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Makler­nach­folge: Welche Spar­ten den Kauf­preis be­flügeln

20.05.2016

Warum werden für manche Bestände Höchstpreise gezahlt, andere hingegen finden kaum einen Käufer? Oft liegt es an der Zusammensetzung der Versicherungssparten. Wie dies zu steuern ist, erklärt Christian Lüth.

Die Spartenzusammensetzung eines Versicherungsmakler-Bestandes richtet sich oft nach den angefragten Produkten. Damit wird die Entwicklung des Bestandes über viele Jahre unbewusst „fremdgesteuert“. Zum einen kann das zu betriebswirtschaftlichen Problemen führen, weil der Aufwand nicht im Verhältnis zum Ertrag steht. Zum anderen müssen Einbußen beim Unternehmensverkauf hingenommen werden. Mit einem zielgerichteten Sparten-Controlling erhöht der Makler nicht nur seinen Deckungsbeitrag, sondern auch den Wert seines Bestandes. Ein Gastbeitrag des Experten für Bestandsbewertungen Christian Lüth.

Es sollte sich herumgesprochen haben, dass eine hohe Vertragsdichte, das heißt möglichst viele Verträge je Kunde, dem Bestandswert zugute kommt. Idealerweise liegt der Durchschnittswert bei fünf bis zehn Verträgen je Versicherungsnehmer.

Christian Lüth (Bild: Lüth)
Christian Lüth (Bild: Lüth)

Dennoch finden sich immer wieder Maklerbestände, die nur auf einen Durchschnittswert von ein bis zwei Verträgen je Versicherungsnehmer kommen. Wenn dann der Bestand auch noch durch kleinteiliges Geschäft mit vielen Kfz-Einzelverträgen geprägt ist, wird es beim Verkauf des Unternehmens schwierig, den erwarteten Kaufpreisvorstellungen gerecht zu werden.

Somit lohnt es sich, den Kunden – die lediglich eine Kfz-Versicherung wünschen – konsequent das „Angebot“ einer Rundumbetreuung zu unterbreiten und die Annahme des Maklermandats auch davon abhängig zu machen. Der Makler sollte sich nicht darauf verlassen, dass der Kunde irgendwann einmal auch mit den anderen Verträgen zu ihm kommt.

Makler-Tipp: Kundenstatistik zurate ziehen

Nutzen Sie mindestens ein Mal jährlich die Statistik-Tools der Maklerverwaltungs-Programme und selektieren Sie die Ein- bis Zwei-Vertragskunden. Sprechen Sie diese offen auf die anderen Versicherungssparten an.

Falls der Kunde kein Einsehen hat und zu denjenigen gehört, die regelmäßig ihre Kfz-Prämienhöhe hinterfragen, machen Sie den Weg frei für die Direktverwaltung durch den Versicherer.

Unfall im Fokus

Ein besonderes Augenmerk sollte auf die (Gruppen-) Unfallversicherungs-Sparte gelegt werden. Vorbildlich ist es, wenn der Makler es schafft, mehr als die Hälfte seiner Kunden vom Unfallversicherungs-Schutz zu überzeugen. Warum sollte nicht der Kfz-Kunde seinen Kfz-Vertrag mit einer Unfallversicherung (nicht Insassen-Unfall) abschließen? Als Autofahrer zählt er zu den potenziell Gefährdeten.

Die Unfallversicherung gehört zu den Perlensparten mit den höchsten Deckungsbeiträgen – aufgrund des ausgeprägten Bedingungswettbewerbs nicht unbedingt für die Versicherer, aber gewiss für den Makler. Ein Blick in die maklereigene Schadenhäufigkeits-Statistik liefert den Beleg.

Auch betriebliche Gruppen-Unfallversicherungen sind von großer Bedeutung. Vereinfachte oder gar keine Gesundheits- beziehungsweise Unfallfragen können zusätzlich durch die Steuer- und Rabattvorteile den Makler anspornen, das Thema konsequent bei Unternehmen anzusprechen.

Für Unfallversicherungs-Bestände werden erfahrungsgemäß Höchstpreise gezahlt. Wenn dann auch noch viele Verträge eine Dynamikvereinbarung aufweisen, lässt sich als Verkäufer leicht argumentieren, warum ein überdurchschnittlicher Kaufpreis gerechtfertigt ist.

Gebäudeversicherungen: positiver Einfluss auf Verhandlungen

Die schadenträchtige Gebäudeversicherungs-Sparte ist nicht mehr des Versicherers liebstes Kind. Die Zunahme der Leitungswasser-Schäden führte in den letzten Jahren zu einem kontinuierlichen Anstieg der Prämien und zu teilweise „ungeschickten“ Sanierungsaktionen seitens der Versicherer.

Den Maklern brachte die Gebäudeversicherung neben teilweise schwierigen Kundengesprächen jedoch enorme laufende Courtagezuwächse. Konnte ein Vermittler doch gegenüber den Kunden argumentieren, dass alle Gebäudeversicherer die Prämien erhöhen oder gar rigoros (Änderungs-) Kündigungen aussprechen.

Außerdem handelt es sich bei der Gebäudeversicherung um einen zwingend notwendigen (und gegebenenfalls vom Gläubiger vorgeschriebenen) Vertrag, der sich nicht mal so eben kündigen lässt.

Da bei einem Bestands- beziehungsweise Unternehmenskauf zukünftige Courtageerhöhungen wohlwollend „eingepreist“ werden, ist man mit einem großen Anteil an Gebäudeversicherungen im Bestand derzeit als Verkäufer auf der Sonnenseite von Kaufpreisverhandlungen.

Vermögensschaden-Haftpflicht als Königsklasse aller Sparten

Zu den anspruchsvolleren Sparten gehört mit Sicherheit die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (VSH). Mit Recht kann die VSH (einschließlich D&O und E&O) als „Königsklasse“ aller Sparten bezeichnet werden.

Es ist, neben der teilweise unübersichtlichen Rechtsprechung, eine Fülle von Wordings auf dem deutschen Markt vorzufinden. Hinzu kommen die angelsächsischen Konzepte, die den deutschen Versicherungsmarkt vor allem seit den 1990er Jahren stark beeindruckt haben.

Der Vergleich der Bedingungen ist nicht immer einfach und ohne fundierte (juristische) Versicherungskenntnisse nicht zu bewerkstelligen. Gerade deshalb kann der Makler sich mit Spezialwissen von den anderen rund 47.000 Maklern mit dieser Sparte abheben und ein Alleinstellungsmerkmal bieten.

Betriebswirtschaftlich hochinteressant

Unabhängig von diesem Wettbewerbsvorteil ist die Sparte VSH betriebswirtschaftlich für den Makler hochinteressant. Das liegt unter anderem an der Kennzahl Prämie je Vertrag, die bei der Wertigkeit eines Bestandes eine Rolle spielt.

Die Prämie – und damit die Jahrescourtage – ist in der VSH naturgemäß relativ hoch, wenn man von der Hausverwalter-VSH einmal absieht. Die Schadenbearbeitung ist nicht massengeprägt (geringe Schadenhäufigkeit) und oft braucht der Makler nur die Schadenmeldung vorzunehmen und sich einzuschalten, wenn es Probleme gibt. Denn die Auseinandersetzung zwischen dem Anspruchsteller und dem VSH-Versicherer erfolgt zumeist direkt, ohne dass der Makler viel Arbeit hat.

Makler-Tipp: Geschäftsmodell nach Bestand entwickeln

Analysieren Sie Ihren Bestand nach Berufsgruppen und Branchen. Prüfen Sie diese dann im Hinblick auf mögliche Sparten und überlegen Sie, ob Sie daraus ein neues oder zusätzliches Geschäftsmodell entwickeln.

Mit der Entwicklung eines eigenen (exklusiven) Wordings, versehen mit einem „Eigennamen“, schaffen Sie eine „Marke“, die Ihnen einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber Mitbewerbern und den Rahmen für ein dynamisches Wachstum ermöglicht.

Fazit: Es lohnt sich somit, als Makler darüber nachzudenken, mit welchen Zielgruppen welche Sparten berührt werden. Denn die Kausalität zwischen Spartenzusammensetzung und Ertragschancen ist und bleibt unbestritten. Gleichzeitig werten Sie Ihren Bestand auf und die Investition schlägt um Längen alternative Anlagemöglichkeiten auf dem Finanzmarkt.

Christian Lüth

Der Autor ist Sachverständiger für Bestandsbewertung und Geschäftsführer der Ibras GmbH. Diese ist spezialisiert auf Fragen des Kaufs und Verkaufs von Maklerbeständen und -unternehmen sowie Nachfolgeregelungen von Versicherungsmaklern. Der Beitrag ist der dritte Teil einer Artikelreihe zum Thema Bestandsübertragung.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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