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Vermittler in der schönen neuen Digital-Welt

23.06.2016

Das erwartete Vermittlersterben wird weniger durch die Technik als vielmehr durch das Kosten-Provisions-Verhältnis ausgelöst, zeigte sich BVK-Präsident Heinz auf einer Fachkonferenz überzeugt. Auf dieser wurde auch aufgezeigt, wie Fin- und Insurtechs arbeiten.

In Sachen Digitalisierung haben sowohl Versicherer als auch Vermittler Nachholbedarf, meint Michael H. Heinz. Die Zukunft des Vermittlers entscheidet die Technik an sich aber nicht. Am zweiten Tag des Zukunftsforums Assekuranz 2016 ging es in Sachen Digitalisierung viel um den Vertrieb.

Die Digitalisierung sei eine unumkehrbare Rahmenbedingung, bei der die Assekuranz noch Nachholbedarf habe, sagte Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) am Mittwoch auf einer Fachkonferenz in Köln.

Nicht per se mehr Vertrauen

Das Zukunftsbild des Versicherungs-Vermittlers hänge aber nicht von der Digitalisierung ab, sondern vom eigenen Berufsbild. Auch von den Exklusivermittlern verlangten die gesetzgeberischen Vorgaben Unternehmertum.

Michael H. Heinz (Bild: Lier)
Michael H. Heinz (Bild: Lier)

Die Ausschließlichkeit könne sich nicht mehr nach den Steuerungsmechanismen der Versicherer richten. Er sieht die Zukunft der Vermittler in werthaltiger Beratung, nicht im standardisierten Geschäft. Somit werde die Zahl der Vermittler von aktuell rund 240.000 weiter auf etwa 100.000 sinken.

Digitalisierung bringe nicht automatisch mehr Transparenz und Vertrauen; teilweise sei das genaue Gegenteil der Fall, sagte Heinz. Durch den Teilberatungsverzicht bei neuen Medien wird seiner Ansicht nach viel verloren gehen. Die Versicherer suchten permanent Auswege für weniger Beratung wie beispielsweise durch die Fin- oder Insurtechs.

Der Kunde von Morgen

Robin von Hein, CEO & Managing Director der Simplesurance GmbH, berichtete, wie sein Haus den „Kunden von Morgen“ über Annex-Produkte zu online gekauften Waren erreiche. Von Elektronik bis zum Kinderwagen ist man damit inzwischen in fast 20 Ländern und bei 1.500 Produktpartnern unterwegs.

Robin von Hein (Bild: Lier)
Robin von Hein (Bild: Lier)

Die eigene Versicherungslösung bei einem E-Commerce-Hersteller zu installieren, dauere dank einer eigenen „Plug-and-Play-Lösung“ nur noch vier bis fünf Minuten. Im Schadenfall erfolgt die Deckungsprüfung über einen Algorithmus vollautomatisch. Nach anderthalb bis zwei Minuten erhalte der Versicherte im Schadenfall dann seinen Versandschein zum Ausdrucken für den Reparaturservice.

Nach vier Jahren Betrieb habe man nun Daten über das Kaufverhalten und die Schadeneintritts-Wahrscheinlichkeiten für die Risikoselektion mit dem Versicherer. Denkbar sei auch, den Kunden schon personalisiert anzusprechen, bevor er die Versicherung geklickt habe. Oder ihm eine Beratung in seinem Umkreis anzubieten oder weiter gehende Produkte wie etwa die Kinderunfallpolice zum Kinderwagen.

„Wir können den Kaufimpuls früher auslösen. Das ist wie mit den Schokoriegeln an der Kasse bei den Kindern. Eine Berufsunfähigkeits- oder eine Lebensversicherung werden wir so nicht verkaufen, aber wir können den Lead generieren“, so von Hein. Er geht davon aus, dass sich die Versicherer über kurz oder lang auf die Risikozeichnung beschränken werden.

Schneller Lücken erkannt

Felix Schollmeier, Mitglied der Geschäftsführung der auf den gewerblichen Bereich spezialisierten Finanzchef24 GmbH, kritisierte die großen Preisspannen für Gewerbeversicherungen. Haftpflichtdeckungen für 80 Euro wolle der klassische Vertrieb oft nicht verkaufen, was dazu führe, dass Kunden unversichert blieben.

Felix Schollmeier (Bild: Lier)
Felix Schollmeier (Bild: Lier)

Für die Vergleiche und das Underwriting baue man unter anderem auch die Rechenkerne der Versicherer nach. Zurzeit komme man auf 900 Betriebsarten sowie Mischarten und werte beispielsweise aus, wann die Kunden mit welchen Geräten und über welche Wege auf die Seite kämen. So könne man die Kunden mit den gleichen Worten ansprechen – beispielsweise sprächen Friseure eher von einer Berufshaftpflicht.

„Wir nehmen einfach nur Chancen wahr. Die bestehende Versicherungswirtschaft kann mit uns und den neuen Techniken auch Chancen wahrnehmen“, so Schollmeier. „Das ist ein vorteilhaftes Modell für alle Parteien außer für Google; bei Google kann man Risiken nicht selektieren wie bei uns und man zahlt für alle, die klicken“, so Schollmeier.

Der digitale Erstzugang zum Kunden helfe, neue Trends frühzeitig zu identifizieren – aktuell etwa die Betriebsarten „Gassi-Service“ und „Tierphysiotherapie“. Seiner Einschätzung nach fehlen viele Betriebsarten – dabei reichten oft kleine Anpassungen an bestehenden Lösungen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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