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Arzt­haftung: Rechts­streit we­gen un­zu­rei­chen­der Auf­klä­rung

07.12.2016

Weil sie ihr Hausarzt nicht eindringlich genug auf die Folgen hingewiesen hatte, wurde eine Patientin einen Tag später als eigentlich erforderlich in ein Krankenhaus eingewiesen. Die Frau verklagte ihren Arzt anschließend auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Weist ein Arzt einen Patienten nicht mit hinreichender Dringlichkeit auf die Notwendigkeit einer Einweisung in eine Klinik hin, so ist er zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet, wenn der Patient einen Tag später, als eigentlich erforderlich, in das Krankenhaus eingeliefert wird. Das hat das Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 18. Februar 2015 entschieden (5 U 128/13).

Die seinerzeit noch nicht ganz 85-jährige Klägerin hatte ihren Hausarzt, einen niedergelassenen Internisten, um einen Hausbesuch gebeten. Sie klagte unter anderem über einen seit einer Woche anhaltenden Husten sowie über einen in der Nacht zuvor aufgetretenen wässrigen Durchfall mit schwarzem Stuhl.

Schmerzensgeldklage

Doch obwohl ihr der Arzt nach seinen Aufzeichnungen den Rat gegeben hatte, sich vorsorglich in ein Krankenhaus zu begeben, lehnte das die Klägerin ab. Der Arzt riet ihr daher dazu, einen Notarzt zu rufen, falls es erneut zu schwarzem Durchfall kommen sollte.

Nachdem sie einen Tag später in ihrer Wohnung zusammengebrochen war und dort einige Stunden später von einem Nachbarn aufgefunden wurde, wurde die Klägerin unverzüglich in einer Klinik eingewiesen.

Dort wurde im Rahmen einer durchgeführten Notfall-Gastroskopie unter anderem ein blutendes Darmgeschwür in abheilendem Stadium diagnostiziert. Die Blutung konnte bei der Gastroskopie gestillt werden. Neun Tage später wurde die Frau aus der Klinik entlassen.

Mit dem Argument, dass ihr bei rechtzeitiger Einweisung in das Krankenhaus einiges Leid erspart geblieben wäre, verklagte die Rentnerin ihren Hausarzt auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Denn angesichts der Symptomatik wäre eine unverzügliche Einweisung in die Klinik erforderlich gewesen. Darauf habe sie ihr Arzt nicht mit der gebotenen Eindringlichkeit hingewiesen.

Grober Behandlungsfehler?

Dem schloss sich das in erster Instanz mit dem Fall befasste Aachener Landgericht an. Es verurteilte den Arzt zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 2.000 Euro.

Das wollte die Klägerin jedoch nicht akzeptieren. Dem Arzt sei nämlich ein grober Behandlungsfehler unterlaufen. Denn bereits das einmalige Auftreten von schwarzem Stuhl sei ein gefährliches Warnzeichen, welches auf Blut im Darm hinweise.

Der Arzt hätte es daher nicht bei seinen Ratschlägen belassen dürfen, sondern auf eine unverzügliche Einweisung in ein Krankenhaus bestehen müssen. In ihrer beim Kölner Oberlandesgericht eingereichten Berufung forderte sie daher die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 15.000 Euro.

Fehlende Eindringlichkeit

Damit hatte die alte Dame jedoch keinen Erfolg. Die Richter hielten das von der Vorinstanz zugebilligte Schmerzensgeld für ausreichend und wiesen die Berufung als unbegründet zurück. Das Berufungsgericht schloss sich der Meinung der Vorinstanz an, dass dem Hausarzt der Klägerin kein grober, sondern lediglich ein einfacher Behandlungsfehler zur Last gelegt werden könne.

Selbst wenn es die Klägerin abgelehnt haben sollte, unverzüglich in eine Klinik eingewiesen zu werden, hätte der Arzt nach Meinung der Richter unmissverständlich auf die drohenden Folgen hinweisen müssen, etwa indem er seiner Patientin erklärte, dass sie ohne eine stationäre Behandlung und Überwachung Gefahr laufe, zu verbluten und zu sterben.

Ein derart deutlicher Hinweis gehe jedoch aus der Dokumentation des beklagten Arztes nicht hervor. Der Arzt habe in der mündlichen Verhandlung auch nicht behauptet, die Klägerin eindringlich über die drohenden Gefahren aufgeklärt zu haben. Ihr stehe daher grundsätzlich die Zahlung eines Schmerzensgeldes zu.

Da es sich um keinen groben Behandlungs- beziehungsweise Aufklärungsfehler gehandelt habe und die Klägerin auch nicht nachweisen konnte, deswegen einen Dauerschaden erlitten zu haben, hielten die Richter ihre Berufung für unbegründet. Denn angesichts der Gesamtumstände sei das von der ersten Instanz zugestandene Schmerzensgeld angemessen. Die Richter ließen kein Rechtsmittel gegen ihre Entscheidung zu.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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