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Ge­braucht­wa­gen – Man­gel oder Ver­schleiß?

21.06.2017

Nach dem Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs hatte der Käufer nichts als Kummer. Als er das Fahrzeug deswegen an den Händler zurückgeben wollte, gab es Streit.

Weist ein Gebrauchtwagen technische Defekte auf, die bei vergleichbaren Fahrzeugen nicht üblich sind, so kann das gegebenenfalls einen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 11. Mai 2017 entschieden (28 U 89/16).

Der Kläger hatte im November 2013 bei einem Autohändler einen zu diesem Zeitpunkt knapp sechs Jahre alten Gebrauchtwagen mit einem Tachostand von 181.000 Kilometer erworben.

Seine Freude an der Neuerwerbung währte allerdings nicht lang. Denn schon kurz nach der Fahrzeugübergabe sprang der Motor schlecht an, ruckelte beim Fahren und machte durch laute Geräusche auf sich aufmerksam.

Üblicher Verschleiß?

Von dem Gebrauchtwagenhändler durchgeführte Instandsetzungs-Arbeiten konnten die Probleme nicht wirklich beheben. Der Kläger erklärte daher im Mai 2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Damit war der Händler jedoch nicht einverstanden. Er behauptete, dass die von dem Kläger behaupteten Mängel auf einen üblichen Verschleiß des Fahrzeugs beruhten, der keinen Rücktritt rechtfertige. Der Fall landete daher vor Gericht.

Dort erlitt der Kläger zunächst eine Niederlage. Das in erster Instanz mit dem Fall Gericht kam nach Anhörung eines Sachverständigen zu dem Ergebnis, dass die von dem Kläger behaupteten Mängel auf einen verstopften Rußpartikelfilter zurückzuführen seien. Dabei handele es sich jedoch um eine übliche Verschleißerscheinung, welche der Kläger hinzunehmen habe.

Sachmangel

Doch dem wollte sich das von dem Kläger in Berufung angerufene Hammer Oberlandesgericht nicht anschließen. Es gab seiner Klage statt.

Das Gericht kam nach einer weiteren Beweisaufnahme mit erneuter Anhörung des Gutachters zu dem Ergebnis, dass das Fahrzeug bereits bei der Übergabe an den Kläger Sachmängel aufgewiesen hatte, die nicht dem altersgemäßen Zustand vergleichbarer Gebrauchtfahrzeuge entsprachen.

Die Richter räumten zwar ein, dass es sich bei der im Laufe des Fahrbetriebs zunehmende Verstopfung des Rußpartikelfilters um einen üblichen Verschleiß bei Dieselfahrzeugen handele, der keinen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertige. Das Auto habe jedoch zwei technische Defekte aufgewiesen, welche von der Vorinstanz nicht berücksichtigt worden seien.

Typischer Bauteilfehler

Zum einen sei nämlich der Drucksensor des Partikelfilters nicht funktionsfähig gewesen, so dass eine Überfüllung des Partikelfilters nicht angezeigt worden sei. Zum anderen sei das Fahrzeug von einem für diese Modellreihe typischen Bauteilfehler an den Pumpen-Düsen-Elementen betroffen gewesen.

Dieser werkseitige Fehler habe zu einer Überfettung des Brennstoffgemischs und damit zu einer Verkokung geführt, die wiederum eine übermäßige Füllung des Partikelfilters mit Ruß zur Folge hatte.

Angesichts dieser beiden technischen Defekte habe der vom Kläger erworbene Gebrauchtwagen nicht der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Gebrauchtfahrzeuge entsprochen Zudem hatte sich aufgrund der defekten Pumpe-Düse-Injektoren im Partikelfilter auch mehr Ruß als üblich abgelagert. Der Kläger sei daher zu Recht vom Kaufvertrag zurückgetreten.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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