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Anlage­beratung: Streit um Ver­letzung der Auf­klärungs­pflicht

21.06.2016

Wie explizit ein Kunde darüber aufgeklärt werden muss, dass bei der Vermittlung einer Beteiligung die Bank eine Provision von dem Fonds erhält, zeigt ein aktuelles Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts.

Wenn ein Vermittler einen Kunden nicht darüber aufklärt, dass die Bank eine hohe Provision für eine Kommanditeinlage bekommt, kann der Kunde eine Rückabwicklung des Geschäfts verlangen. Etwaige Steuervorteile muss er sich nicht anrechnen lassen. Dies ist der Tenor eines Urteils des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. April 2016 (4 U 11714).

Der Kläger beteiligte sich Ende 2002 mit insgesamt 80.000 Euro an einem Fonds, der sich mit der Finanzierung und Vermarktung von Filmproduktionen befasste. Wie es bei der Anlagekonzeption obligatorisch war, finanzierte er 40 Prozent oder 32.000 Euro über den Darlehen bei einer Bank, 60 Prozent brachte er aus Eigenmitteln auf.

Steuern sparen

Sinn des Investments war es, angesichts einer zu erwartenden hohen Bonuszahlung Steuern zu sparen. Unstrittig war, dass der Vermittler – ein Wertpapier- und Kundenberater der beklagten Bank – ihn nicht darauf hinwies, dass die vermittelnde Bank eine Provision in Höhe von 7,2 Prozent der vermittelten Kommanditeinlage erhalten würde.

Während er die Steuerrückerstattungen wieder an das Finanzamt zurückzahlen musste, konnte er durch die Ausschüttungen das Darlehen ablösen und einen großen Anteil seines Eigenanteils ausgleichen.

Falsche Informationen

Trotzdem warf er der Beklagten beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin vor, ihn falsch beraten zu haben. So seien die Steuervorteile als sicher dargestellt worden – und der Verkaufsprospekt sei in vielfacher Hinsicht fehlerhaft.

Die Beklagte wehrte sich dagegen, in Anspruch genommen zu werden. Im Verkaufsprospekt seien die Risiken korrekt dargestellt. Außerdem könne der Kläger nicht annehmen, dass die Beklagte ihre Beratungsleistung unentgeltlich erbringe.

Das Landgerichts Neuruppin folgte der Argumentation des Klägers und verurteilte die Beklagte zur Zahlung des ausstehenden Investments Zug um Zug gegen Übertragung der vom Kläger gezeichneten Beteiligung. Die Forderung des Klägers, dass die Bank einen entgangenen Gewinn in Höhe von vier Prozent zahlen solle, wies sie dagegen zurück.

Grundlage der Entscheidung war, dass zwischen den beiden Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen sei, bei dem die Beklagte ihre Pflicht zur Offenlegung von Rückvergütungen verletzt habe.

Steuervorteile nachweisen

Dagegen legte die beklagte Bank Berufung ein und verlangte unter anderem, dass der Kläger sämtliche Steuervorteile offen legen müsse, die er im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung erhalten habe.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht stellte fest, dass die Beklagte ihre Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt habe, indem sie den Kläger nicht über die Kickbacks informierte. Das habe sie nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (20. Januar 2009 – XI ZR 510/07) grundsätzlich und ungefragt und unabhängig von deren Höhe zu tun.

Der Kunde dürfe von einer Bank eine neutrale Beratungsleistung erwarten. Dabei dürfe er davon ausgehen, dass eine Bank, wenn sie seine Hausbank ist, dies im Rahmen der bestehenden Kundenbeziehung unentgeltlich erbringt, oder ansonsten als Akquise bei einem Erstkontakt.

Schuldhaftes Handeln

Eine von Seiten des Fonds versprochene Provision müsse offenbart werden. Aus den Formulierungen im Prospekt sei dies nicht zu erkennen gewesen. Darin sah das Gericht eine schuldhafte Verletzung der Aufklärungspflicht.

Der Kläger habe zudem deutlich gemacht, dass ihm auch eine Rendite, die deutlich über der Höhe der Provision gelegen hätte, nicht akzeptabel gewesen wäre. Denn einen Stundenlohn von fast 1.500 Euro halte er für unseriös. Er habe nur einmal mit dem Vermittler gesprochen und empfand eine Entlohnung von 5.760 Euro dafür zu hoch.

Deshalb muss die Bank, wie im Urteil des Landgerichts festgestellt, den noch ausstehenden Anteil seines Eigenkapitals Zug um zu erstatten. Da die Beklagte nicht deutlich machen konnte, dass der Kläger außergewöhnlich hohe Steuervorteile erhalten habe, wurde er nicht dazu verpflichtet, seine Einkommensteuer-Unterlagen vorzulegen. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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