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Streit um Arbeits­unfall beim Ski­fahren

22.06.2016

Beim Skifahren im Rahmen einer Führungskräfte-Tagung hatte sich ein Vertriebsmitarbeiter bei einem schweren Sturz erheblich verletzt. Als die Berufsgenossenschaft die Anerkennung als Arbeitsunfall verweigerte, landete der Fall vor Gericht.

Wie weit der gesetzliche Unfallversicherungs-Schutz geht, ist der Disposition der Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich entzogen. Deshalb umfasst er während einer betrieblichen Veranstaltung grundsätzlich nur die Teile des Programms, die der eigentlichen Arbeit dienen. Dies ist der Tenor eines kürzlich bekannt gewordenen Urteils des 5. Senats des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 27. Mai 2015 (L 5 U 48/12).

Der Kläger hatte an einer Tagung seines Arbeitgebers teilgenommen, zu dem nur die Führungskräfte und Vertriebsmitarbeiter der 45 Filialen des auf Reifen- und Kfz-Service spezialisierten Unternehmens eingeladen worden waren.

Vorbereitung auf die neue Saison

Die Tagung fand im September statt und sollte auf die M+S-Saison vorbereiten. Neben fachlichen Informationen gab es auch sportliche Veranstaltungen, unter anderem ein Skifahren in Teams in einer Skihalle. Dies sollte auf die bevorstehende Wintersaison einstimmen.

Während dieses Skifahrens stürzte der Kläger, verletzte sich das rechte Kniegelenk und entwickelte danach eine doppelseitige Lungenembolie.

Der gesetzliche Unfallversicherungs-Träger lehnte es ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Aus ihrer Sicht war die Teilnahme daran freiwillig, nur gut 50 der 70 Kollegen hätten mitgemacht. Außerdem gab es Alternativen wie Snowboardfahren oder Tubing, bei dem Reifen als Schlitten benutzt werden.

Kein innerer Zusammenhang

Nach Ansicht der Berufsgenossenschaft unterliegen nur solche Tätigkeiten dem gesetzlichen Unfallversicherungs-Schutz, die mit dem Unternehmen in einem inneren, rechtlich wesentlichen Zusammenhang stehen. Dieser Teil der Veranstaltung sei dagegen Teil der Freizeitgestaltung gewesen.

Dagegen wehrte sich der Kläger mit seinem Widerspruch, der auch von der Unternehmensleitung unterstützt wurde. Das Skilaufen sei explizit Teil des Programms der Veranstaltung gewesen – und der Arbeitgeber wollte, dass sich möglichst alle daran beteiligen. Es unterlag also nicht der freien Willensbildung des Einzelnen, ob er teilnehmen wollte oder nicht.

Betrieblich bestimmt

Das Sozialgericht Stralsund folgte dieser Argumentation in erster Instanz und verurteilte die Berufsgenossenschaft dazu, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Teilnahme am Skifahren sei als überwiegend betrieblich bestimmt zu werten und sollte der Förderung des betrieblichen Gemeinschaftssinns der eingeladenen Mitarbeiter dienen.

Dagegen legte die Beklagte Widerspruch ein und verwies darauf, dass die Veranstaltung nicht allen Beschäftigten des Unternehmens offen stand, sondern nur den Tagungsteilnehmern.

Das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern als Berufungsinstanz konnte nicht erkennen, dass die Veranstaltung vor allem der Stärkung der Verbundenheit der Betriebsangehörigen untereinander dienen sollte, weil von vornherein nur ein kleiner Teil von ihnen eingeladen war.

Unterscheidung dienstlich oder privat

Es gebe auf Dienst- und Geschäftsreisen keinen Versicherungsschutz rund um die Uhr. Man müsse vielmehr unterscheiden zwischen Betätigungen, die rechtlich eng mit dem Beschäftigungsverhältnis zusammenhängen, und anderen, die der privaten Sphäre angehören.

Dass der Arbeitgeber die Organisation und Finanzierung des Skifahrens übernommen hatte, spiele dabei keine Rolle. Es stehe nicht zur Disposition von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, den gesetzlichen Versicherungsschutz auf beliebige Sachverhalte mit eigenwirtschaftlichem Charakter auszudehnen.

Deshalb hob das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts auf und ließ keine Revision zu.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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