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Zur Er­stat­tungs­fähig­keit von Sach­ver­stän­digen-Ge­büh­ren

20.07.2016

Das Hamburger Amtsgericht hat sich mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter dazu berechtigt ist, auf Kosten des Schädigers einen Sachverständigen zu beauftragen.

Wer mit seinem Fahrzeug schuldlos in einen Unfall verwickelt wird, hat grundsätzlich das Recht, auf Kosten des Schädigers einen Sachverständigen zu beauftragen. Das gilt selbst dann, wenn die Gegenseite bereits einen Gutachter beauftragt hat, so das Amtsgericht Hamburg in einem Urteil vom 30. März 2016 (33a C 336/15).

Der Personenkraftwagen des Klägers war ohne dessen Verschulden bei einem Unfall beschädigt worden.

Doppelte Beauftragung

Da der Kläger den Schaden für erheblich hielt, beauftragte er einen Sachverständigen mit der Besichtigung des Fahrzeugs. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Versicherer des Unfallverursachers jedoch bereits einen Gutachter beauftragt.

Der Versicherer weigerte sich daher, die Rechnung des klägerischen Sachverständigen zu bezahlen. Zu Unrecht, befand das Hamburger Amtsgericht. Es gab der Klage des Geschädigten auf Zahlung der von ihm verauslagten Kosten in Höhe von knapp 300 Euro statt.

Die Sicht des Geschädigten

Nach Ansicht des Gerichts gehören die Kosten eines von einem Geschädigten eingeholten Sachverständigen-Gutachtens zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und somit auszugleichenden Vermögensnachteilen.

Voraussetzung sei lediglich, dass die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig ist, um den Schadenersatzanspruch geltend zu machen. Dabei sei die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen maßgeblich.

Mit anderen Worten: „Erforderlich sind diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten tätigen würde“, so das Gericht.

Darauf, ob möglicherweise auch der Schädiger oder dessen Versicherer bereits ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, kommt es nach Meinung des Gerichts hingegen nicht an.

750 Euro-Grenze

Für die Frage, ob der Schädiger die Kosten eines Gutachtens zu ersetzen hat, komme es auch nicht allein darauf an, ob die Schadenhöhe einen gewissen Betrag überschreite. „Denn zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters ist dem Geschädigten diese Höhe gerade nicht bekannt.“

Bei reinen Bagatellschäden unter einer Summe von 750 Euro muss der Schädiger beziehungsweise dessen Versicherer in der Regel jedoch nicht die Kosten für ein von dem Geschädigten in Auftrag gegebenes Gutachten übernehmen. Dies gilt zumindest dann, wenn keine Gefahr von Weiterungen besteht oder ein teilweise verdeckter Schadenumfang vorliegt. Nach Ansicht des Gerichts reicht in so einem Fall die Einholung eines Kostenvoranschlags aus.

Da diese Voraussetzungen im Fall des Klägers nicht vorlagen, hat der Versicherer des Schädigers die Kosten für das Gutachten zu übernehmen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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