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Wenn ein Be­schäftig­ter zum un­ge­wol­lten Ein­brecher wird

23.05.2016

Erneut hat sich ein Gericht mit dem Umfang des Versicherungsschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung befasst. Dieses Mal ging es um einen zwar tragischen, gleichwohl aber eher kuriosen Fall.

Steht ein Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit wegen des Verlustes seines Schlüsselbundes vor verschlossener Haustür und stürzt bei dem Versuch, durch ein Fenster in die Wohnung einzudringen, ab, so erleidet er keinen Arbeitsunfall. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 11. Mai 2016 entschieden (L 3 U 3922/15).

Die Klägerin war von ihrem Arbeitgeber während ihrer Arbeitszeit darum gebeten worden, eine Besorgung für die Firma zu machen. Dazu sollte sie ihren privaten Pkw nutzen, mit dem sie zur Arbeit gekommen war.

Als sie den Auftrag ausführen wollte, stellte sie fest, dass ihr Schlüsselbund, an welchem sich auch der Fahrzeugschlüssel befand, abhandengekommen war. Er ließ sich trotz intensiver Suche nicht auffinden.

Absturz bei „Einbruchversuch“

Die Frau ließ sich daher von ihrem Arbeitgeber nach Hause fahren, um einen Ersatzschlüssel zu holen. Gleichzeitig verständigte sie einen Schlüsseldienst. Als ihr dessen Mitarbeiter vor Ort erklärte, die Tür auffräsen zu müssen, um in die Wohnung zu gelangen, lehnte die Klägerin das Angebot ab. Sie versuchte stattdessen, durch ein angelehntes Schlafzimmerfenster in ihre Wohnung zu gelangen. Dabei stürzte sie ab.

Wegen der Spätfolgen eines bei dem Sturz erlittenen Lendenwirbelbruchs erhielt die Klägerin von der Deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsminderung. Ihren Antrag, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen, lehnte die Berufsgenossenschaft gleichwohl ab. Das begründete der gesetzliche Unfallversicherungs-Träger damit, dass der Unfall nichts mit der beruflichen Tätigkeit der Versicherten zu tun gehabt habe.

Dem schlossen sich die Richter des baden-württembergischen Landessozialgerichts an. Sie wiesen die Klage der Frau auf Leistungen durch die gesetzliche Unfallversicherung als unbegründet zurück.

Private Interessen

In seiner Urteilsbegründung räumte das Gericht zwar einen beruflichen Zusammenhang mit dem Unfall ein. Denn schließlich habe die Klägerin ein betriebsbedingtes Verlangen ihres Arbeitgebers erfüllen wollen.

Dem versuchten Einstieg in ihre Wohnung durch das Schlafzimmerfenster hätten jedoch im Wesentlichen private Interessen zugrunde gelegen. Denn die Klägerin hätte dadurch in erster Linie die Beschädigung ihrer Wohnungstür durch den Schlüsseldienst verhindern wollen.

Durch den Unfall habe sich folglich kein berufliches, sondern ein den privaten Interessen der Klägerin zuzurechnendes Risiko verwirklicht. Für diese könne sie keine Leistungen durch den gesetzlichen Unfallversicherungs-Träger verlangen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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