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Streit um Ab­schlepp­kos­ten

25.04.2017

Das Amtsgericht Ingolstadt hatte zu klären, ob ein Geschädigter auch dann einen Anspruch auf die Erstattung von Abschleppkosten hat, wenn er sein Fahrzeug in seine etliche Kilometer vom Unfallort entfernt liegende Heimatwerkstatt bringen lässt.

Der Versicherer eines Unfallverursachers hat in der Regel auch dann in vollem Umfang die Abschleppkosten zu übernehmen, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug in seine 100 Kilometer vom Unfallort entfernt liegende Heimatwerkstatt abschleppen lässt. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Ingolstadt vom 18. Februar 2016 hervor (10 C 2291/15).

Der Kläger war mit seinem Personenkraftwagen Ende Juni 2015 unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt worden. Der Unfall ereignete sich an seinem Arbeitsort, der rund 100 Kilometer von seinem Wohnort entfernt liegt. Da sein Fahrzeug nicht mehr fahrbereit war, ließ er es in die Fachwerkstatt seines Vertrauens in seinem Wohnort abschleppen.

Verstoß gegen Schadenminderungs-Pflicht?

Die dadurch entstandenen Abschleppkosten in Höhe von knapp 550 Euro machte er zusammen mit dem übrigen Schaden gegenüber dem Versicherer des Unfallverursachers geltend.

Der warf dem Kläger vor, gegen seine Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB verstoßen zu haben, als er das Fahrzeug zu seinem Wohnort abschleppen ließ. Denn es hätte ebenso gut in eine Fachwerkstatt am Unfallort gebracht werden können.

Die Verpflichtung, eine näher gelegene Werkstatt auswählen zu müssen, habe sich im Übrigen auch daraus ergeben, dass das Fahrzeug einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hatte.

Doch das vermochte das von dem Kläger angerufene Amtsgericht Ingolstadt nicht zu überzeugen. Es gab seiner Klage auf Erstattung der gesamten Abschleppkosten statt.

Nachvollziehbar und plausibel

Nach Ansicht des Gerichts erscheint es nachvollziehbar und plausibel, dass der Kläger unmittelbar nach dem Unfall nicht abschätzen konnte, ob eine Reparatur seines Fahrzeugs noch wirtschaftlich sinnvoll war.

Ebenso einsichtig sei es, dass der Kläger die für ihn als Laien auf den ersten Blick möglichen Reparaturarbeiten in der Werkstatt seines Vertrauens an seinem Heimatort und nicht in einer 100 Kilometer entfernt liegenden Werkstatt an seinem Arbeitsort durchführen lassen wollte.

Beim Verbringen seines Fahrzeugs in die an seinem Wohnort gelegene Werkstatt habe er außerdem die Möglichkeit gehabt, vom Unfallort mit dem Abschleppwagen nach Hause mitgenommen zu werden, ohne dass Fahrtkosten anfielen.

Das Gericht hielt es für nachvollziehbar und für rechtlich nicht zu beanstanden, dass den Kläger auch das bei der Auswahl der Werkstatt beeinflusst hat. Der gegnerische Versicherer muss ihm daher die von ihm geltend gemachten Abschleppkosten erstatten.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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