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BVA stöhnt über Ne­ga­tiv­zin­sen

26.10.2016

Gestern startete der Handelsblatt Gesundheitsgipfel in Berlin. Ein Thema war die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die sich auch auf die Geldanlage des Bundesversicherungsamts (BVA) auswirkt.

Der Gesundheitsfonds verfügt über eine Reserve von etwa über zehn Milliarden Euro. Die herrschenden Negativzinsen machen hier immer stärker zu schaffen, denn für den Fonds gelten hoch konservative Anlagevorschriften. Der Präsident des Bundesversicherungsamts Frank Plate wollte sich auf dem Handelsblatt-Gesundheitsgipfel nicht zur Höhe der erwarteten Belastungen äußern. Am ersten Tag der dreitägigen Veranstaltung wurde viel über den Morbi-RSA gesprochen, der für einen gerechten Finanzausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung sorgen soll.

Frank Plate (Bild: Brüss)
Frank Plate (Bild: Brüss)

Auf der gestern in Berlin startenden Handelsblatt Jahrestagung Health 2016 stehen Perspektiven für das Gesundheitswesen auf dem Programm. Zunächst kamen die Teilnehmer jedoch auf die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zu sprechen. Diese wirkt sich auch auf die Geldanlage des Bundesversicherungsamts (BVA) aus. Dessen Präsident Frank Plate wollte sich allerdings nicht zur Höhe der für 2016 insgesamt erwarteten Belastungen äußern.

Anlagemöglichkeiten sind begrenzt

Insgesamt verwaltet das BVA nach Aussage ihres Präsidenten rund 45 Milliarden Euro. Davon seien rund 40 Milliarden Euro kurzfristig (bis zu einem Jahr) angelegt, erläuterte Plate am ersten Tag der vom Euroforum organisierten Veranstaltung. Dabei seien die Anlagemöglichkeiten zum einen räumlich (Europäischer Wirtschaftsraum – EWR und die Schweiz) eingeschränkt und zum anderen stünden die Anlagemöglichkeiten unter der Vorgabe: Sicherheit und Liquidität vor Ertrag.

Die Rücklagen von rund zehn Milliarden Euro im Gesundheitsfonds seien zwar beeindruckend. Aber aufgrund der tatsächlichen Mittel-Zuflüsse und -Abflüsse seien zum großen Teil nur kurzfristige Anlagen möglich, die nun in der Niedrigzinsphase auch noch Geld kosten würden.

Keine Verlustprognose

Dieser Negativtrend habe sich bereits im vergangenen Jahr bemerkbar gemacht und nehme im laufenden Jahr noch zu, sagte Plate. „Wir beobachten die Finanzentwicklung monatlich“, sagte Plate, der eine Verlustprognose für das ganze Jahr nicht abgeben wollte.

Annette Widmann-Mauz (Bild: Brüss)
Annette Widmann-Mauz (Bild: Brüss)

Über Änderungen der Anlagemöglichkeiten sei man zwar mit dem zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gespräch. Dort gebe man sich aber sehr zögerlich, sagte Plate, der sich zumindest eine räumliche Ausdehnung auf die OECD-Staaten wünscht. Diese Probleme haben die privaten Krankenversicherer (PKV) zwar nicht, allerdings legen auch sie ihre Gelder sehr konservativ an. Gemäß Solvency II müssen sie höhere Risiken mit höherem Solvenzkapital unterlegen.

Morbi-RSA funktioniere weitgehend zielgenau

Mit Hilfe des morbiditätsorientierten Risikostruktur-Ausgleichs (Morbi-RSA) soll in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein Interessenausgleich zwischen den Krankenkassen vollzogen werden, damit Kassen mit einem besonders hohen Anteil an Versicherten mit hohen Krankheitskosten nicht überfordert werden. In dem Morbi-RSA werden derzeit bis zu 80 Krankheiten erfasst.

Für die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Annette Widmann-Mauz (CDU), hat sich der 2009 eingeführte Morbi-RSA zu ihrer eigenen Überraschung bewährt. Es gehe schließlich um eine faire und gerechte Verteilung der Mittel aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen.

„Er funktioniert doch einigermaßen gut und zeigt eine überdurchschnittliche Zielgenauigkeit“, sagte Widmann-Mauz Allerdings müsse man auch ein funktionierendes System immer wieder überprüfen.

BVA-Präsident: Morbi-RSA ist ein lernendes System

Jürgen Wasem (Bild: Brüss)
Jürgen Wasem (Bild: Brüss)

Für BVA-Präsident Plate kommt es auch im komplexen System des Morbi-RSA zu Missbrauchsfällen. Allerdings bezweifelte er das in den Medien genannte Schadenvolumen von bis zu einer Milliarde Euro. „Der Morbi-RSA ist nicht perfekt, aber es ist ein lernendes System“, sagte Plate. Dieses bilde die Grundlage für einen fairen und solidarischen Wettbewerb zwischen den GKV-Kassen. Plate sprach sich für eine Evaluation aus, um den Morbi-RSA zielführend weiterzuentwickeln.

Für den Gesundheitsexperten Professor Dr. Jürgen Wasem vom Lehrstuhl für Medizinmanagement an der Universität Duisburg Essen, der durch den Konferenztag führte, liegen eine ganze Reihe von Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Morbi-RSA auf dem Tisch.

Wasem nannte hier acht Problemfelder – von regionalen Faktoren, die Auffälligkeiten zeigten, über die Behandlung von Erwerbsminderungs-Gruppen bis hin zu der Frage, wie viele Krankheiten denn erfasst werden sollen. Für Wasem ist wichtig, dass ein ganzheitlicher Reformansatz gewählt wird. Ein entsprechender Auftrag zur Evaluation sollte besser heute als morgen von der Bundesregierung erfolgen, sagte er.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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