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Crash beim Rück­wärts­fah­ren

19.06.2017

Wie wird die Haftung verteilt, wenn ein Fahrzeug auf ein anderes auffährt, das gerade aus einer Parklücke herausgesteuert wird? Darüber waren sich zwei Gerichte nicht einig.

Wenn zwei Fahrzeuge beim Ausparken zusammenstoßen, wird davon ausgegangen, dass auch derjenige Fahrer eine Haftung von 25 Prozent tragen muss, der während des Vorfalls sein Fahrzeug nicht bewegt hat. Nur wenn er eindeutig nachweisen kann, dass er mindestens zwei Sekunden gestanden hat, wäre er entlastet. Das ist der Tenor eines Urteils des Landgerichts Karlsruhe vom 15. April 2016 (20 S 95/14).

Die Ehefrau des Klägers und die Beklagte hatten ihre Fahrzeuge auf einem Platz schräg gegenüber eingeparkt. Als die Beklagte rückwärts ausparken wollte, kollidierte sie mit dem anderen Auto, das ebenfalls gerade rückwärts ausgeparkt wurde.

Geteilte Schuld

Strittig war, ob das Fahrzeug des Klägers zum Unfallzeitpunkt gestanden hatte und deshalb die Beklagte die Alleinhaftung übernehmen musste.

Deshalb ging der Fall vor der Amtsgericht. Das teilte die Haftung in einem Verhältnis von 50 zu 50 auf. Es begründete dies damit, dass der Anscheinsbeweis für ein Mitverschulden der Ehefrau des Klägers spreche. Dies könne nur entkräftet werden, wenn der Kläger nachgewiesen hätte, dass sein Fahrzeug vor dem Unfall längere Zeit gestanden hätte, was nicht der Fall war.

Deshalb stünde ihm kein weiterer Schadenersatz über das hinaus, was die Versicherung der Beklagten bereits geleistet hatte, zu.

Mehr Geld

Damit wollte sich der Kläger nicht abfinden und legte Berufung ein. Aus seiner Sicht war der Unfall für seine Frau unvermeidbar, nachdem ihr Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision bereits gestanden hatte.

Eine hälftige Haftung empfand er nicht als angemessen, weil die Beklagte beim Rückwärtsfahren ihren erhöhten Sorgfaltspflichten nicht genügt und nicht ständig nach rückwärts gesehen habe. Deshalb sei sie alleine für die Unfallfolgen verantwortlich.

Das Landgericht setzte die Haftungsquote für die Beklagte auf 75 Prozent herauf und sprach dem Kläger zusätzliche Zahlungen entsprechend dieser Quote zu.

Kein ausreichender Beweis

Ein Sachverständiger kam zwar zu dem Ergebnis, dass das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes gestanden hatte. Wie lange es aber stand, konnte nicht ermittelt werden. Der Unfall wäre für die Ehefrau des Klägers aber erst dann unvermeidbar gewesen, wenn das Auto mindestens zwei Sekunden vor dem Unfall gestanden hätte.

Außerdem hatte sie ihr Auto bereits zu drei Vierteln aus dem Parkplatz herausgefahren, so dass es mindestens drei Meter auf der Fahrbahn stand. Dadurch war eine erhebliche Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs gegeben.

Das Verschulden der Beklagten überwog aus Sicht des Gerichts nicht derart erheblich, dass die Betriebsgefahr des gegnerischen Fahrzeugs dahinter zurücktreten müsse.

Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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