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Vertriebs­typen: Von Herrn Kaiser zum Buh­mann?

26.10.2016

Das Bild vom Versicherungsvermittler hat sich drastisch verschlechtert – vom ritterlichen Helfer zum profitgetriebenen Verkäufer. Nicht ganz zu Unrecht, meint Susanne Kleinhenz. In ihrem Buch zeigt sie, wie man Vertrauen zurückgewinnt.

Auch wenn die neuen Insurtechs darüber hinwegtäuschen mögen: Für den Versicherungsvertrieb ist das klassische Verkaufsgespräch nach wie vor bedeutend. So beschreibt es Dr. Susanne Kleinhenz in ihrem neuen Buch „Vertriebsgötter“. Sie konstatiert darin eine Vertrauenskrise und fordert einen Dialog „auf Augenhöhe“ zwischen Verkäufer und Kunden. Neben dem dialogischen Verhalten stellt sie dabei ein Konzept der persönlichkeits-orientierten Ansprache vor, das auf einem Modell von acht Archetypen basiert.

Wozu braucht es im Versicherungsvertrieb noch Persönlichkeit, ließe sich angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Branche fragen. Denn in Zeiten von Online-Portalen und Insurtechs rückt der Einsatz von Serviceangeboten wie dem Robo-Advisor, der auf Algorithmen basiert, verstärkt in den Blickpunkt.

Seit Kurzem etwa stellt die Fonds Finanz Maklerservice GmbH das gemeinsam mit der Softfair GmbH entwickelte Analysetool „FinanzLotse 3.0“ auch Endkunden von Versicherungsmaklern zur Verfügung. Diese sollen in die Lage versetzt werden, „vollkommen selbstständig [zu] ermitteln und den bestehenden Versicherungsschutz mit Vergleichsrechnern [zu] optimieren“.

Ein Versicherungs-Robo-Advisor wie die Clark Germany GmbH, die kürzlich erneut mehrere Millionen Euro Investorengelder eingesammeln konnte, hat verkündet, ihre Beratungsalgorithmen „noch umfassender“ weiterentwickeln zu wollen.

Robo-Berater oder persönlicher Kontakt?

Susanne Kleinhenz (Bild: Nancy Ebert)
Susanne Kleinhenz (Bild: Nancy Ebert)

Wird somit in naher Zukunft der Großteil der Versicherungsberatung und -vermittlung von Roboter-Beratern übernommen, wie etwa Professor Dr. Christian Rieck es bereits vor einem Jahr in einer Abhandlung zur digitalen Finanzberatung geschildert hat?

Falsch, meint die Beraterin und Trainerin Dr. Susanne Kleinhenz. „Gerade in einer technisierten Männerwelt wie der Versicherungsbranche wird zunehmend die Meinung vertreten, dass technische Lösungen wie Apps, Omnichannel, der digitalisierte Makler oder sogar Robo-Berater das Heil und die Zufriedenheit von Menschen bringen“, erklärt sie zwar.

Viele Studien wiesen aber darauf hin, dass dem nicht so sei. „Menschen bleiben immer noch Menschen, auch wenn sie sich Apps und sonstiger technischen Hilfsmittel bedienen“, meint Kleinhenz. „Gerade bei einer wichtigen Beratung, bei der es um die eigene Gesundheit, das Vermögen oder die Art und Weise geht, wie man seine Rentenzeit gestaltet, kommt es nur auf eines an: die Begegnung zwischen Mensch und Mensch.“

Dialog auf Augenhöhe gefordert

Die persönliche Beratungssituation und das Verkaufsgespräch zwischen Vermittler und Kunden sind Thema von Kleinhenz neuem Buch „Vertriebsgötter“, das im Rahmen der gestern gestarteten DKM erschienen ist. Assekuranz und Vertrieb stellt sie darin eine verheerende Diagnose aus.

Die Autorin hat in den letzten Jahren einen Kulturwandel in der Branche ausgemacht, hervorgerufen durch einen „oftmals ausufernden Narzissmus von Führenden und Verkaufenden“. Dieser habe „jegliche Wertschätzung gegenüber Kunden und Mitarbeitern eliminiert“. Verantwortlich seien Bosse, „die sich für Götter halten und jegliche Bodenhaftung verloren“ hätten.

Kleinhenz setzt dieser Entwicklung ein Modell des, wie sie schreibt, Umgangs auf Augenhöhe entgegen. Dessen Ausgangspunkt ist das Konzept des dialogischen Verhaltens zwischen dem Berater oder Verkäufer und dem Kunden, mit dem verlorengegangenes Vertrauen wiedergewonnen werden soll.

Neben Aspekten wie Wertschätzung arbeitet die Autorin hier mit Begriffen wie Charisma oder Absichtslosigkeit. Gerade Letzteres sieht sie als besondere Herausforderung für Führungskräfte oder Vertriebler. Kleinhenz versteht darunter eine Art Gelassenheit beziehungsweise innere Sicherheit, die dazu führt, seinen Gesprächspartner mit der eigenen Persönlichkeit zu überzeugen, ohne Druck auszuüben.

Archetypische Vorbilder

Die Frage, wie die Kundenbeziehung im Vertrieb durch einen dialogischen Ansatz verbessert werden kann, stellt die Autorin in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Dazu erklärt sie zunächst ihren Dialog-Begriff, nach dem Lösungen nicht bereits zu Beginn feststehen, sondern erst im gemeinsamen Gespräch gefunden werden.

Des Weiteren geht es um den Faktor der Persönlichkeit, der für das Verständnis zentral ist. Kleinhenz beschreibt dabei anhand verschiedener Konzepte aus der Psychologie und der Kommunikationsforschung, wie Persönlichkeitsstrukturen und -prägungen entstehen.

Der Hauptteil des Buches beschäftigt sich anschließend mit der Frage, wie Menschen in ihrem Verhalten von maßgeblichen, archetypischen Persönlichkeitsmustern getrieben werden, statt ihr Verhalten selbst zu bestimmen. Zur Veranschaulichung ihres Ansatzes hat Kleinhenz ein eigenes Modell entwickelt, bestehend aus acht Urtypen in ihrer männlichen und weiblichen Ausprägung, das „Persönlichkeits-Mythenrad“.

Die Grund-Charaktere basieren auf Figuren der antiken griechischen Mythologie, darunter die sagenumwobenen Götter des Olymps. Diese Vorbilder stehen für eine scharfe Charakterzeichnung und klar umrissene Eigenschaften. Sie eignen sich daher, so Kleinhenz, besonders gut, um eine Typologie zu entwickeln, aus der sich die Voraussetzungen und Regeln für eine dialogisch ausgerichtete Verkaufssituation ableiten lassen.

Persönlichkeitstypen im Kundengespräch

Wie man den eigenen Persönlichkeitstyp erkennt, welche Stärken und Schwächen ihn ausmachen, was ihn antreibt oder abschreckt, beschreibt Kleinhenz anhand einer plastischen Wesenszeichnung. Mit Hilfe von Checklisten und Übersichten zeigt sie im Einzelnen auf, was Archetypen wie etwa den Krieger, Verführer oder Wächter ausmacht. Der Leser erfährt zum Beispiel, ob diese eher das Risiko oder Sicherheit suchen, freiheitsliebend oder familienorientiert sind.

Nach der Darstellung der grundlegenden Eigenheiten setzt Kleinhenz jeweils die Vermittler- und die Kundenbrille auf. Sie beschreibt, wie sich die Persönlichkeitstypen auf der jeweiligen Seite der geschäftlichen Beziehung verhalten. Dabei wird zum einen deutlich, wie ein Verkäufer oder Berater dem Mythenrad-Modell und seinem Typ nach geprägt ist und wo seine Schwächen in der Kundenansprache liegen.

Zum anderen zeigt Kleinhenz im Detail, wie Kunden ihrem Persönlichkeitstyp gemäß angesprochen werden sollten – zum Beispiel mit vielen oder wenigen Fakten. Hier arbeitet sie mit Tabellen, in denen die 64 möglichen Gesprächskonstellationen durchgespielt werden. Anhand von Beispielen aus der Beratungspraxis werden die Dos and Don’ts in der Kundenbeziehung benannt.

In vier beispielhaft aufgeführten Verkaufssituationen wird zudem demonstriert, wie ein typgerechter Dialog aussehen kann. Mehrere Illustrationen und Grafiken helfen dabei, das Dargestellte eingängig und bildhaft nachzuvollziehen.

Lesetipp

Mit den Gründen und Lösungsmöglichkeiten für das Vertrauensproblem in der Finanzdienstleistungs-Branche beschäftigt sich das neue Praktikerhandbuch „Vertriebsgötter: Dialoge mit Kunden erfolgreich gestalten – Persönlichkeitstypen im Verkaufsgespräch.

Das Buch hat 204 Seiten im A5-Format. Es im VersicherungsJournal-Verlag erschienen und kostet 29,90 Euro als Buch (ISBN 978-3-938226-50-6), 19,90 Euro als E-Book im PDF-Format (ISBN 978-3-938226-51-3) und 39,90 Euro als Kombipack E-Book plus Druckversion.

Weitere Informationen zu dem Buch sind auf dieser Internetseite zu finden, zum Bestellformular geht es unter diesem Link.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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