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Ersatzkassen warnen Politik vor Eingriffen zu Gunsten der PKV

15.08.2017

Die Ersatzkassen, mit fast 28 Millionen Versicherten die größte Kassenart, haben ihre Erwartungen an die neue Bundesregierung formuliert. Dabei geht es auch um die Bürgerversicherung sowie die Konkurrenz aus der privaten Krankenversicherung (PKV).

Die sechs Ersatzkassen im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) haben ihre Erwartungen an die neue Bundesregierung formuliert. Den Wunsch nach einem Einstieg in die Bürger-Krankenversicherung und Austrocknung der privaten Krankenversicherung (PKV), den SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke propagieren, sucht man in dem Positionspapier vergebens. Allerdings warnen die Ersatzkassen – mit knapp 28 Millionen Versicherten die dominierende Kassenart im deutschen Gesundheitssystem – die Politik davor, einseitige Eingriffe zu Gunsten der PKV und zu Lasten der GKV vorzunehmen.

Der Verband der Ersatzkassen e.V. (VDEK) bescheinigt in seinen jetzt vorgestellten „Gesundheitspolitischen Positionen“, dass Deutschland eines der „leistungsfähigsten Gesundheitssysteme der Welt“ habe.

Und besonders die GKV befindet sich nach Einschätzung des VDEK weiter in der Erfolgspur. Zwischen 2010 und 2016 sei die Zahl der beitragszahlenden Mitglieder von 51,4 Millionen auf 55,2 Millionen und die Zahl der Versicherten von 69,8 Millionen auf 71,4 Millionen angestiegen.

Die größte Kassenart sind in beiderlei Betrachtungsweise die Ersatzkassen mit einem Anteil von jeweils knapp 40 Prozent an den 55,93 Mitgliedern beziehungsweise 72,25 Millionen Versicherten (Stand Ende Juli 2017), wie der aktuellen GKV-Statistik KM1 des Bundesgesundheits-Ministeriums (BMG) zu entnehmen ist. Dahinter folgen die Allgemeinen Ortskrankenkassen mit etwa eine Drittel Anteil.

Bild: Wichert

VDEK: GKV auf der Überholspur

Und im Systemwettbewerb mit der privaten Krankenversicherung (PKV) sieht der VDEK die GKV ebenfalls auf der Überholspur. 2015 seien etwa 20.000 Versicherte mehr aus der PKV in die GKV gewechselt als umgekehrt. „Dieser positive Trend wird voraussichtlich anhalten.“ Allerdings war der Saldo im vergangenen Jahr mit rund 1.100 Personen nur noch minimal positiv zu Gunsten der GKV.

Aus Sicht der Ersatzkassen darf die „Stabilität, Verlässlichkeit und Attraktivität“ der GKV nicht durch systemfremde Eingriffe gefährden. Die Politik dürfe auch keine einseitigen Eingriffe zugunsten der PKV und zulasten der GKV vornehmen, heißt es in dem Positionspapier weiter.

VDEK: Der Gesundheitsfonds ist keine Sparkasse

Sorgen bereitet den Ersatzkassen die weitere Kostenentwicklung im Gesundheitssystem. Der vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) für 2016 und 2017 festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitrag von 1,1 Prozentpunkte werde nicht von Dauer sein. Die Gesamtausgaben der GKV würden die Gesamteinnahmen des Gesundheitsfonds zunehmend übersteigen.

Von 2018 bis 2020 rechnet der VDEK mit jährlich steigenden Zusatzbeiträgen von mindestens 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte auf dann 1,8 Prozent im Jahr 2020, was den Gesamtbeitrag im Durchschnitt auf 16,4 Prozent anheben würde. Um die Belastungen für die Mitglieder zu reduzieren, sprechen sich die Ersatzkassen für einen Abbau der Rücklagen des Gesundheitsfonds aus. „Der Gesundheitsfonds darf keine Sparkasse sein.“

Zudem fordern die Ersatzkassen, dass die paritätische Finanzierung der Krankenkassenbeiträge durch Versicherte und Arbeitgeber „weitgehend“ wiederhergestellt wird. Zudem müsse die Politik dafür Sorge tragen, dass die Beiträge für Hartz-IV-Bezieher angehoben werden.

Derzeit müssten die GKV-Beitragszahler ein jährliches Defizit von mehreren Milliarden Euro schultern. Schließlich wird bei der Beitragsbemessung von Solo-Selbstständigen „dringender Handlungsbedarf“ gesehen, um diese Gruppe nicht weiter in die Schuldenfalle tappen zu lassen.

Wettbewerbsverzerrungen durch Morbi-RSA beseitigen

Dringenden Reformbedarf sehen die Ersatzkassen beim sogenannten morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA). Die großen kassenindividuellen Unterschiede bei den Zusatzbeiträgen ließen sich eben nicht durch besonders wirtschaftliches oder unwirtschaftliches Handeln erklären, sondern auf ungerechtfertigte Über- und Unterdeckungen beim Morbi-RSA.

Im Jahr 2015 hätten die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) eine Überdeckung von einer Milliarden Euro erzielt. Dagegen hätten die Ersatzkassen eine Unterdeckung von 650 Millionen Euro verkraften müssen. „Der heutige Morbi-RSA erfüllt nicht sein Ziel, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen“, stellt der VDEK fest. Hier bestehe erheblicher Handlungsbedarf seitens der neuen Bundesregierung.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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