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Stress mit der Be­rufs­ge­nos­sen­schaft wegen Ver­letz­ten­ren­te

23.09.2016

Immer wieder gibt es Streit, ob nach einem Arbeitsunfall der Grad der Erwerbsminderung ausreicht, damit eine Verletztenrente bewilligt wird. So auch in einem kürzlich vom Landessozialgericht Baden-Württemberg entschiedenen Fall.

Auch wenn unstrittig ein Arbeitsunfall vorliegt, steht einem Versicherten erst dann eine Verletztenrente zu, wenn die Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 Prozent gemindert ist. Dabei muss die Bewegungseinschränkung erheblich sein. Dies ist der Tenor eines noch nicht rechtskräftigen Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Mai 2016 (L 8 U 5044/13).

Der 1966 geborene Kläger arbeitete für einen Kartonhersteller. Als er im Mai 2007 versuchte, eine 90 Kilogramm schwere Palette, die auf dem automatischen Rollenband hängengeblieben war, leicht anzuheben, zog er sich einen Riss der rechten Bizeps-Sehne zu. Danach war er zwei Monate arbeitsunfähig.

Job verloren

Danach arbeitete er noch weitere sechs Jahre an seinem alten Arbeitsplatz, bis er eine krankheitsbedingte Kündigung bekam und einen Vergleich annahm. Auch das Integrationsamt stimmte der Kündigung zu, weil es die Gesundheits-Beeinträchtigungen des Klägers als sehr schwer einstufte und kein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden sei.

2011 beantragte er die Anerkennung als Arbeitsunfall, die zunächst vom gesetzlichen Unfallversicherungs-Träger abgelehnt, später dann aber anerkannt wurde. Eine Verletztenrente wollte der Träger allerdings nicht zahlen, weil laut einem eingeholten orthopädisch-unfallchirurgischen Gutachten die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nicht gegeben seien.

Schmerzen nicht beweisbar

Nach einem erfolglosen Widerspruch erhob der Versicherte 2012 Klage vor dem Sozialgericht Mannheim. Wegen seiner sehr starken Schmerzen wollte er eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 Prozent und damit den Anspruch auf eine Verletztenrente anerkannt haben.

Das Sozialgericht wies die Klage zurück. Es sah noch nicht einmal eine Minderung um zehn Prozent gegeben. Dafür seien die Bewegungseinschränkungen des rechten Ellenbogengelenks zu geringfügig.

Dagegen legte der Kläger Berufung ein. Er verwies auf die Kündigung des Arbeitsplatzes sowie die Stellungnahme des Integrationsamts und legte Gutachten von drei Radiologen vor.

Abwägung der Gutachten

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg kam nach Abwägung aller Gutachten, auch der Gegenseite, zu dem Ergebnis, dass das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hatte.

Anspruch auf eine Verletztenrente bestehe nur dann, wenn die Erwerbstätigkeit infolge des Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um mindestens 20 Prozent gemindert ist, wobei mehrere Versicherungsfälle zusammengezählt werden können. Dabei seien die Folgen nur dann zu berücksichtigen, wenn sie pro Fall mindestens zu einer zehnprozentigen Einschränkung führen.

Dazu lagen dem Gericht mehrere ärztliche Gutachten vor, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen, wobei sich die Mediziner teilweise gegenseitig die Kompetenz absprachen. Nach Abwägung aller Gutachten kam das Gericht zu dem Schluss, dass es einem gerichtsbekannten Gutachter folgen wollte.

Differenzierung zwischen beugen und strecken

Danach gibt Unterschied es zwischen Streck- und Beugedefiziten, wobei erstere weniger gravierend seien. Bei einer Bewegungseinschränkung für Streckung/Beugung von 0/30/90 Grad wäre eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 Prozent anzunehmen, bei einer Einschränkung von 0/30/120 Grad nur von zehn Prozent.

Laut Gutachten betrug beim Kläger die Beweglichkeit des rechten Ellenbogens 0/10/130 Grad, so dass das Gericht gar keine Minderung der Erwerbsfähigkeit gegeben sah. Auch die angegebenen Schmerzen hielt es in diesem Zusammenhang nicht für erheblich.

Die Angabe des Klägers, die Unfallfolgen hätten zu Depressionen und einem Herzinfarkt geführt, waren nach Auffassung des Gerichts nicht bewiesen. Deshalb wurde die Berufung zurückgewiesen und eine Revision nicht zugelassen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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