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Un­ter­neh­mens-Rechts­schutz: Ri­si­ken nicht aus­rei­chend ge­deckt

28.03.2017

Die Risiken für Unternehmen und Manager werden größer. Ein D&O-Schutz reicht daher oft nicht aus. Was eine ergänzende Rechtsschutzdeckung hier leisten kann, zeigt der Strafrechtsschutz-Experte Heiko Weick in einem Gastbeitrag.

Die strafrechtliche Verfolgung natürlicher Personen ist in Deutschland wahrscheinlicher geworden. Zudem wurden Sanktionsmöglichkeiten verschärft – gegen juristische Personen können jetzt bis zu zehn Millionen Euro Geldbuße verhängt werden. Die damit verbundenen Risiken können durch eine D&O-Versicherung nicht ausreichend abgesichert werden, meint der Strafrechtsschutz-Experte Heiko Weick von Aon Risk Solutions. Anders die ergänzende Spezial-Straf-Rechtsschutz-Versicherung, schreibt er in einem Gastbeitrag.

Die Risiken für Unternehmen sind heute größer denn je. Die rechtlichen Anforderungen für die Unternehmensmanager, zum Beispiel in den Bereichen IT-, Datenschutz-, Steuer- und Kapitalmarktrecht, werden immer höher.

Heiko Weck (Bild: Aon)
Heiko Weck (Bild: Aon)

Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass im Unternehmen Fehler begangen werden. Und die können teuer werden.

Es drohen behördliche Ermittlungen mit gravierenden Folgen: Durchsuchungen, Beschlagnahmen, Untersuchungshaft, negative Publizität und/oder Anklageerhebung. Am Ende können Bußgelder, Gewinnabschöpfungen, Geldstrafen und Freiheitsstrafen stehen.

Spezielle Rechtsschutzdeckung erforderlich

Der Abschluss von Versicherungen ist daher ein wichtiger Bestandteil des unternehmerischen Risikomanagements. Doch die klassische Managerhaftpflicht-Versicherung (D&O) reicht nicht aus, um die zahlreichen Risiken abzudecken.

Der Abschluss einer Spezial-Straf-Rechtsschutz-Versicherung als Instrument der Risikovorsorge und des Krisenmanagements von Unternehmen rückt damit stärker in den Fokus.

Diese spezielle Rechtsschutzdeckung verbindet ihre Kostenversicherungs-Funktion mit verfahrensbegleitenden- und nachgelagerten Dienstleistungen. Sie bietet unter anderem Assistance-, Beratungsdienst- und Serviceleistungen wie forensische Dienstleistungen, des Weiteren eine Strafverteidiger-Hotline, die Vermittlung qualifizierter Strafverteidiger und Gutachter.

Brisanz für deutsche Unternehmen und ihre Manager

In Deutschland gibt es im Bereich des Wirtschafts- und Nebenstrafrechts immer mehr rechtliche Grundlagen für eine strafrechtliche Verfolgung natürlicher Personen. Zusätzlich wurden die Sanktionsmöglichkeiten des Ordnungswidrigkeiten-Gesetzes (OWiG) verschärft.

Gegen juristische Personen wie eine GmbH oder eine AG können jetzt bis zu zehn Millionen Euro Geldbuße bei vorsätzlicher Straftat und bis zu fünf Millionen Euro bei fahrlässiger Straftat verhängt werden.

Dieses gesetzliche Höchstmaß kann sogar überschritten werden, da die Geldbuße ein dem Täter zugeflossenes Entgelt oder seinen eventuellen Gewinn aus der Tat übersteigen soll. Gleiches gilt für die gesetzlichen Vertreter von Unternehmen und deren Führungskräfte im Falle der Verletzung der ihnen obliegenden Aufsichts- beziehungsweise Organisationspflichten.

Beispiel Steuerrecht

Auch ständig steigende Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Unternehmen im Steuerbereich in der EU bergen selbst für die redlichsten Unternehmer große Risiken. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen liegt bereits bei einem Steuerschaden von über 50.000 Euro ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor. Im Falle einer Verurteilung droht nach § 370 AO eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Schon der Anfangsverdacht, dass ein straf- beziehungsweise ordnungswidrigkeits-rechtlich relevantes Verhalten vorliegt, löst staatliche Ermittlungen aus. Bei Betriebsprüfungen schalten die Steuerprüfer dann die Steuerfahndung ein. Ursache für Ermittlungen sind oft auch anonyme Anzeigen von ehemaligen Mitarbeitern oder Mitbewerbern am Markt gegen redliche Unternehmen.

Geeignetes Risikomanagement

Die Spezial-Straf-Rechtsschutz-Versicherung bietet umfassenden Kostenschutz in Straf- und Ordnungswidrigkeits-Verfahren. Versicherungsnehmer ist das Unternehmen. Versicherungsschutz besteht aber für das Unternehmen, deren Organe und für alle Beschäftigten. Der Geltungsbereich ist grundsätzlich weltweit. Mitversichert sind also grundsätzlich alle Niederlassungen und rechtlich selbstständige Tochtergesellschaften mit deren Beschäftigten im In- und Ausland.

Der Versicherungsfall tritt erst mit Einleitung eines Ermittlungsverfahrens beziehungsweise der Anordnung der behördlichen Maßnahme gegen Versicherte ein. Er ist also unabhängig vom tatsächlichen oder behaupteten Tatzeitpunkt. Das hat einen großen Vorteil: Denn dadurch besteht auch bei Vorwürfen, die sich auf Taten vor dem Vertragsschluss beziehen, Versicherungsschutz, wenn das Ermittlungsverfahren nach Vertragsbeginn eingeleitet wird.

Der Versicherungsschutz umfasst sogar verdeckte strafrechtliche Ermittlungen vor Vertragsschluss, sofern sie den Versicherten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt waren. Versicherungsschutz besteht auch für ehemalige Beschäftige im Zusammenhang mit Handlungen für das versicherte Unternehmen.

Präventive Maßnahmen und Beratung

Die Spezial-Straf-Rechtsschutz-Versicherung bietet in der sogenannten Best-Standard-Deckung auch ein präventives Risikomanagement, indem sie den Mitarbeitern des versicherten Unternehmens eine kostenfreie Compliance-Schulung durch Experten zur Verfügung stellt. Als besondere Serviceleistung bieten einige Versicherer den Unternehmensmanagern auch Ratgeber zum Straf-Rechtsschutz an.

Diese enthalten Handlungsempfehlungen im Umgang mit Polizei und Staatsanwaltschaft und zeigen, wie bei Durchsuchungen und Beschlagnahmungen der Strafverfolgungs-Behörden zu agieren ist. Unternehmen, die damit ihre Mitarbeiter über das richtige Verhalten bei Ermittlungsmaßnahmen unterrichten und einen begleitenden Notfallplan erstellen, vermeiden somit Fehler und die Gefahr von Belastungsmomenten.

Bereits vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht vorbeugender Rechtsschutz für eine anwaltliche Beratung. Dies greift zum Beispiel, wenn bei Betriebsprüfungen Tatbestände ermittelt werden, die zu Mitteilungen an die Bußgeld- und Strafsachenstelle der Finanzämter führen können. Oder wenn Compliance-Beauftragte einen begründeten Verdacht für strafrechtlich relevantes Verhalten versicherter Personen haben.

Besondere Leistungen nach Eintritt des Versicherungsfalls

Nach Eintritt eines Versicherungsfalles durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie nach rechtkräftigem Abschluss eines versicherten Verfahrens hat das versicherte Unternehmen die Möglichkeit, forensische Dienstleistungen durch Dritte zur Aufklärung, Identifikation sowie Prävention wirtschaftskrimineller Handlungen in Anspruch zu nehmen. Zu diesen Leistungen gehören:

  • unternehmensinterne Ermittlungen,
  • Aufbereitung von Hintergrund-Informationen zu Unternehmen und Geschäftspersonen,
  • Lokalisierung sowie Ermöglichung der Rückführung von entzogenem Kapital,
  • Identifikation, Analyse und Interpretation von Kapitalbewegungen,
  • Erstellen von Risikoprofilen und Beratung zur Vermeidung wirtschaftskrimineller Handlungen sowie Einführung von Compliance Programmen,
  • Analyse und Sicherung elektronischer Daten.

Auch die Kosten für Öffentlichkeitsarbeit sind versichert, um auf negative Berichterstattung nach eingeleiteten Straf- oder Ordnungswidrigkeits-Verfahren zu reagieren. Und nach Ende des Verfahrens besteht Kostenschutz für eine externe Reputationsberatung, um den entstandenen Schaden für das Ansehen der versicherten Personen zu mindern.

Kostenerstattung und -rückzahlung

Ist das Ziel einer Verfahrenseinstellung im Ermittlungsverfahren schließlich erreicht, drohen den Beschuldigten ohne eine bestehende Spezial-Straf-Rechtsschutz-Versicherung hohe Kosten. Denn trotz Verfahrenseinstellung besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Erstattung der Verfahrenskosten gegen die Staatskasse.

Im Falle der Anklageerhebung und Durchführung einer Hauptverhandlung entstehen besonders in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen mit mehreren Beschuldigten bei längerer Verfahrensdauer oft Gesamtkosten im sechsstelligen Bereich, die von der Spezial-Straf-Rechtsschutz-Versicherung übernommen werden.

Die Versicherten sind im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zur Rückzahlung der an sie erbrachten Leistungen des Versicherers verpflichtet. Handelt es sich jedoch um ein Strafbefehlsverfahren, also ein vereinfachtes Verfahren zur Bewältigung leichter Kriminalität, besteht keine Rückzahlungspflicht. Auch die Kosten einer Firmenstellungnahme müssen üblicherweise nicht zurückerstattet werden.

Heiko Weick

Der Autor ist Experte für Strafrechtsschutz und für den Versicherungsmakler Aon Risk Solutions tätig.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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