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Haf­tungs­streit nach ku­rio­sem Auf­fahr­un­fall auf der Au­to­bahn

26.09.2016

Ein Lkw-Fahrer war auf der Autobahn auf ein extrem langsam fahrendes Fahrzeug aufgefahren. Die Schuldfrage konnte erst vor Gericht geklärt werden.

Wenn ein Autofahrer sich mit 38 km/h auf der Autobahn bewegt, ohne die Gründe dafür schlüssig beweisen zu können, trägt er eine Mitschuld daran, wenn es zu einem Auffahrunfall kommt. Trotzdem entbindet das den Fahrer eines auffahrenden Fahrzeugs nicht davon, so aufmerksam auf den Verkehr zu achten, dass er jederzeit bremsen kann. Das ist der Tenor eines Urteils des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 14. Juli 2016 (12 U 121/215).

Bei einem Auffahrunfall auf der Autobahn war ein Lkw-Unimog mit angebautem Mähwerk auf einen Personenkraftwagen aufgefahren, wobei dessen Fahrer erheblich verletzt wurde. Der Autofahrer klagte daraufhin vor dem Landgericht Potsdam auf Schadenersatz, Schmerzensgeld und Ersatz seiner Auslagen.

Ursache nicht erkennbar

In dem Verfahren konnte nicht geklärt werden, warum der Pkw nur 38 km/h fuhr und damit die inoffizielle Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn von 60 km/h erheblich unterschritt.

Während der Autofahrer behauptete, er habe für einen vorausfahrenden Transporter sanft abgebremst und sei zuvor 120 km/h gefahren, bestritt der Fahrer des Unimogs dies und behauptete, es habe gar keinen Transporter gegeben. Das Auto habe den Unimog vielmehr noch kurz vor dem Unfall überholt, ohne triftigen Grund abgebremst und sei dann vor ihm eingeschert.

Klage auf Schadenersatz

Das Landgericht gab dem Pkw-Fahrer weitgehend Recht. Nach der Beweisaufnahme stehe nicht fest, dass der Kläger tatsächlich überholt habe und kurz vor dem Unfall auf die rechte Spur eingeschert sei. Andererseits habe dieser aber auch nicht zweifelsfrei belegt, warum er so langsam gefahren war.

Die Richter vertraten die Ansicht, dass der Unfall weitgehend von der Beklagten zu verantworten sei, weshalb sie zu zwei Dritteln haften müsse. Die Haftungsquote des Klägers bemaß das Gericht auf ein Drittel, weil dieser gegen § 3 Absatz 2 StVO verstoßen habe. Zudem wurde die Beklagte dazu verurteilt, dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro zu zahlen.

Beide Seiten unzufrieden

Beide Parteien legten gegen diese Entscheidung Berufung ein. Der Kläger wandte sich dabei gegen die Annahme einer Mithaftung. Die Beklagte fand, dass das Landgericht nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, um aufzuklären, warum der Kläger so langsam fuhr.

Das Sächsische Oberlandesgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Berufung des Klägers größtenteils erfolglos sei, das Schmerzensgeld wurde auf 4.000 Euro herabgesetzt. Es stellte fest, dass der Unfall für keinen der Beteiligten ein unabwendbares Ereignis gewesen sei.

Keine endgültige Klärung

Der beklagte Unimog-Fahrer habe selbst angegeben, nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit reagiert zu haben. Er habe nicht rechtzeitig gemerkt, dass das kleine Auto vor ihm extrem langsam fuhr. Warum das so war, konnte auch das Oberlandesgericht nicht aufklären.

Insgesamt kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass nach Abwägung der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge eine hälftige Schadenteilung angemessen sei. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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