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Insurtechs: Zwei­fel an der Be­ra­tungs­qua­li­tät oder Vor­bild?

18.01.2017

Die Konkurrenz durch digitale Beraterangebote wird den Vertrieb auch 2017 beschäftigen. Auf einem Neujahrsempfang hat die Allianz über erste Erfolge der digitalen Aktivitäten ihrer Agenturen berichtet. Ein Gastbeitrag von Dr. Moritz Finkelnburg.

Anfang dieser Woche fand in der Hauptstadt der Neujahrsempfang des Berliner Assekuranzclubs statt. Der Festvortrag und die sich anschließende Debatte fokussierten auf die Digitalisierungs-Prozesse in der Versicherungsbranche. Dabei wurde deutlich, dass Insurtechs bereits die digitale Transformation auf Anbieterseite treiben. Im Vertrieb wird vor allem die Beratungsleistung der Start-ups kritisch betrachtet. Ein Gastbeitrag von Dr. Moritz Finkelnburg.

Der Titel klang bereits vielversprechend – die Vorträge und insbesondere die sich anschließende kontroverse Diskussion waren es auch.

Moritz Finkelnburg (Bild: privat)
Moritz Finkelnburg
(Bild: privat)

Erstmals traf sich das „Who is who“ der Berliner Versicherungsszene zum traditionellen Neujahrsempfang des Berliner Assekuranzclubs von 1877 e.V. (BAC) bei der Allianz Deutschland AG in Berlin.

„Digitalisierung als Megatrend“

Jörg Schieferdecker, Vorsitzender des BAC, der zum Bundesverband der Assekuranz-Führungskräfte e.V. (VGA) gehört, hatte nicht nur Martin Burg, Ressortbereichsleiter Betrieb Sach der Allianz Deutschland, als prominenten Gastredner gewinnen können.

Er hatte es auch geschafft, zahlreiche Teilnehmer in die Treptowers, den Berliner Sitz der Allianz, zu locken.

In seinen Begrüßungsworten sprach Schieferdecker von der „Digitalisierung als Megatrend“ und versprach damit sicherlich nicht zu viel, als er zugleich auf die Schwierigkeiten hinwies, die die konkrete Umsetzung für die gesamte Branche bedeuten würde.

Allianz-Agenturen mit positiven digitalen Aktivitäten

Dieses Stichwort griff Hausherr Martin Burg anschließend direkt auf. Er beleuchtete mit zahlreichen Beispielen den aktuellen Stand und zukünftige Überlegungen für die Digitalisierung im Hause Allianz.

Anschaulich begann er seine digitale Reise mit den Online-Dienstleistern Uber und Airbnb sowie dem Online-Marktplatz Alibaba, bevor er den Bogen zu den heutigen Insurtechs schlug. Von Vergleichsportalen wie Check24 reichte seine Analyse bis zu den aktuellen Zugpferden der jungen Versicherungs-Start-ups wie Financefox, Knip oder Clark.

Interessant waren dabei seine Darstellung der Geschäftsmodelle und die Schilderung der daraus abgeleiteten Konsequenzen für den digitalen Transformationsprozess der Allianz. Hier stellen nicht nur die Verschlankung der IT-Systeme und Prozesse große Herausforderungen dar, sondern insbesondere die Veränderung der Unternehmenskultur. Der Wechsel vom Zwei-Personen-Büro hin zum Großraumarbeitsplatz oder das Kundengespräch per Chat oder Video waren Beispiele hierfür.

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Agenturvertrieb, traditionell eine Säule des Allianz-Geschäftes, beurteilte er als sehr vielversprechend. Zahlreiche digitale Aktivitäten bei den Agenturen hätten zu deutlich erhöhten Kundenkontakten und Abschlüssen geführt und würden zukünftig noch intensiver weiterverfolgt.

Debatte um Beratungsqualität

Lebhaft wurde es im Anschluss an den Vortrag. Zahlreiche Fragen, Anmerkungen und Diskussionen zeigten, dass das Thema alle Beteiligten beschäftigte. Was bringt die Digitalisierung? Wie sind die in den letzten beiden Jahren entstandenen Insurtechs zu sehen? Werden sie sich kannibalisieren? Taugen sie tatsächlich als Prototyp zur Weiterentwicklung der Old Economy?

Die Meinungen gingen hier auseinander. Vor allem die Frage, ob die Start-ups ausreichende Beratungsqualität aufweisen oder – so der Tenor der Makler – in dieser Hinsicht eher skeptisch zu sehen sind, bestimmte die Diskussion. Auch im Hinblick auf Produkt- und Underwriting-Qualität wurden Zweifel am Geschäftsmodell der Insurtechs laut.

Nur ein Insurtech-Vertreter dabei

Schade war hier, dass mit Hartmut Teicke, dem Spiritus Rector und Geschäftsführer der Financefox Deutschland GmbH, nur ein Vertreter der jungen Insurtech-Szene vertreten war, um deren Ansätze und Perspektiven zu erläutern. Eine Vertiefung wäre hier sicherlich interessant gewesen.

Dank des von den Gastgebern geschaffenen Rahmens konnten die Debatten jedoch in allen Facetten bis in den späten Abend hinein fortgesetzt werden. Die Teilnehmer verließen den Neujahrsempfang mit der Gewissheit, ein aufregendes und spannendes Jahr 2017 vor sich zu haben.

Dr. Moritz Finkelnburg

Der Autor ist Akademischer Direktor für den Bereich Versicherungen an der Goethe Business School. Die Spezialgebiete des Rechtswissenschaftlers sind Vertrieb, Kompositversicherung und Portfoliomanagement. Vor seiner Laufbahn im Wissenschaftsbetrieb hat Finkelnburg mehrere Jahre in Management- und Vorstandspositionen in der Versicherungswirtschaft gearbeitet.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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