Open Nav Beratung anfordern

Tele­matik-Ta­ri­fe set­zen sich bes­ser durch als er­war­tet

21.06.2017

Die rund 100.000 verkauften Telematik-Tarife teilen sich vor allem die Großen des Marktes: Allianz, Huk-Coburg und Generali. Auf einer Fachkonferenz ging es um Erkenntnisse und Strategien, die aber nicht für jeden etwas sind.

Nach jahrzehntelanger Diskussion setzen sich die vor allem 2016 gestarteten Telematik-Tarife im Markt besser durch als erwartet. Allianz und Huk-Coburg wollen die bisher auf junge Fahrer beschränkten Angebote weiterentwickeln. Aber es gibt auch nach wie vor Skepsis, wie sich auf einer Fachveranstaltung in Köln zeigte.

Von den über 63 Millionen Kraftfahrt-Haftpflichtpolicen in Deutschland sind inzwischen 100.000 Telematik-Tarife. Das Volumen ist zwar noch überschaubar, die Resonanz und Möglichkeiten werden aber so positiv eingeschätzt, dass es bald auch Telematik-Tarife für alle Autofahrer – also nicht nur für die teuren Hochrisiko-Gruppen „junge und alte“ Fahrer – geben könnte.

„Wir werden es nicht bei jungen Leuten belassen, sondern gehen es weiter an“, sagte Frank Sommerfeld, Vorstand der Allianz Versicherungs-AG auf der „2. SZ-Fachkonferenz: Data Analytics und Big Data in der Assekuranz“ in Köln.

Frank Sommerfeld (Bild: Lier)
Frank Sommerfeld (Bild: Lier)

Für den 19. September, an dem der „5. Autotag“ der Allianz stattfindet, kündigte Sommerfeld Details an. Von ihrem Tarif „Bonus drive“ hat die Allianz inzwischen rund 30.000 Verträge verkauft.

Jeder zehnte junge Fahrer setzt auf Telematik

Die Huk-Coburg-Versicherungen, die ihren Telematik-Tarif erst seit Januar bundesweit anbieten, kommen auf 25.000 Verträge. Jeder zehnte junge Fahrer habe sich für einen Telematik-Tarif entscheiden, berichtete Dr. Jörg Rheinländer, der bei der Huk-Coburg das Kraftfahrt-Geschäft leitet. „Diese Zahlen zeigen, dass Telematik marktfähig ist.“ Die Erwartungen der Huk-Coburg seien „getoppt“ worden.

Jörg Rheinländer (Bild: Lier)
Jörg Rheinländer (Bild: Lier)

Da die Produktionskosten für eine „Telematic Device“ niedrig seien, lasse sich das Angebot auch bei geringeren Durchschnittsprämien, wie sie jenseits der Hochrisikogruppen gezahlt werden, durchsetzen. Wenngleich auch nicht mehr mit Boni von 40 Prozent, so Sommerfeld.

Nach den bisherigen Erfahrungen der Allianz zeigt sich, dass Telematik das Fahrverhalten positiv verändere. „Wir vermindern das Risiko und teilen dies mit dem Kunden. Das ist eine Win-win-Situation für den Versicherer und für den Kunden. Wir glauben, dass Telematik weitergeht.“

Ob sich Telematik-Tarife „aktuariell rechnen“, beantwortete Sommerfeld nicht. Er zeigte aber, dass sich die Score-Werte für das Fahrverhalten nach einer Weile zumindest für junge Fahrer deutlich besserten.

Zusätzliche Services

Rheinländer sagte zu diesem Thema: „Man darf nicht nur aktuariell denken, sondern muss gucken, welche Ökosysteme durch diese Techniken entstehen.“ Über diese Art von Tarifen könne man die Kontaktfrequenz mit dem Kunden erhöhen und weitere Services installieren. „Das ist ein Wettbewerbsthema“, so der Huk-Coburg-Manager.

Im Markt seien bereits einige Techniken vorhanden, so dass nicht jeder Versicherer „F&E“ vollständig entwickeln müsse, so Rheinländer. Auf der Konferenz stellte beispielsweise Eric Schuh, Head Casualty Centre der Swiss Re-Gruppe, eine Lösung für Erstversicherer vor.

Die Kfz-Versicherer sollten nicht erst warten, bis geklärt sei, wem die Daten im Auto gehörten und wer welche Kosten tragen müsse. „Dann werden wir unsere Tarifierungshoheit verloren haben“, so Rheinländer.

Vertrieb einbinden

Die deutsche Generali-Gruppe hat inzwischen etwa 16.000 Telematik-Verträge verkauft. Giovanni Liverani, Chef der Generali Deutschland AG, sagte, dass die gesamte Gruppe eine Million Telematik-Tarife im Bestand habe; vor allem in Italien, aber auch in Österreich.

Giovanni Liverani (Bild: Lier)
Giovanni Liverani (Bild: Lier)

„Als Gruppe haben wir mit Telematik große Erfahrung. Und die Position streben wir jetzt auch in Deutschland an“, so Liverani. Wichtig sei, dass der Datenschutz funktioniere. Der Kunde müsse voll umfänglich informiert sein, was erfasst und wo gespeichert werde und welche Vorteile ihm aus dem Daten-Sharing erwüchsen. „Mit Geld gehen wir ja auch souverän um, warum nicht auch mit Daten“, so Liverani.

Seiner Beobachtung zufolge ist das Presse-Echo für Telematik inzwischen besser. Dass digitale Produkte sich besser absetzen lassen als erwartet, schreibt er für sein Haus dem Vertrieb zu, den man schon bei der Einführung der „smarten Tarife“ entsprechend eingebunden habe.

...oder bleibt eine Nische

Die ersten Ergebniszahlen der Telematik-Anbieter ändern nichts an der kritischen Einstellung von Marco Morawetz, Head of Consulting der Rückversicherungsgruppe Gen Re. „Fakt ist, dass uns heute Nischenprodukte präsentiert wurden“, sagte er.

Marco Morawetz (Bild: Lier)
Marco Morawetz (Bild: Lier)

Die bisherigen Tarife funktionierten nur aufgrund der hohen Ersparnis einer hohen Durchschnittsprämie und „weil meist die Eltern entscheiden“. Unverändert erwartet er, dass Telematik sich allenfalls in der Hälfte des Segments „erhöhte Risiken“ durchsetzen wird.

Das wäre ein Marktanteil von etwa drei Prozent. „Bis jetzt kommen die Telematik-Tarife auf einen Marktanteil von 0,2 Prozent – selbst wenn sich die Zahlen jährlich verdoppelten, ist es noch ein langer Weg bis drei Prozent“, so Morawetz. Kleinen und mittelständischen Kfz-Versicherern rät er, auf dieses kleine Segment zu verzichten.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

zurück