese „echten“ Ertragsanteile:

  • Beginn 1996: 48,8 Prozent
  • Beginn 2001: 34,9 Prozent
  • Beginn 2006: 18,6 Prozent
  • Beginn 2015: Männer minus 9,3 Prozent, Frauen plus 4,3 Prozent (Durchschnitt minus 6,8 Prozent)

Die Rente mit Beginn 2015 ist ein Unisex-Tarif. Frauen haben 23 Jahre Restlebenserwartung ab 63. Den früheren Tarifbeispielen liegen noch Bisex-Tarife zu Grunde.

Die Verträge mit teildynamischer Gewinnbeteiligung kommen nach den Zahlen des Map-Reports einer konstanten Rentenzahlung am nächsten. Unterstellt man das auch bei den neu abgeschlossenen Sofortrenten, so muss der männliche Neurentner seine statistische Lebenserwartung um zwei Jahre überleben, um einen positiven Ertragsanteil zu erleben. Frauen liegen dagegen leicht im Plus.

Statt Zinsen wird zunehmend das Vermögen besteuert

Im Ergebnis wird mit dem jetzigen Steuersystem beim durchschnittlich langlebigen Rentner ein Ertrag besteuert, der gar nicht erwirtschaftet wird.

Statt Zinsgewinne zu besteuern, wird das Vermögen belastet. Dieses Vermögen wird in der Regel aus dem Einkommen angespart, das bereits über die Einkommensteuer erfasst wurde.

Diese Doppelbesteuerung dürfte vom Gesetzgeber ursprünglich nicht gewollt gewesen sein. Sie hat sich aber durch die Zinsentwicklung zwangsläufig ergeben. Daran hat auch die tendenziell länger werdende Lebenserwartung nichts geändert.

Sparer und Versicherte werden ungleich behandelt

Völlig anders wirkt sich die Zinsentwicklung dagegen auf die Besteuerung der Kapitalanleger aus. Wer sein Vermögen, statt es einer Rentenversicherung anzuvertrauen, in einen Bank-Entnahmeplan investiert, dessen Steuerbelastung verringert sich bei sinkenden Zinsen automatisch.

So zahlt der Bankkunde in 20 Jahren bei ebenfalls 189 Euro monatlicher Auszahlung und einer unterstellten Verzinsung von einem Prozent pro Jahr, insgesamt 6.160 Euro, Abgeltungsteuern und Solidarzuschlag von insgesamt 1.624 Euro.

Der Versicherungsnehmer muss dagegen auf seine Rente im gleichen Zeitraum je nach persönlichem Steuersatz bis zu 21.535 Euro abführen, also ungünstigstenfalls mehr als das Zehnfache.

Nur noch den echten Überschuss besteuern

Diese Benachteiligung der Versicherten ist nicht zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber sollte sie daher abschaffen. Die Bevölkerung ist mit dem niedrigen Zinsniveau schon genug bestraft. Dass der Staat die negativen Folgen seiner Niedrigzinspolitik durch eine ungerechtfertigte Besteuerung noch verstärkt, ist nicht akzeptabel.

Mit dieser Doppelbesteuerung ausgerechnet diejenigen zu belasten, die für ihr Alter selbst vorsorgen und nicht auf die Grundsicherung des Staates setzen, ist zutiefst ungerecht.

Ein Ansatz für eine Neuregelung könnte sein, nicht mehr die gesamte Rentenhöhe, sondern lediglich den bei durchschnittlicher Lebenserwartung entstehenden Überschuss für die Besteuerung heranzuziehen.

Missstand wird ignoriert

Von denjenigen, die es etwas angehen sollte, ist erstaunlicherweise zu dem Thema öffentlich nichts zu hören.

Die Lebensversicherer schweigen ebenso wie ihre Interessenvertretung, der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV). Auch die Berufsverbände der Vermittler haben gegen diesen steuerlichen Missstand noch nicht vernehmbar protestiert.

Von den Verbraucherverbänden und dem Bund der Steuerzahler sind ebenfalls keine diesbezüglichen Aktivitäten bekannt geworden.

Die wären aber wohl nötig, denn von sich aus sind die politischen Parteien und ihre Bundestagsfraktionen offenbar noch nicht auf die Idee gekommen, die inzwischen ungerechten Regeln der Besteuerung der Rentner zu beseitigen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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