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Der glat­te Geh­weg, der Aus­rut­scher und die Lohn­fort­zah­lung

28.03.2017

Eine Frau war für längere Zeit arbeitsunfähig, nachdem sie auf dem Weg zur Arbeit auf einem glatten Bürgersteig schwer gestürzt war. Als der zuständige Grundstücksbesitzer dem Arbeitgeber die Kosten der Lohnfortzahlung nicht wie gefordert erstatten wollte, landete der Fall vor Gericht.

Eine Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht wegen eines Verstoßes gegen winterliche Räum- und Streupflichten setzt entweder das Vorliegen einer allgemeinen Glätte oder von erkennbaren Anhaltspunkten für eine ernsthaft drohende Gefahr aufgrund vereinzelter Glättestellen voraus. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14. Februar 2017 entschieden (VI ZR 254/16).

Der Entscheidung lag die Klage eines Arbeitgebers zugrunde, der nach einem Sturz einer Mitarbeiterin auf einer eisglatten Passage eines Bürgersteigs für mehrere Wochen deren Lohn fortzahlen musste. Die Frau hatte sich bei dem Zwischenfall das linke Handgelenk gebrochen und konnte deswegen nicht arbeiten.

Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht?

Der klagende Arbeitgeber warf dem für den Gehwegabschnitt zuständigen Hausbesitzer eine Verletzung seiner Verkehrssicherungs-Pflicht vor. Denn nach der Ortssatzung sei er dazu verpflichtet, den Bürgersteig in der Zeit zwischen sieben und 20 Uhr in einer für den Fußgängerverkehr erforderlichen Breite von Schnee und Eis freizuhalten beziehungsweise zu streuen.

Da sich der Unfall um 7.20 Uhr ereignet habe, habe er gegen diese Pflicht verstoßen. Denn auf dem Bürgersteig habe sich eine etwa 1x1 Meter große Eisfläche befunden, welche seiner Mitarbeiterin zum Verhängnis geworden sei.

Anders, als der Hausbesitzer meine, komme es auch nicht auf eine allgemeine Glättebildung an, um die Räum- und Streupflicht zu begründen. Denn da sich der Unfall im Januar bei vorausgegangenen nächtlichen Minustemperaturen ereignet habe, habe eine Verpflichtung bestanden, den Gehweg auf glatte Stellen hin zu überprüfen und diese gegebenenfalls zu beseitigen.

Allgemeine Glätte als Maßstab

Doch dem wollte sich der Bundesgerichtshof nicht anschließen. Es gab der Revision des Hausbesitzers gegen ein Urteil der Vorinstanz statt, welche sich der Rechtsauffassung des klagenden Arbeitgebers angeschlossen hatte.

Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs das Vorliegen einer allgemeinen Glätte – und nicht nur das Vorhandensein einzelner glatter Stellen. Denn die winterliche Räum- und Streupflicht setze eine konkrete Gefahrenlage durch Glatteis beziehungsweise eines Schneebelags voraus.

Von einer derartigen Situation könne man in dem entschiedenen Fall nicht ausgehen. Denn bis auf die eine glatte Stelle sei der Bürgersteig vor dem Haus des Beklagten, ebenso wie die Straße, trocken und von Schnee und Eis befreit gewesen.

Es habe für den Beklagten folglich keine Veranlassung bestanden, den Bürgersteig eingehend zu überprüfen. Daher könne ihm keine Verletzung seiner Verkehrssicherungs-Pflicht vorgeworfen werden.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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