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Streit mit dem Auto­versicherer um Gutachter­kosten

17.08.2017

Unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter einen Gutachter beauftragen darf, ohne auf den Kosten sitzen zu bleiben, zeigt ein kürzlich bekannt gewordenes Urteil des Amtsgerichts Nürnberg.

Ist offenkundig, dass das Fahrzeug eines Geschädigten nicht nur einen leichten Kratzer abbekommen hat, der mit geringem Aufwand behoben werden kann, so darf er auf Kosten des Schädigers beziehungsweise dessen Versicherer einen Sachverständigen mit der Besichtigung seines Autos beauftragen. Das hat das Amtsgericht Nürnberg mit einem kürzlich bekannt gewordenen Urteil vom 1. September 2016 entschieden (15 C 5843/16).

Der Kläger war mit seinem Personenkraftwagen in einen Unfall verwickelt worden. Es bestand Einigkeit darüber, dass der Unfallgegner allein für das Schadenereignis verantwortlich war.

Verstoß gegen Schadenminderungs-Pflicht?

Dessen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer erklärte sich daher dazu bereit, die unfallbedingten Aufwendungen des Klägers in vollem Umfang zu übernehmen. Das galt jedoch nicht für die Kosten, welche dem Kläger von einem von ihm beauftragten Kraftfahrzeug-Sachverständigen in Rechnung gestellt worden waren.

Denn der Versicherer hielt dessen Beauftragung angesichts des Schadenumfangs für überflüssig. Der Kläger habe folglich gegen seine Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB verstoßen.

Doch dem wollte sich das Nürnberger Amtsgericht nicht anschließen. Es gab der Klage des Geschädigten auf Erstattung der Sachverständigenkosten statt.

Keine ausschließliche Frage der Schadenhöhe

Grundsätzlich gehören Kosten, welche im Rahmen der Ermittlung der Schadenhöhe entstehen, zum Teil eines durch den Schädiger beziehungsweise dessen Versicherer zu ersetzenden Schadens, so das Gericht.

Voraussetzung sei allerdings, dass es sich nicht um einen Bagatellschaden handele, der auch von einem Laien leicht als solcher zu erkennen sei. Als Beispiel nannte das Gericht einen leichten Kratzer, der aus Sicht eines Geschädigten mit geringen Kosten zu beseitigen wäre.

In dem entschiedenen Fall waren der Austausch des Stoßfängers und der Radlaufabdeckung, verbunden mit umfangreichen Lackierarbeiten, erforderlich. Dadurch waren Reparaturkosten von mehr als 1.000 Euro entstanden. Es könne daher nicht von einem Bagatellschaden ausgegangen werden, der die Beauftragung eines Sachverständigen verboten hätte.

Im Übrigen könne ein Anspruch auf Erstattung von Sachverständigenkosten nicht allein von der Schadenhöhe abhängig gemacht werden. Denn ein durchschnittlicher Geschädigter habe keine Kenntnis über die Kosten einer Fahrzeugreparatur. Daher komme es darauf an, ob ein Geschädigter zum Zeitpunkt der Beauftragung eines Gutachters eine sachverständige Beratung für erforderlich halten durfte.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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